TMI als Problem: Zur Entscheidung EuGH, C‑673/17
Durch die Gesetzgebung der letzten Jahrzehnte zieht sich der Gedanke, der Verbraucher, wahlweise als Kunde oder ganz schlicht als Mensch, würde durch möglichst viel Information in die Lage gesetzt, optimal informiert maximal selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen. Ein schönes Beispiel für diese Idee ist § 42 EnWG, der die Stromkennzeichnungspflicht anordnet. Auf dass jedermann auf Grundlage einer mehrseitigen Information eine bewusste, von ökonomischen oder ökologischen Idealen getragene Entscheidung trifft, ob er bei seinem Stromversorger richtig ist, und wo er künftig versorgt werden möchte.
Besonders üppige Blüten trägt diese Idee vom informierten Verbraucher im Internet. Hierzu hat der EuGH heute eine Entscheidung getroffen, die auf einer deutschen Vorlage beruht: Das Unternehmen Planet49 GmbH hatte eine Homepage bereitgestellt, mit der es Cookies setzte. Für solche Cookies – also kleine, im Browser des Nutzers hinterlegte Textdateien mit Informationen, die es einem Server ermöglichen, jemanden wieder zu erkennen und Einstellungen zu speichern, braucht man bekanntlich Einwilligungen. Eine solche Einwilligung holte das Unternehmen ein mittels eines Ankreuzkästchens mit einem voreingestellten Häkchen.
Dies missfiel dem Bundesverband der Verbraucherverbände. Mit Entscheidung von heute schloss sich der EuGH dem an. Interessant: Für den EuGH macht es keinen Unterschied, ob es um personenbezogene Daten geht oder nicht, weil er von einem sehr umfassenden Schutz der Privatsphäre ausgeht. Voreingestellte Häkchen sind also unwirksam, wer Cookies verwendet, muss diese für den konkreten Fall so einholen, dass der Verbraucher genau informiert wird, wie es mit der Funktionsdauer und Zugriffsmöglichkeiten Dritter aussieht.
Es gibt also noch mehr Informationen. Und noch mehr zu klicken. Rein theoretisch wird der Verbraucher also noch besser geschützt. Tatsächlich dürfte es auch hier aussehen wie bei der Stromkennzeichnung: Too much Information, neudeutsch TMI, schlägt ab einem gewissen Punkt in wenig bis gar keine Information um. Denn dann verschwindet das Relevante in einem Meer an vermeintlichen Aufklärungen.