Seit Trump und Bolsonaro regieren, scheint es ja kaum mehr Hoffnung zu geben, von der anderen Seite des Atlantiks gute Nachrichten zu hören, was Klimapolitik angeht. Allerdings wäre es falsch zu behaupten, dass alle Amerikaner nur für Öl- und Gasförderung seien. Und dass ihnen die Zukunft ihrer Kinder nicht am Herzen läge. Aktuell zeigt das gerade die Debatte über den Essay des berühmten amerikanischen Schriftstellers Jonathan Franzen („The Corrections“). Dem ein unpolitischer Pessimismus vorgeworfen wird.
Franzen hat sich im New Yorker Magazin mit der Frage eingemischt, was es für Konsequenzen hätte, sich einzugestehen, dass eine Klimakatastrophe nicht mehr zu stoppen sei. Ausgehend von dem pessimistischen Zitat Kafkas, es gäbe „unendlich viel Hoffnung – nur nicht für uns“, arbeitet er sich an einer ganzen Liste von durchaus bekannten Gründen ab, warum es unwahrscheinlich ist, dass das 2°C‑Ziel des IPCC eingehalten wird. Nun klingt es so, und das legt auch die Überschrift und der redaktionelle Abstrakt nahe, als sei Franzen ein Defätist, der den Klimaschutz ablehnt, weil es ohnehin zu spät sei.
Allerdings bekommt Franzen am Schluss doch noch die Kurve: Im Gegensatz zu früheren Äußerungen, bei denen er sich den Unmut von Klimaschützern zugezogen hatte, weil er auf die Unverträglichkeit von Windenergie und Vogelschutz hingewiesen hatte, plädiert er nun doch für Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen: „Wenn gemeinsame Maßnahmen nur einen einzigen zerstörerischen Hurrikan vermeiden helfen oder nur ein paar zusätzliche Jahre relativer Stabilität geben, dann hätten sie sich schon gelohnt“. Er geht sogar so weit zu sagen, dass Klimaschutz selbst dann moralisch richtig sei, wenn er überhaupt keinen Effekt habe. Im Übrigen predige er keine Hoffnungslosigkeit. Nur müsste man statt der einen Hoffnung auf die Abwendung der Katastrophe viele kurz- und langfristige Hoffnungen auf Mäßigung, Milderung und Anpassung hegen.
Insofern kann man Franzen, zumindest in diesem Aufsatz nicht vorwerfen, dass er sich in einem absoluten Sinn gegen Klimaschutz ausspricht. Dennoch bläst ihm zur Zeit scharfer Wind von Seiten der Umweltschutzbewegung und Teilen der Wissenschaft ins Gesicht. Die Zweifel, die er sät, seien kontraproduktiv. Wie dem auch sei, die spannende Debatte lässt hoffen, dass in den USA zumindest außerhalb des Weißen Hauses weiter produktiv über die Herausforderungen der Klimapolitik nachgedacht wird.
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