Die Richter und der böse Wolf (Rs. C‑674/17)
Der nach Deutschland zurückgekehrte Wolf erhitzt die Gemüter. Immer wieder wird vorgeschlagen, dass es ganze wolfsfreie Zonen geben soll, rudel- und nicht einzeltierbezogen geschossen werden darf, und für seinen Abschuss (anders als für andere geschützte Arten) schon ein „ernster“ Schaden von Weidetierhaltern reichen soll. Aktuell sollte dies über einen neuen § 45a BNatSchG realisiert werden.
Nun hat sich gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) zur Frage geäußert, wie mit dem Wolf umzugehen ist. Die Entscheidung (Rs. C‑674/17) beruht auf einer Vorlage eines finnischen Gerichts, das in einer jagdrechtlichen Angelegenheit die Frage nach der richtigen Auslegung von Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie an die Luxemburger Richter gerichtet hatte. Diese Norm ordnet an, dass auch streng geschützte Arten unter bestimmten Bedingungen getötet werden dürfen.
Der EuGH hat nun eine ausdifferenzierte Entscheidung getroffen, die an Entnahmeentscheidungen hohe Anforderungen stellen. Klargestellt wurde im Sinne von Weidetierhaltern und Jägern, dass die Jagd legitim ist, um die Wolfsbestände zu moderieren, und dass die Eindämmung der Wilderei ein legitimes Ziel sein kann. Die Entscheidung stellt aber auch klar, dass nicht einfach unterstellt werden kann, dass die legale Jagd die illegale verringert, sondern der Zusammenhang bewiesen werden muss.
Weiter fordert der EuGH eine genauere Darlegung, wieso die „bestandspflegende“ Jagd erforderlich sei. Hier müssen Behörden also deutlich mehr Argumentationsaufwand betreiben, als Finnland sich das bisher vorgestellt hat. Überdies darf der Erhaltungszustand der Gesamtpopulation sich nicht verschlechtern. Zulässig ist damit nur die selektive Jagd, rudelbezogene Abschüsse, gar die von manchen begehrten wolfsfreien Zonen sind damit wohl nicht gemeinschaftsrechtskonform.
Insgesamt steht nach dieser Entscheidung auch für Deutschland durchaus auf dem Prüfstand, ob die aktuellen Pläne für eine Änderung des BNatSchG so realisierbar sind. Im Ergebnis müssen die Landesregierungen wohl mehr für eine Verbesserung des Herdenschutzes tun, der die Landwirte andernfalls oft überfordern würde. Gerade wer eine naturnahe, artgerechte Weidehaltung will, muss hier nachbessern.
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