Klage der Stadt Moers gegen eine Höchst­span­nungs­frei­leitung erfolglos

Die Energie­wende kann nur durch die gleich­zeitige Ertüch­tigung des Strom­netzes gelingen. Dafür sind bei den Übertra­gungs­netz­be­treibern viele Ersatz­neu­bauten von Höchst­span­nungs­lei­tungen in der planungs­recht­lichen Pipeline. Der Weg zu einem Planfest­stel­lungs­be­schluss ist steinig uns schwer, da bereits im Verfahren (und auch davor) viele Stöckchen liegen, über die man springen muss – so ist es in der Praxis oft bereits gar nicht so einfach, die benötigten Baugrund­un­ter­su­chungen (auf die man eigentlich einen Anspruch hat) vor Ort durch­zu­setzen. Wie bei vielen Projekten gilt vor Ort dann oft der NIMBY-Grundsatz – überall, nur nicht hier („not in my backyard“). Daher sind die Fragen des Bedarfs an bestimmten Leitungen und insbe­sondere auch die Linien­führung oft Streit­themen – auch dann noch, wenn der Planfest­stel­lungs­be­schluss dann endlich ergangen ist.

Zur Beschleu­nigung von Vorhaben hat der Gesetz­geber reagiert und einige Vorhaben in den vordring­lichen Bedarf gestellt, für die demnach auch die Planrecht­fer­tigung schon von Gesetzes wegen feststeht. Im Hinblick auf den Rechts­schutz gibt es die erst- (und letzt-) instanz­liche Zustän­digkeit des Bundesverwaltungsgerichts.

Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt in Leipzig hat mit aktuellem Urteil vom 10.04.2024 – BVerwG 11 A 4.23 - eine Klage der Stadt Moers gegen eine Höchst­spannungsfreileitung abgewiesen. Hier ging es u.a. auch um die Trasse. Die Stadt Moers hatte einen Planfest­stel­lungs­be­schluss angegriffen, mit dem der Bau und Betrieb einer 110-/380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung zwischen Wesel und Utfort sowie einer 380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung zwischen Utfort und dem Punkt Hüls-West zugelassen wurde.  Die Leitungen sollen auf dem Gebiet der Klägerin zusammen mit der auf einem Teilstück zu erneu­ernden 220-/380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung Utfort-Walsum zwischen den dicht besie­delten Ortsteilen Eick und Utfort verlaufen.

Bei dem Vorhaben handelt es sich um einen Teilab­schnitt des in Nr. 14 der Anlage zum Energieleitungsausbau­gesetz genannten Vorhabens „Neubau Höchst­span­nungs­leitung Nieder­rhein – Utfort – Osterath, Nennspannung 380 kV“. Dass die Linien­führung im Abschnitt Rhein­querung zum Zeitpunkt des Planfest­stel­lungs­be­schlusses noch nicht abschließend feststand, war rechtlich unerheblich. Hinsichtlich der Umspann­anlage Utfort reicht es aus, dass die Leitungen die Umspann­anlage erreichen und dort einge­bunden werden können.

Die Planrecht­fer­tigung für das Vorhaben ist aus Sicht der Leipziger Richter gegeben, weil es mit­samt der notwen­digen Folge­maß­nahmen gemäß § 1 Abs. 2 EnLAG in den vordring­lichen Bedarf gestellt ist. Die Abwägungs­ent­scheidung verletzt die Stadt Moers nicht in eigenen Rechten. Die Planung durfte sich gegen eine westliche Umgehung der dicht besie­delten Gebiete der Klägerin durch Führung der Höchst­span­nungs­lei­tungen Wesel-Utfort und Utfort-Walsum in neuer Trasse entscheiden. Es spricht viel dafür, dass die Planfest­stel­lungs­be­hörde die Vor­habenträgerin schon aus Rechts­gründen nicht verpflichten konnte, anlässlich einer bestimmten Planung auch eine andere, bestehende Leitung weiträumig zu verlegen. Auch unabhängig davon war die Abwägung nicht zu beanstanden. Die gegen die Alter­native sprechenden Belange mussten nicht ausführ­licher ermittelt werden als geschehen. Auch die Ermittlung der gegen die Antrag­strasse sprechenden Belange war im Ergebnis nicht zu beanstanden. Aufgrund der Vorbe­lastung durch die Bestandstrassen durfte der Planfest­stel­lungs­be­schluss auch davon ausgehen, dass die Planung die Klägerin weder in ihrer Planungs­hoheit noch in ihrer Gestal­tungs­freiheit verletzt. (Dirk Buchsteiner)

Bundesrat ermög­licht beschleu­nigten Netzausbau

Klavier­spielen, heißt es, wäre eigentlich kinder­leicht, wenn man nur zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle in die Tasten hauen würde. Genauso ist es mit der Energie­wende. Die Erzeugung von Strom aus erneu­er­barer Energie an sich ist das geringste Problem. Wind und Sonne gibt es schließlich umsonst. Die große Heraus­for­derung besteht darin, Energie recht­zeitig dort bereit­zu­stellen, wo sie gebraucht wird. Das ist im Strom­sektor zum größten Teil eine Frage der Übertra­gungs­netze. Die sind aller­dings dieser Heraus­for­derung immer noch nicht ausrei­chend gewachsen – und bekanntlich dauern in Deutschland Infra­struk­tur­pla­nungen öfter mal etwas länger.

