Gentechnik in der Futterkrippe

Obwohl sich gentech­nisch verän­derte Nutzpflanzen und Futter­mittel weltweit durch­ge­setzt haben, spielt ihr kommer­zi­eller Anbau in Deutschland bisher keine Rolle. Auch zu Forschungs­zwecken gibt es aktuell laut Angaben des Stand­ort­re­gisters des Bundesamts für Verbrau­cher­schutz und Lebens­mit­tel­si­cherheit keine Anbau­flächen. Bisher sind in der EU aufgrund relativ anspruchs­voller Geneh­mi­gungs­be­din­gungen bisher nur zwei Pflan­zen­sorten zugelassen, der Genmais „Mon 810“ und die Kartoffel „Amflora“, die aber nicht für den mensch­lichen Verzehr, sondern für die Herstellung von Indus­trie­stärke bestimmt ist. Deutschland hat den Anbau des Genmaises dennoch 2009 verboten, da er ein biolo­gische Insek­tizid produ­ziert und ein Eingriff in die Nahrungs­kette befürchtet wird. Studien hatte ergeben, dass Pflan­zen­reste in umlie­genden Gewässern vermutlich zu Schäden an Insekten führen.

Der Europäische Gerichtshof hat nun ein Urteil in einem Verfahren über die Markt­zu­lassung von Lebens- und Futter­mitteln gefällt, die eine gentech­nisch verän­derte, glyphosat- und herbi­zid­re­sis­tente Sojabohne durch Monsanto enthalten. In dem Verfahren hatten Umwelt­ver­bände gegen die Zulassung geklagt. Aller­dings war das Gericht der Auffassung, dass die Gefährdung der Umwelt und Gesundheit von den Umwelt­ver­bänden nicht ausrei­chend bewiesen worden sei.

Trotzdem müssen deutsche Verbraucher, wenn alles mit rechten Dingen zugeht, nicht befürchten, Lebens­mittel mit Gentechnik zu essen, wenn sie dies nicht wollen. Denn immerhin gibt es die EU-Verordnung (EG) Nr. 1830/2003, nach der Lebens­mittel und Futter­mittel, die aus genetisch verän­derten Organismen (GVO) bestehen oder sie enthalten, gekenn­zeichnet werden müssen. Nicht gekenn­zeichnet werden müssen dagegen Tierpro­dukte, die mit Futter­mitteln aus GVO herge­stellt wurden. Aber da müssen wir wohl (oder übel) auf den Metabo­lismus vertrauen, der während der Verdauung das Futter auf seine chemi­schen Bestand­teile zerlegt und ohnehin wieder neu zusammensetzt.

 

2019-09-12T16:28:28+02:0012. September 2019|Allgemein|

Digital ist besser

Es gibt ja so berufs­spe­zi­fische Alpträume. Zu unseren Alträumen gehört es, kurz vor Frist­ablauf wieder und wieder auf den „Senden“-Button zu drücken, und nichts passiert.

Ein Anwalt ist aus diesem Alptraum vor einigen Jahren mal nicht mehr schweiß­ge­badet, aber wohlbe­halten erwacht. Er hatte über vier Stunden 54 mal (!) versucht, das Landge­richt (LG) Paderborn anzufaxen. Gegen 20.00 Uhr hörte er auf und stellte am nächsten Tag einen Antrag auf Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand. Diesen lehnte das LG Paderborn  ab. Er hätte es weiter versuchen müssen. Skandalös, finden Sie? Wir auch. Aber der Bundes­ge­richtshof (BGH) hat sich am 20. August 2019 dem LG Paderborn angeschlossen (VIII ZB 19/18). Wer faxt, muss also notfalls nicht nur bis 20.00 Uhr sondern bis Mitter­nacht vorm Faxgerät ausharren. 

Inzwi­schen gibt es immerhin das beA. Gut, das beA funktio­niert nicht wirklich gut. Wer darauf angewiesen ist, etwas mit dem beA zu versenden, ruft nur unter nervösem Zittern die „Aktuelle Meldungen“-Seite der BRAK auf. Außerdem hat das beA aus unerfind­lichen Gründen eine Größen­be­grenzung und nimmt keine umfang­reichen Dateien an. Für Kanzleien wie uns, die auch mal 60 oder mehr Anlagen versenden, ist das manchmal ein Problem.

