Geben Sie zu, Sie fragen sich auch immer, wen Call Center eigentlich noch erreichen, wenn sie tagsüber irgendwo anrufen. Die berufstätige Bevölkerung ist bei der Arbeit. Die junge bis sehr junge Bevölkerung hält Festnetztelefonie sowieso für eine Technologie, die nur unwesentlich moderner ist als eine Buschtrommel. Gleichwohl: Der übergroße Teil der Wettbewerbsprozesse, die ich in den letzten Jahren geführt habe, drehte sich um gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG verbotene, weil einwilligungslose Telefonate der Konkurrenz. Meistens fielen auch noch irgendwelche irreführenden Äußerungen, das ist natürlich auch nicht erlaubt.
Als Konkurrent eines rechtswidrig wild herumtelefonierenden Unternehmens gibt es die Möglichkeit, abzumahnen und notfalls zu klagen. Hat man Erfolg, wird der Konkurrent zur Unterlassung verurteilt und muss, hält er sich nicht ans Verbot, Vertragsstrafen bzw. Ordnungsgelder bezahlen. Die Kosten der Abmahnung bzw. des Wettbewerbsprozesses hat ebenfalls das Unternehmen zu tragen, dass sich nicht an die Spielregeln des Wettbewerbs hält. Doch die Überwachung der wettbewerblichen Spielregeln ist nicht allein den wachsamen Augen der Wettbewerber überlassen: Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UWG kann die Bundesnetzagentur (BNetzA) Bußgelder verhängen, wenn ein Unternehmen sich an das Cold Call Verbot nicht hält.
Ein bemerkenswert hohes Bußgeld von 140.000 EUR wurde nun gegen die E.ON-Tochter E Wie Einfach GmbH verhängt. Die Begründung der BNetzA legt ein weiteres Mal offen, wie anfällig auch große Unternehmen für derlei Verstöße sind: Offenbar hatte die E Wie Einfach GmbH Call Center mit den Anrufen beauftragt. Die Telefonnummern stammten von Adresshändlern. Die verkauften Telefonnummern sollten von Personen stammen, die im Internet eingewilligt hatten, zu Werbezwecken angerufen zu werden. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich allerdings erstens heraus, dass die angebliche Gewinnspielteilnahme gar nicht stattgefunden hatte. Zweitens waren die Einwilligungen nicht klar genug. Die BNetzA warf der E Wie Einfach GmbH deswegen vor, ihrer Kontrollpflicht nicht ausreichend nachgekommen zu sein.
Für die Praxis bedeutet dies:
Wer selbst wirbt, sollte angesichts der zunehmenden Bußgeldfestsetzungen der BNetzA nicht nur vertraglich sicherstellen, dass die Auftragnehmer in Call Centern und auch Adresshändler ausreichende Einwilligungen besitzen. Sondern auch Kontrollmechanismen installieren, zu denen auch ein Check der Einwilligungen gehört. Blindes Vertrauen ist nicht nur wegen Bußgeldern nicht zu empfehlen, sondern auch wegen der auch in diesem Fall expliziten Pressearbeit der BNetzA unter voller Nennung des Namens.
Wer feststellt, dass die Konkurrenz in seinen Gefilden „wildert“, kann nicht nur selbst abmahnen, sondern auch Verstöße an die BNetzA melden, denn auch dieses Bußgeld beruht auf konkreten Beschwerden.
Wer als Verbraucher von Anrufen belästigt wird, kann nicht nur Einwilligungen, wenn es sie denn gibt, jederzeit zurücknehmen. Die BNetzA hat für solche Verstöße auch ein Meldeformular. Nicht zuletzt können Verbraucher sich auch an den eigenen Versorger bzw. Geschäftspartner wenden, der die Sache oft in die eigene Hand nimmt und weitere Belästigungen wirksam unterbindet.
Nach Entgegennahme Telefon weglegen und den Anrufer (m/w) weiter ablesen lassen. In dieser Zeit wird niemand anderes belästigt.
Sie sind ja radikal :-)