Das sollte sich eigentlich schon seit 2011 mit dem Netzaus­bau­be­schleu­ni­gungs­gesetz Übertra­gungsnetz (NABEG) ändern. Aller­dings hat das noch nicht zur erhofften Beschleu­nigung geführt, so dass das Planungs- und Geneh­mi­gungs­recht für Höchst­span­nungs­lei­tungen nun weiter optimiert werden soll. Über einige der geplanten Änderungen hatten wir bereits berichtet. Auch das Gesetz­ge­bungs­ver­fahren hat nun wieder einige Monate gedauert. Umstritten war dabei zwischen Bund und Ländern unter anderem, ob für Power-to-Gas-Anlagen die Netzent­gelt­be­freiung entfallen solle. Vor allem Schleswig-Holstein hatte sich dagegen stark gemacht, so dass nun zumindest solche Anlagen weiter befreit sein sollen, die vollständig aus erneu­er­baren Energie­quellen gepeist werden. Da die Bundes­re­gierung eine entspre­chende Proto­kol­lerklärung abgab, konnten langwierige Verhand­lungen im Vermitt­lungs­aus­schluss vermieden werden.

Eine andere Regelung betrifft den Beschleu­ni­gungs­zu­schlag, der in die Netzent­gelt­ver­ordnung aufge­nommen werden soll. Damit können Eigen­tümer einen Anreiz erhalten, sich schnell, nämlich innerhalb von acht Wochen, darüber zu einigen, dass die Trasse über ihr Grund­stück gebaut werden darf. Damit soll verhindert werden, dass höchste Entschä­digung derjenige bekommt, der am höchsten pokert und das Verfahren dadurch am längsten verschleppt.

2019-04-23T10:48:37+02:0023. April 2019|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Strom, Verwaltungsrecht|

Kein Anschluss unter dieser WEA? – Konsul­tation zu Offshore-Planung eröffnet

Das Bundesamt für Seeschiff­fahrt und Hydro­graphie (BSH) hat letzte Woche das öffent­liche Betei­li­gungs­ver­fahren zur Planung der Offshore-Windenergie eröffnet. In dem Entwurf des Flächen­ent­wick­lungs­plans wird deutlich, dass die Kapazi­täten für den Netzan­schluss einen Engpass bilden. Dabei wären für die Erfüllung der Klima­ziele neue Offshore-Anlagen dringend nötig. Dies gerade angesichts der Tatsache, dass der weitere Ausbau der Windkraft an Land zunehmend auf Akzep­tanz­pro­bleme stößt. Für Windparks ohne Netzan­schluss ist bislang sowohl die Techno­logie als auch der Rechts­rahmen nicht weit genug.

Die Erstellung des Flächen­ent­wick­lungs­plans ist im Rahmen des seit 2017 geltenden Windenergie-auf-See-Gesetzes der erste von drei Schritten in einem gestuften Planungs- und Ausschrei­bungs­prozess. Im Plan legt das BSH die Gebiete für Windenergie sowie die Strom­lei­tungen in der ausschließ­lichen Wirtschaftszone der Nord- und Ostsee im Zeitraum von 2026 bis 2030 fest. Dabei wird detail­liert bestimmt, auf welchen Flächen in welchem Kalen­derjahr wie viel Leistung an Windenergie in Betrieb genommen werden darf. Außerdem wird festgelegt, welche Strom­lei­tungen mit welchem Trassen­verlauf dafür fertig­ge­stellt werden müssen. Planungen im Bereich der Küsten­ge­wässer setzen zusätz­liche Verein­ba­rungen mit den Bundes­ländern voraus. In weiteren Schritten unter­sucht das BSH die ausge­wie­senen Flächen auf ihre Eignung und gibt sie schließlich zur Ausschreibung frei. Erst nach der Erteilung des Zuschlags und Durch­laufen des Zulas­sungs­ver­fahrens können die Anlagen von den Bietern errichtet werden. Immerhin ist ihnen dann die Markt­prämie und die Anbin­dungs­ka­pa­zität der Strom­leitung sicher.

Entgegen dem Vorentwurf enthält der aktuelle Entwurf des Plans auch Infor­ma­tionen über die aktuellen Ausbau­ziele der Bundes­re­gierung. Aller­dings werden diese noch nicht verbindlich in die Planung einbe­zogen. Deutlich wird, dass nach der aktuellen Planung die Ausbau­ziele nicht erreicht werden können. Um das Ziel von 65% Ökostrom bis 2030 zu erreichen, wäre eine Erhöhung des Ausbau­ziels von 15.000 auf mindestens 17.000 oder, wie die Branche und die Küsten­länder fordern, sogar 20.000 MW Leistung erfor­derlich. Selbst wenn das BSH dies für die Planungen konse­quent berück­sich­tigen würde, scheint dies bislang aber unrea­lis­tisch. Die Übertra­gungs­netz­be­treiber kommen nämlich mit dem Netzausbau nicht hinterher. Eine Alter­native könnten grund­sätzlich Offshore-Windparks ohne Netzan­schluss sein, aller­dings ist sowohl die technische Umsetzung der „Power-to-Gas“-Technologie auf dem Meer bisher nicht weit genug gediehen, als auch der Rechts­rahmen im EEG dafür bislang nicht ausrei­chend. Hier könnte die derzeit geplante kleine EEG-Novelle Abhilfe schaffen.

2018-11-05T14:36:06+01:005. November 2018|Erneuerbare Energien, Strom|