10 Punkte für die Windkraft

Wir hatten schon vor ein paar Tagen berichtet: Angesichts der schwachen Konjunktur bei der Windenergie soll im Bundes­mi­nis­terium für Wirtschaft morgen ein „Windgipfel“ statt­finden. Heute kommt die Nachricht, dass von Verbänden ein 10-Punkte-Plan vorgelegt wurde. Hoffnungsvoll ist dabei schon einmal die bloße Tatsache, dass außer Branchen­ver­bänden der Wind- und Energie­wirt­schaft auch Umwelt- und Natur­schutz­ver­bände wie Green­peace, WWF und die Deutsche Umwelt­hilfe (DUH) hinter dem Plan stehen.

Denn in den letzten Jahren haben die Konflikte zwischen Umwelt- und Natur­schutz­be­langen über die Frage geeig­neter Windenergie-Standorte zugenommen. Das wurde auch von Leugnern des menschen­ge­machten Klima­wandels wie der AfD mit dem Versuch aufge­griffen, um Klima‑, Umwelt und Natur­schutz gegen­ein­ander auszu­spielen. Dass sich nun auch ein Natur­schutz­verband wie der WWF an einem gemein­samen Papier beteiligt, trägt der Tatsache Rechnung, dass ein nachhal­tiger Arten­schutz zunächst einmal einem stabilen Klima basirt.

Mit ihren Vorschlägen reagieren die Verbände relativ detail­liert und umfassend auf bestehende Hinder­nisse. Was die Planung neuer Standorte angeht, schlagen die Verbände eine Verbes­serung der Zusam­men­arbeit zwischen Bund und Ländern bei der Flächen­aus­weisung vor. Außerdem wird von pauschalen Abstands­re­ge­lungen wie in Bayern abgeraten, die dazu führen, dass kaum noch neue Standorte ausge­wiesen werden können. Zudem gibt es im Geneh­mi­gungs­prozess ohnehin schon aus dem Bundes­im­mis­si­ons­schutz­gesetz, der Techni­schen Anleitung Luft und dem nachbar­recht­lichen Rücksichts­nah­me­gebot ausrei­chend Vorgaben. An bestehenden Stand­orten sollen die Möglich­keiten zu „Repowering“ und Weiter­nutzung plane­risch verein­facht werden.

Mit der Recht­spre­chung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts in Einklang steht die Forderung, die natur­schutz­recht­lichen Vorgaben zu standar­di­sieren. Zudem soll eine syste­ma­tische Daten­sammlung zum Arten­schutz die Vorha­ben­träger entlasten und die Entschei­dungs­findung beschleu­nigen. Was die natur­schutz­recht­lichen Ausnahmen in § 45 Bundes­na­tur­schutz­gesetz (BNatSchG) angeht, schlagen die Verbände Ausnahmen vom Arten­schutz unter klar definierten Vorgaben vor. Dabei soll es einen Vorrang der Windenergie in durch Raumord­nungs­pläne dafür vorge­se­henen Gebieten geben, aber auch die Schaffung plane­risch ausge­wie­sener Rückzugs­räume für sensible Arten.

Weitere Vorschläge beinhalten eine wirtschaft­liche Betei­ligung der Kommunen, um lokal Anreize für Akzeptanz zu setzen, und eine Aufsto­ckung und Moder­ni­sierung der Verwaltung, u.a. durch Digita­li­sierung. Insgesamt handelt es sich um einen ausge­wo­genen, umfas­senden und hinrei­chend konkreten Forde­rungs­ka­talog. Insofern stehen die Zeichen für den morgigen Windgipfel günstig.

2019-09-04T18:02:37+02:004. September 2019|Allgemein|

Der Vertrag im Vertrag

Eine für die Praxis inter­es­sante Entscheidung hat die Deutsche Annington, Teil der Vonovia Gruppe, vorm Landge­richt Bochum zwar vermieden, dass das Gericht das Unter­nehmen verur­teilt hätte, ist aber trotzdem bekannt geworden.

Das von der Verbrau­cher­zen­trale NRW abgemahnte und auf Unter­lassung verklagte Unter­nehmen gehört bekanntlich der Wohnungs­wirt­schaft an. In seinem Standard­miet­vertrag gegenüber Verbrau­chern befand sich bisher eine Klausel, mit der gleich­zeitig mit dem Mietvertrag auch einen Energie­lie­fer­vertrag abgeschlossen wurde.

Grund­sätzlich gilt für Verträge natürlich die allge­meine Vertrags­freiheit. Parteien können bis zur Grenze der Sitten­wid­rigkeit fast alles mitein­ander wirksam verein­baren. Doch bei Massen­ver­trägen, die zwischen einem Unter­nehmen und einem Verbraucher  abgeschlossen werden, gilt unter anderem § 305c Abs. 1 BGB, welcher lautet:

Bestim­mungen in Allge­meinen Geschäfts­be­din­gungen, die nach den Umständen, insbe­sondere nach dem äußeren Erschei­nungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertrags­partner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.“

Nach Ansicht des Immobi­li­en­kon­zerns lag eine so ungewöhn­liche Klausel nicht vor. Überdies wäre schon bei der Übersendung des Vertrags­ent­wurfs auch auf die Energie­lie­fer­preise hinge­wiesen worden. Am Ende setzten sich aller­dings die Verbrau­cher­zen­tralen durch, die die Ansicht vertraten, dass ein Strom­lie­fer­vertrag nicht das ist, was ein Verbraucher erwartet, wenn er einen neuen Mietvertrag unter­schreibt. Dies gilt in diesem Fall ganz besonders, in dem Verbraucher die Klausel aktiv streichen mussten, um dem gleich­zei­tigen Abschluss von gleich zwei Verträgen zu entgehen.

