Emissi­ons­handel: Die nächsten Schritte auf dem Weg in die 4. HP

2021 beginnt die nächste Handel­s­pe­riode des Emissi­ons­handels. Inzwi­schen gibt es Neure­ge­lungen der Emissi­ons­han­dels­richt­linie (EHRL), die verhindern sollen, dass in der nächsten Handel­s­pe­riode erneut so viele Zerti­fikate im Umlauf sind, dass die Anlagen­be­treiber wenig Anreiz haben, ihre Anlagen auf emissi­ons­ärmere Brenn­stoffe umzustellen oder effizi­enter zu werden. Da es künftig mit der Markt­sta­bi­li­täts­re­serve und den Regelungen zur Löschung von Zerti­fi­katen begleitend zu Klima­schutz­maß­nahmen Mecha­nismen geben wird, um Überschüsse abschöpfen zu können, ist man derzeit optimis­tisch, dass der Emissi­ons­handel doch noch eine Erfolgs­story wird.

Die vorläufige CL-Liste

Doch wie geht es nun konkret weiter? Seit einigen Tagen ist immerhin eine vorläufige CL-Liste auf dem Tisch. Diese Liste enthält die Branchen, die eine zu 100% kostenlose Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen erhalten sollen, um ihnen im inter­na­tio­nalen Wettbewerb nicht zu schaden. Entgegen eines verbrei­teten Vorur­teils bedeutet das nicht, dass diese Unter­nehmen gar keine Lasten und entspre­chend auch keine Emissi­ons­min­de­rungs­an­reize haben. Denn die 100% kostenlose Zuteilung bezieht sich nicht etwa auf den Bedarf der jeweils konkreten Anlage. Sondern auf den fiktiven Bedarf einer ganz besonders modernen Anlage. Mit anderen Worten: Wer nicht so modern ist, wie es möglich wäre, muss trotzdem kaufen.

Ursprünglich wollte die Europäische Kommission den Kreis der privi­le­gierten Unter­nehmen deutlich verkleinern. In der laufenden Handel­s­pe­riode sind 153 Branchen als abwan­de­rungs­be­droht und deswegen privi­le­giert anerkannt. Künftig sollen nur noch 44 auf diese Weise privi­le­giert werden. Eine Reihe weiterer Branchen hat nun drei Monate Zeit darzu­legen, dass sie ebenfalls als abwan­de­rungs­be­droht anerkannt werden können.

Doch auf den zweiten Blick erscheint die vorläufige CL-Liste deutlich weniger ambitio­niert als geplant. Die großen Branchen scheinen alle vollzählig versammelt zu sein. Einige haben es sogar nun neu auf die Liste geschafft, zB die früher nur teilweise erfassten Indus­triegase. Entspre­chend ist anzunehmen, dass auch künftig die meisten Indus­trie­un­ter­nehmen als abwan­de­rungs­be­droht gelten werden. Damit aber stellt sich die Frage, ob der Puffer von 3%, der im Budget verhindern soll, dass es wieder zu einem umstrit­tenen sektor­über­grei­fenden Korrek­tur­faktor (CSCF) kommt, ausreichen wird. Mögli­cher­weise gilt auch hier das alte Sprichwort vom langen Leben der Totge­sagten, und auch künftig unter­liegen Zutei­lungen einer Kürzung, damit die Anwendung der Zutei­lungs­regeln nicht dazu führt, dass das Budget gesprengt wird.

Zum Zeitplan

Bisher war der Gesetz­geber immer spät dran. Auch in Zukunft wird sich daran wohl nichts ändern. Zwar sollen noch im Sommer die Zutei­lungs­regeln im Entwurf veröf­fent­licht werden und sich eine Konsul­tation anschließen. Parallel tragen, wie erwähnt, einige Branchen noch einmal vor, um aufgrund quali­ta­tiver Kriterien doch noch auf die CL-Liste zu gelangen. Für den Oktober ist ein Kommis­si­ons­be­schluss über die Zutei­lungs­regeln und die dann endgültige CL-Liste auf EU-Ebene geplant. Im Dezember sollen dann nach einer Prüfung durch Rat und Parlament die Spiel­regeln der Zuteilung stehen.

