Von E‑Mails und Hunden

Der § 5 Abs. 1 N. 2 Teleme­di­en­gesetz (TMG) verpflichtet jeden Anbieter von Telemedien, eine E‑Mailadresse anzugeben. Unter dem etwas altvä­ter­lichen Wort „Telemedien“ verbergen sich vor allem Homepages.

Nun sind vielen Betreibern von Homepages E‑Mails eher lästig. Sie verdienen ihr Geld mit standar­di­sierten Angeboten, zu denen sie sich lieber per Formular beauf­tragen lassen. Das ist besser maschinell auslesbar und überhaupt ist der Bearbei­tungs­aufwand deutlich geringer, denn Menschen tendieren dazu, sich unklar auszu­drücken. Und ohne, dass man jemandem etwas unter­stellen möchte: Bei einem selbst generierten Formular hat man es auch viel besser in der Hand, wozu sich Nutzer überhaupt äußern. Faktisch wirkt manches Formular damit wie eine Verweisung unerwünschter Nachrichten auf den oft mühsamen Postweg.

Auch Google ist offenbar kein Freund von Nachrichten per E‑Mail und dachte sich deswegen etwas aus: Auf der Homepage stand zwar eine E‑Mailadresse, nämlich support@gooogle.com. Aber wer eine Nachricht an diese Adresse schrieb, erhielt nur eine Nachricht zurück, dass die Mails an diese Adresse nicht gelesen würden.

Dass dies nicht dem Sinn und Zweck des TMG entspricht, liegt eigentlich auf der Hand. Ich kann nur darüber speku­lieren, ob dies auch den Entscheidern bei Google klar war. Dagegen spricht, dass sie sich offenbar eine positive Rückmeldung der Landens­me­di­en­an­stalt  Hamburg geholt hatten, was ja gar nicht erfor­derlich gewesen wäre, hätte im Hause Google niemand Bedenken gehabt. Mögli­cher­weise liegt hier eine derje­nigen Entschei­dungen vor, die ein Bekannter von mir gern „doggy style“ nennt, frei nach dem durchaus ambiva­lenten bayri­schen Kompliment für besonders schlitz­ohrige Zeitge­nossen „Hund san’s scho“.

Die Richter am Landge­richt Berlin sind aller­dings keine Bayern und Richter haben für Umgehungen von Gesetzen generell eher nicht so viel über. Das Landge­richt (LG) Berlin bejahte deswegen einen Verstoß gegen das TMG. Ob Google wirklich Erfolgs­aus­sichten in der Berufungs­in­stanz sah oder nur Zeit gewinnen wollte? Schließlich muss ein Unter­nehmen für jeden Monat, in dem noch keine rechts­kräftige Verur­teilung vorliegt, keine Leute dafür bezahlen, die E‑Mails an die angegebene Adresse auch wirklich zu lesen. Aber wir wollen Google nichts unter­stellen. In jedem Fall zog der ameri­ka­nische Gigant vors Kammer­ge­richt (KG) Berlin – so heißt hierzu­lande das Oberlan­des­ge­richt – und behauptete weiter, auch eine E‑Mailadresse, an die gerichtete Mails erklär­ter­maßen keiner liest, sei eben eine E‑Mailadresse im Sinne des Gesetzes. 

Doch auch die Richter am KG folgten Google nicht. Das Unter­nehmen muss also eine echte Kommu­ni­ka­ti­ons­mög­lichkeit eröffnen. Da die Revision zugelassen ist, ist es aller­dings gut möglich, dass eine endgültige Klärung noch einige Zeit in Anspruch nimmt.