Dass das beA für andere Leute noch ein viel größeres Problem darstellt, haben wir kürzlich anlässlich eines Wider­spruchs­ver­fahrens erfahren. Wir hatten Wider­spruch bei einer Bundes­be­hörde eingelegt, die gem. § 3a VwVfG einen Zugang für elektro­nische Erklä­rungen eröffnet hat. Sie war nämlich übers beA erreichbar. Wir also per beA versendet, der Wider­spruch ist dort auch ordnungs­gemäß einge­gangen, und dann passierte nichts. Still ruhte der See, also die Bundes­be­hörde, und irgendwann legten wir, als auch auf eine Sachstands­an­frage nichts passierte, Untätig­keits­klage ein. Behörden, die sich einfach tot stellen, kommen nämlich nicht so selten vor, das überrascht uns jetzt nicht.

Überra­schend kam dann wenig später ein Anruf. Man werde unseren Wider­spruch jetzt noch bescheiden. Der sei nämlich nie einge­gangen. Wir also kurze Schock­starre, Überprüfung, alles in Ordnung. Wir zurück an die Behörde: An uns liegt’s nicht.

Die Behörde gab irgendwann zu, dass es an ihr liegt. Wir mögen bitte aufhören, sie elektro­nisch zu kontak­tieren. Fax sei aber auch nicht so gut. Am besten seien Briefe. Oder eine Kombi­nation aus ungele­sener elektro­ni­scher Kommu­ni­kation und nicht formgül­tigen infor­ma­to­ri­schen E‑Mails.

Wir atmeten tief durch und verge­wis­serten uns anhand des Kalenders: Ja, es ist wirklich 2019. Aber nicht überall gilt: Digital ist besser.

2019-09-11T18:27:11+02:0011. September 2019|Allgemein|

Unendlich viel Hoffnung – nur nicht für uns?

Seit Trump und Bolsonaro regieren, scheint es ja kaum mehr Hoffnung zu geben, von der anderen Seite des Atlantiks gute Nachrichten zu hören, was Klima­po­litik angeht. Aller­dings wäre es falsch zu behaupten, dass alle Ameri­kaner nur für Öl- und Gasför­derung seien. Und dass ihnen die Zukunft ihrer Kinder nicht am Herzen läge. Aktuell zeigt das gerade die Debatte über den Essay des berühmten ameri­ka­ni­schen Schrift­stellers Jonathan Franzen („The Correc­tions“). Dem ein unpoli­ti­scher Pessi­mismus vorge­worfen wird.

Franzen hat sich im New Yorker Magazin mit der Frage einge­mischt, was es für Konse­quenzen hätte, sich einzu­ge­stehen, dass eine Klima­ka­ta­strophe nicht mehr zu stoppen sei. Ausgehend von dem pessi­mis­ti­schen Zitat Kafkas, es gäbe „unendlich viel Hoffnung – nur nicht für uns“, arbeitet er sich an einer ganzen Liste von durchaus bekannten Gründen ab, warum es unwahr­scheinlich ist, dass das 2°C‑Ziel des IPCC einge­halten wird. Nun klingt es so, und das legt auch die Überschrift und der redak­tio­nelle Abstrakt nahe, als sei Franzen ein Defätist, der den Klima­schutz ablehnt, weil es ohnehin zu spät sei.

Aller­dings bekommt Franzen am Schluss doch noch die Kurve: Im Gegensatz zu früheren Äußerungen, bei denen er sich den Unmut von Klima­schützern zugezogen hatte, weil er auf die Unver­träg­lichkeit von Windenergie und Vogel­schutz hinge­wiesen hatte, plädiert er nun doch für Maßnahmen zur Verrin­gerung der CO2-Emissionen: „Wenn gemeinsame Maßnahmen nur einen einzigen zerstö­re­ri­schen Hurrikan vermeiden helfen oder nur ein paar zusätz­liche Jahre relativer Stabi­lität geben, dann hätten sie sich schon gelohnt“. Er geht sogar so weit zu sagen, dass Klima­schutz selbst dann moralisch richtig sei, wenn er überhaupt keinen Effekt habe. Im Übrigen predige er keine Hoffnungs­lo­sigkeit. Nur müsste man statt der einen Hoffnung auf die Abwendung der Katastrophe viele kurz- und langfristige Hoffnungen auf Mäßigung, Milderung und Anpassung hegen.

Insofern kann man Franzen, zumindest in diesem Aufsatz nicht vorwerfen, dass er sich in einem absoluten Sinn gegen Klima­schutz ausspricht. Dennoch bläst ihm zur Zeit scharfer Wind von Seiten der Umwelt­schutz­be­wegung und Teilen der Wissen­schaft ins Gesicht. Die Zweifel, die er sät, seien kontra­pro­duktiv. Wie dem auch sei, die spannende Debatte lässt hoffen, dass in den USA zumindest außerhalb des Weißen Hauses weiter produktiv über die Heraus­for­de­rungen der Klima­po­litik nachge­dacht wird.

2019-09-10T20:08:44+02:0010. September 2019|Allgemein, Energiepolitik, Umwelt|