Die Daten­er­hebung für das Antrags­ver­fahren soll dann im Frühling 2019 statt­finden. Die Entscheidung über die Bench­marks, für die ein Minde­rungspfad zwischen 0,2% und 1,6% jährlich vorge­sehen ist, soll erst 2020 fallen. Im Jahre 2021 wird es dann erst Entschei­dungen über die NIMs-Liste geben, ohne die die Mitglied­staaten nicht zuteilen können. Das bedeutet: Schon jetzt scheint festzu­stehen, dass auch zu Beginn der  nächsten Handel­s­pe­riode noch keine Bescheide und erst recht keine Ausschüt­tungen vorge­nommen werden können. Es wird also selbst dann alles recht knapp, wenn es von heute an keine Pannen gibt, niemand noch einmal grund­sätz­liche Fragen stellt und vor allem die Bench­mark­fest­setzung und die Endfassung der CL-Liste reibungslos verläuft. Wie realis­tisch das ist, mag jeder selbst beurteilen.

2018-05-14T23:56:25+02:0015. Mai 2018|Emissionshandel|

Ruf mich nicht an.

Geben Sie zu, Sie fragen sich auch immer, wen Call Center eigentlich noch erreichen, wenn sie tagsüber irgendwo anrufen. Die berufs­tätige Bevöl­kerung ist bei der Arbeit. Die junge bis sehr junge Bevöl­kerung hält Festnetz­te­le­fonie sowieso für eine Techno­logie, die nur unwesentlich moderner ist als eine Busch­trommel. Gleichwohl: Der übergroße Teil der Wettbe­werbs­pro­zesse, die ich in den letzten Jahren geführt habe, drehte sich um gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG verbotene, weil einwil­li­gungslose Telefonate der Konkurrenz. Meistens fielen auch noch irgend­welche irrefüh­renden Äußerungen, das ist natürlich auch nicht erlaubt.

Als Konkurrent eines rechts­widrig wild herum­te­le­fo­nie­renden Unter­nehmens gibt es die Möglichkeit, abzumahnen und notfalls zu klagen. Hat man Erfolg, wird der Konkurrent zur Unter­lassung verur­teilt und muss, hält er sich nicht ans Verbot, Vertrags­strafen bzw. Ordnungs­gelder bezahlen. Die Kosten der Abmahnung bzw. des Wettbe­werbs­pro­zesses hat ebenfalls das Unter­nehmen zu tragen, dass sich nicht an die Spiel­regeln des Wettbe­werbs hält. Doch die Überwa­chung der wettbe­werb­lichen Spiel­regeln ist nicht allein den wachsamen Augen der Wettbe­werber überlassen: Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UWG kann die Bundes­netz­agentur (BNetzA) Bußgelder verhängen, wenn ein Unter­nehmen sich an das Cold Call Verbot nicht hält.

Ein  bemer­kenswert hohes Bußgeld von 140.000 EUR wurde nun gegen die E.ON-Tochter E Wie Einfach GmbH verhängt. Die Begründung der BNetzA legt ein weiteres Mal offen, wie anfällig auch große Unter­nehmen für derlei Verstöße sind: Offenbar hatte die E Wie Einfach GmbH Call Center mit den Anrufen beauf­tragt. Die Telefon­nummern stammten von Adress­händlern. Die verkauften Telefon­nummern sollten von Personen stammen, die im Internet einge­willigt hatten, zu Werbe­zwecken angerufen zu werden. Im Zuge der Ermitt­lungen stellte sich aller­dings erstens heraus, dass die angeb­liche Gewinn­spiel­teil­nahme gar nicht statt­ge­funden hatte. Zweitens waren die Einwil­li­gungen nicht klar genug. Die BNetzA warf der E Wie Einfach GmbH deswegen vor, ihrer Kontroll­pflicht nicht ausrei­chend nachge­kommen zu sein.

Für die Praxis bedeutet dies: 

Wer selbst wirbt, sollte angesichts der zuneh­menden Bußgeld­fest­set­zungen der BNetzA nicht nur vertraglich sicher­stellen, dass die Auftrag­nehmer in Call Centern und auch Adress­händler ausrei­chende Einwil­li­gungen besitzen. Sondern auch Kontroll­me­cha­nismen instal­lieren, zu denen auch ein Check der Einwil­li­gungen gehört. Blindes Vertrauen ist nicht nur wegen Bußgeldern nicht zu empfehlen, sondern auch wegen der auch in diesem Fall expli­ziten Presse­arbeit der BNetzA unter voller Nennung des Namens.

