Rund um die Genehmigung

Im Immis­si­ons­schutz­recht haben wir es mit einem präven­tiven Verbot mit Erlaub­nis­vor­behalt zu tun. Der Betrieb von (geneh­mi­gungs­be­dürf­tigen) Anlagen ist verboten (und sogar strafbar), wenn man keine Geneh­migung dafür hat – bzw. wenn nicht spezielle Ausnahmen greifen. Der Weg zur Geneh­migung ist oftmals steinig und schwer – und er dauert mitunter lange, da man sich durchaus in verschie­denen Schlaufen verlieren kann. Wichtig ist daher, dass man Partner an seiner Seite hat, die einen durch den Verfah­rens­dschungel navigieren. Visua­li­siert könnte sich der Weg zur Geneh­migung mit sämtlichen vorbe­rei­tenden Schritten wie folgt darstellen:

 

Erste Voraus­setzung ist, dass man sich klar macht, wohin die Reise gehen soll. Ein Vorhaben sollte in den Grund­zügen verstanden sein, damit ein Geneh­mi­gungs­ver­fahren erfolg­reich sein kann (1),(2). Die Behörde soll im Grunde unter­stützen, dass ein ordent­licher Antrag gestellt wird – hier darf man mitunter aber nicht zu viel erwarten (3). Ist der Antrag fertig (4) und wird einge­reicht (5) schließt sich (wie oft in der Praxis) die Schlaufe der Nachfor­de­rungen an (5a). Hier lässt sich mitunter viel Zeit verbringen. Die Öffent­lich­keits­be­tei­ligung ist eine Schlaufe im Anschluss (5b). Doch hoffentlich winkt bald der Bescheid (6).

Wenn man die Geneh­migung dann einmal hat, bedeutet dies jedoch nicht, dass wir am Ende sind. Dies gilt im beson­deren Maße, wenn man selbst Probleme mit dem Inhalt des Bescheids hat oder Dritte dies haben (6a),(6b). Zudem existieren Fristen, die Geneh­migung auch zu nutzen. Geneh­mi­gungen sollen schließlich nicht auf Vorrat beschafft werden können. Aus § 18 Abs. 1 BImSchG folgt, dass die Geneh­migung zum einen erlischt, wenn nicht innerhalb einer von der Geneh­mi­gungs­be­hörde gesetzten angemes­senen Frist mit der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage begonnen (Nr. 1) oder zum anderen eine Anlage mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wird (Nr. 2). Zwingend geboten ist es, diese Fristen im Blick zu behalten und im Zweifel recht­zeitig Frist­ver­län­ge­rungs­an­träge zu stellen, selbst dann, wenn die Anlage vielleicht in der Zwischenzeit sogar abgebrannt sein sollte, so das Oberver­wal­tungs­ge­richt Münster mit Urteil vom 06.09.2023. Es ist auch mehr als eine Frist­ver­län­gerung möglich. Doch Vorsicht: Die Erfahrung zeigt, dass irgendwann auch Schluss sein kann und Frist­ver­län­gerung nicht mehr gewährt werden. Eine Anlage wird i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erst dann nicht mehr betrieben, wenn im Rahmen der Geneh­migung keinerlei Betriebs­hand­lungen mehr vorge­nommen werden, der Betrieb also vollständig einge­stellt wird. Ein nicht geneh­mi­gungs­kon­former Betrieb oder ein Betrieb von für sich genommen nicht geneh­mi­gungs­be­dürf­tigen Teilen einer Anlage können das Erlöschen der Geneh­migung nicht verhindern. Ist die Geneh­migung erst einmal futsch, heißt es im Umwelt­mo­nopoly zurück auf Los. Durch die aktuellen Entwick­lungen im Immis­si­ons­schutz­recht und die Rechts­setzung und Recht­spre­chung rund um die Geneh­migung führen wir Sie übrigens in einem Webinar am 29.01.2024.(Dirk Buchsteiner)

2024-01-18T20:31:26+01:0018. Januar 2024|Abfallrecht, Immissionsschutzrecht, Industrie|

Datteln IV: Von Münster nach Leipzig und zurück

Umwelt­rechtler wissen, es gibt in Deutschland ein Umwelt­recht vor und nach „Trianel“.(Das Urteil des EuGH vom 12.05.2011 finden Sie hier). Anhand des Kohle­kraft­werk­pro­jekts aus Lünen (bzw. mit Bezug dazu) wurden viele Aspekte des deutschen Verwal­tungs­pro­zess­rechts und der Klage­be­fugnis von Umwelt­ver­bänden durch­ex­er­ziert, angefangen von der Schutz­norm­theorie bis hin zur Präklusion und der Beweislast. „The fish cannot go to Court“ und der Vergleich des deutschen Verwal­tungs­pro­zess­rechts zu einem Ferrari, für den man keinen Schlüssel habe und der daher zwar schön, aber nutzlos sei, sind geflü­gelte Aphorismen im Umwelt­recht geworden. Doch es gibt nicht nur Trianel, gegen das weiterhin Verfahren laufen. Es gibt auch noch Datteln IV, das jüngste Kohle­kraftwerk der Republik. 