Was bedeutet das nun für die betrieb­liche Praxis? Klar ist: Ein im Vertrag versteckter Vertrag dürfte stets ein hohes Risiko der Unwirk­samkeit in sich tragen. Auf der anderen Seite dürfte es unpro­ble­ma­tisch sein, im Umfeld eines Mietver­trags­ab­schlusses einen Strom­lie­fer­vertrag ausdrücklich anzubieten, weil sich mit einem Umzug ja stets die Frage der Versorgung mit Energie in den neuen vier Wänden stellt. Unter Umständen liegt die für Verbraucher wie Unter­nehmen prakti­kable Lösung in der Mitte: Beispiels­weise ein hinreichen kenntlich gemachter Vertrags­ab­schnitt, der vom Verbraucher durch Ankreuzen und eine geson­derte Unter­schrift aktiviert werden kann. Aller­dings kommt es auch hier stark auf den Einzelfall an. Wenn ein Verbraucher hinter­ein­ander diverse Einwil­li­gungen, Unter­schriften, Häkchen und Kreuzchen leisten muss, geht eine einzelne Erklärung auch leicht einmal unter. Wer liest schon alles, was ihm vorgelegt wird? Wenn dies droht, könnten sich auch bei ausdrück­lichen Strom­lie­fer­ver­trags­ab­schlüssen in der Praxis Probleme ergeben.

2019-09-03T17:05:54+02:003. September 2019|Strom, Vertrieb, Wettbewerbsrecht|

Akten­ein­sicht wegen Tierschutz

Die Anpassung des Umwelt­rechts an Europa hat die deutschen Verwaltung den Bürgern ein gutes Stück weit geöffnet. Die Aarhus-Konvention von 1998 hat drei Säulen: Zugang zu Umwelt­in­for­ma­tionen, Betei­ligung und Mitwirkung von Verbänden und Zugang zu Gerichten. Wer einen Antrag auf Zugang zu Umwelt­in­for­ma­tionen stellt, braucht nicht einmal ein rechtlich geschütztes Interesse. Im Prinzip soll sich jeder bei den Behörden infor­mieren können. Der Zugang zum Umwelt­in­for­ma­tionen ist ein effek­tives Korrektiv für eine Verwaltung, die dem Gesetz­geber oft mit dem Vollzug der umwelt­recht­lichen Vorschriften hinter­her­hinkt. Auch Mausche­leien zwischen Unter­nehmen und Behörden werden durch den Zugriff der Öffent­lichkeit verringert.

Im neuen Jahrtausend ist nicht nur die Umwelt­ver­waltung einer stärkeren öffent­lichen Kontrolle ausge­setzt. Seit 2005 gibt es mit dem Infor­ma­ti­ons­frei­heits­gesetz eine vergleichbare Regelung für Zugang zu allen möglichen Infor­ma­tionen bei Bundes­be­hörden. Seit 2008 wurde außerdem mit dem Verbrau­cher­infor­ma­ti­ons­gesetz (VIG) auf Lebens­mit­tel­skandale reagiert. Seither müssen Infor­ma­tionen über bestimmte Lebens- und Futter­mit­tel­er­zeug­nisse und sicher­heits­re­le­vante Verbrau­cher­pro­dukte von der Verwaltung heraus­ge­geben werden.

Vor ein paar Tagen hat das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) einen Fall entschieden, in dem es um Verbrau­cher­infor­ma­tionen über Verstöße gegen Tierschutz­vor­schriften in einer Geflü­gel­schlach­terei ging. Die Geflü­gel­schlach­terei hatte ursprünglich behauptet, dass es gar nicht um Verbrau­cher­schutz ginge, sondern dass letztlich Tierschutz­ver­bände sie schlecht machen wollten. Schon die Vorin­stanzen hatten geklärt, dass es darauf nicht ankommt. Außerdem waren die Verstöße gegen tierschutz­recht­liche Bestim­mungen nie offiziell per Verwal­tungsakt festge­stellt worden. Das BVerwG entschied, dass auch unabhängig von einem Verwal­tungsakt Ansprüche auf Infor­ma­ti­ons­zugang bestehen können. Außerdem seien nicht nur produkt­be­zogene, also direkt für die Gesundheit des Verbrau­chers relevante Infor­ma­tionen, sondern auch Infor­ma­tionen über hygie­nische oder tierschutz­be­zogene Misstände in der Produk­ti­ons­stätte im Sinne des VIG relevant.

Zuvor hatte im Juli das OVG Münster in einem ähnlichen Fall anders entschieden. Hier hatte ein Tierschutz­verband auf Akten­ein­sicht über einen Schwei­ne­zucht­be­trieb geklagt. Aller­dings nicht unter Berufung auf das VIG, sondern auf das nordrhein-westfä­lische „Gesetz über das Verbands­kla­ge­recht und Mitwir­kungs­rechte für Tierschutz­ver­ei­ni­gungen“. Die Richter hatten die Tierschützer schlicht und ergreifend darauf hinge­wiesen, dass das Gesetz seit Ende 2018 außer Kraft getreten sei. Ob – wie vom BVerwG – auch ein Anspruch aus dem Verbrau­cher­infor­ma­ti­ons­gesetz geprüft wurde, geht aus der Presse­mit­teilung nicht hervor.

2019-09-02T20:31:01+02:002. September 2019|Allgemein, Umwelt|