Wer feststellt, dass die Konkurrenz in seinen Gefilden „wildert“, kann nicht nur selbst abmahnen, sondern auch Verstöße an die BNetzA melden, denn auch dieses Bußgeld beruht auf konkreten Beschwerden.

Wer als Verbraucher von Anrufen belästigt wird, kann nicht nur Einwil­li­gungen, wenn es sie denn gibt, jederzeit zurück­nehmen. Die BNetzA hat für solche Verstöße auch ein Melde­for­mular. Nicht zuletzt können Verbraucher sich auch an den eigenen Versorger bzw. Geschäfts­partner wenden, der die Sache oft in die eigene Hand nimmt und weitere Beläs­ti­gungen wirksam unterbindet.

2018-05-13T23:26:26+02:0014. Mai 2018|Wettbewerbsrecht|

Von E‑Mails und Hunden

Der § 5 Abs. 1 N. 2 Teleme­di­en­gesetz (TMG) verpflichtet jeden Anbieter von Telemedien, eine E‑Mailadresse anzugeben. Unter dem etwas altvä­ter­lichen Wort „Telemedien“ verbergen sich vor allem Homepages.

Nun sind vielen Betreibern von Homepages E‑Mails eher lästig. Sie verdienen ihr Geld mit standar­di­sierten Angeboten, zu denen sie sich lieber per Formular beauf­tragen lassen. Das ist besser maschinell auslesbar und überhaupt ist der Bearbei­tungs­aufwand deutlich geringer, denn Menschen tendieren dazu, sich unklar auszu­drücken. Und ohne, dass man jemandem etwas unter­stellen möchte: Bei einem selbst generierten Formular hat man es auch viel besser in der Hand, wozu sich Nutzer überhaupt äußern. Faktisch wirkt manches Formular damit wie eine Verweisung unerwünschter Nachrichten auf den oft mühsamen Postweg.

Auch Google ist offenbar kein Freund von Nachrichten per E‑Mail und dachte sich deswegen etwas aus: Auf der Homepage stand zwar eine E‑Mailadresse, nämlich support@gooogle.com. Aber wer eine Nachricht an diese Adresse schrieb, erhielt nur eine Nachricht zurück, dass die Mails an diese Adresse nicht gelesen würden.

Dass dies nicht dem Sinn und Zweck des TMG entspricht, liegt eigentlich auf der Hand. Ich kann nur darüber speku­lieren, ob dies auch den Entscheidern bei Google klar war. Dagegen spricht, dass sie sich offenbar eine positive Rückmeldung der Landens­me­di­en­an­stalt  Hamburg geholt hatten, was ja gar nicht erfor­derlich gewesen wäre, hätte im Hause Google niemand Bedenken gehabt. Mögli­cher­weise liegt hier eine derje­nigen Entschei­dungen vor, die ein Bekannter von mir gern „doggy style“ nennt, frei nach dem durchaus ambiva­lenten bayri­schen Kompliment für besonders schlitz­ohrige Zeitge­nossen „Hund san’s scho“.

Die Richter am Landge­richt Berlin sind aller­dings keine Bayern und Richter haben für Umgehungen von Gesetzen generell eher nicht so viel über. Das Landge­richt (LG) Berlin bejahte deswegen einen Verstoß gegen das TMG. Ob Google wirklich Erfolgs­aus­sichten in der Berufungs­in­stanz sah oder nur Zeit gewinnen wollte? Schließlich muss ein Unter­nehmen für jeden Monat, in dem noch keine rechts­kräftige Verur­teilung vorliegt, keine Leute dafür bezahlen, die E‑Mails an die angegebene Adresse auch wirklich zu lesen. Aber wir wollen Google nichts unter­stellen. In jedem Fall zog der ameri­ka­nische Gigant vors Kammer­ge­richt (KG) Berlin – so heißt hierzu­lande das Oberlan­des­ge­richt – und behauptete weiter, auch eine E‑Mailadresse, an die gerichtete Mails erklär­ter­maßen keiner liest, sei eben eine E‑Mailadresse im Sinne des Gesetzes. 

Doch auch die Richter am KG folgten Google nicht. Das Unter­nehmen muss also eine echte Kommu­ni­ka­ti­ons­mög­lichkeit eröffnen. Da die Revision zugelassen ist, ist es aller­dings gut möglich, dass eine endgültige Klärung noch einige Zeit in Anspruch nimmt.

2018-05-10T18:20:26+02:0011. Mai 2018|Digitales|