 

An dieser Stelle wurde bereits ein Kasten Bier darauf verwettet worden, dass der 1.050 MW Monoblock der Uniper doch wohl vor dem Aus stehen würde. Das OVG Münster hatte schließlich mit drei Urteilen vom 26.08.2021 den vorha­ben­be­zo­genen Bebau­ungsplan Nr. 105a für den Block Datteln IV für nichtig erklärt und damit die gemeind­liche Absicht der Stadt Datteln durch­kreuzt, endlich einen wirksamen Bebau­ungsplan für das Kraftwerk aufzu­stellen. Ohne die baupla­nungs­recht­liche Zuläs­sigkeit der Anlage geht es schließlich nicht und diesbe­züglich sah es tatsächlich zuletzt sehr eng aus. Nach Ansicht des OVG Münster sei die regio­nal­pla­ne­rische Stand­ort­fest­legung fehlerhaft gewesen. So hat das OVG angenommen, dass der Suchraum für alter­native Standorte auf den gesamten Zustän­dig­keits­be­reich des Regio­nal­ver­bands Ruhr zu erstrecken sei. Man hätte also auf einer viel größeren Fläche nach einem Standort für ein Kraftwerk suchen müssen. Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt in Leipzig ist dem nun nicht gefolgt und hat die angefoch­tenen Urteile mit Urteilen vom 07.12.2023 aufge­hoben und die Sache zur ander­wei­tigen Verhandlung und Entscheidung an das OVG zurück­ver­wiesen. Aus Sicht der Leipziger Bundes­richter habe das OVG den Bebau­ungsplan mit rechtlich nicht tragfä­higen Erwägungen für unwirksam erklärt. Damit hat sich Datteln IV – ein wenig wie Baron Münch­hausen – am eigenen Schopfe aus dem Sumpf gezogen. Ein Klage­ver­fahren gegen die immis­si­ons­schutz­recht­liche Geneh­migung von 2017 beim OVG Münster gibt es indes auch noch. Dieses ruhte jedoch im Hinblick auf das Verfahren vor dem Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt. Wie es also mit Datteln IV weitergeht, bleibt abzuwarten (genauso wie die schrift­lichen Urteils­gründe des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts). Es ist inzwi­schen jedoch gut möglich, dass das Kraftwerk doch noch – wie geplant – bis 2038 laufen wird.

Zum Jahres­anfang

Neues Spiel neues Glück“ heißt nicht nur beim „Onboarding“ als neuer Partner in einer bestehenden Einheit (oder beim allsonn­täg­lichen NDR-BINGO), sondern auch alljährlich beim Blick nach Berlin und Brüssel (bzw. Straßburg). Neben natio­nalen Haushalts­fragen in Folge des Urteils des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts zur Nichtigkeit des Nachtrags­haus­halts 2021 (Urteil vom 15. November 2023 – 2 BvF 1/22 –), die sich nun auch aufgrund der aktuellen Hochwas­serlage (insbe­sondere in Nieder­sachsen) stellen, drängen nach der Ruhe zwischen den Jahren andere Themen wieder nach vorn.

Bild mit Feuerwerk
Mit jedem neuen Jahr näheren wir uns immer weiter den festge­legten Fristen an, die nicht einfach – wie es so oft Anwalts­masche ist – in letzter Sekunde mit einem Dreizeiler per beA auskömmlich verlängert werden könnten. Zu denken ist hier an die Frist des Jahres 2027 im Hinblick auf die Umsetzung der Wasser­rah­men­richt­linie, bei der die erwartbare Zielver­fehlung auf natio­naler Ebene dann auch auf den jewei­ligen Gewäs­ser­be­nutzer hinun­ter­wirken wird und hier schlimms­ten­falls ein neues „Anlagen­zu­las­sungs­recht“ droht.

Lichtet sich der Rauch des Neujahrs­feu­er­werks (laut UBA jährlich rund 2.050 Tonnen Feinstaub), dämmert uns umso klarer, dass nur noch wenige Jahre bleiben bis zum Frist­ablauf hinsichtlich der Errei­chung des Ziels des „Net Zero“, also der Klima­neu­tra­lität bis 2050 (bzw. in Deutschland 2045). Das Oberver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Berlin-Brandenburg hat zuletzt mit Urteilen vom 30.11.2023 (– 11 A 11/22; 11 A 27/22; 11 A 1/23 –) ausge­führt, dass die ergrif­fenen Maßnahmen zum Klima­schutz im Gebäu­de­sektor und dem Verkehr unzurei­chend sind und die Bundes­re­gierung verur­teilt, zusätz­liche Sofort­maß­nahmen zu beschließen.

Doch auch für Anlagen­be­treiber wird 2024 sicherlich ein spannendes Jahr. In Sachen IED-Novelle endete der Trilog zwischen EU-Parlament, Rat und Kommission 28.11.2023 mit einer vorläu­figen politi­schen Einigung.

Mit der Novelle der IED geht es für rund 50.000 große Indus­trie­an­lagen in Europa um erwei­terte Anfor­derung, angefangen von der Imple­men­tierung eines Umwelt­ma­nage­ment­systems und dem Erstellen eines Trans­for­ma­ti­ons­plans bis hin zu Verschär­fungen der Emissionsgrenzwerte.

Während die Verband­seite (z.B. BDI und VCI) bereits klare Bedenken geäußert hat, die Verschärfung der Emissions-Vorgaben kriti­siert und gestei­gerten bürokra­ti­schen Aufwand und eine Verlän­gerung (der auch bisher eher überlangen) Geneh­mi­gungs­ver­fahren befürchtet, ist die Bundes­re­gierung (zumindest nach letztem Kennt­nis­stand) wohl noch dabei, sich über Einzel­fragen der geplanten Überar­beitung IED intern abzustimmen. (Dirk Buchsteiner)

2024-01-04T19:59:38+01:004. Januar 2024|Allgemein, Immissionsschutzrecht, Industrie, Wasser|