BVerwG: Keine vollendeten Tatsachen durch „erledigten“ B‑Plan

Die Mühlen der Verwaltung und Justiz mahlen oft so langsam, dass sich in der Zwischenzeit so mancher Streit eigentlich schon von alleine erledigt. Das wird zum Teil im Verwal­tungs­pro­zess­recht selbst berück­sichtigt. Beispiels­weise gibt es die sogenannte Fortset­zungs­fest­stel­lungs­klage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Bei ihr geht es darum, dass sich das Vorgehen gegen einen Verwal­tungsakt vor der Entscheidung des Gerichts durch Zurück­nahme oder anders erledigt hat. Recht häufig ist das bei Maßnahmen im Polizei- und Ordnungs­recht der Fall, etwa bei einem Platz­verweis oder einer Abriss­ver­fügung. Um die Recht­mä­ßigkeit der Maßnahme trotz Erledigung der Anordnung noch prüfen zu können, ist es unter Umständen möglich, die Klage von der Anfechtung der Anordnung auf die Feststellung ihrer Recht­wid­rigkeit umzustellen. Dies ist wegen der Subsi­dia­rität der Feststel­lungs­klage nur dann zulässig, wenn es dafür gute Gründe gibt, namentlich Wieder­ho­lungs­gefahr, ein Rehabi­li­ta­ti­ons­in­teresse oder die Verfolgung von Schadens­er­satz­an­sprüchen wegen Amtshaftung.

Aktuell hatte das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) über einen Normen­kon­troll­antrag eines Umwelt­ver­bandes gegen einen vorha­ben­be­zo­genen Bebau­ungsplan zu entscheiden. Auch hier hatte sich der Streit­ge­gen­stand, also der B‑Plan, sozusagen „erledigt“, weil das Vorhaben, der Bau einer Therme in Lindau am Bodensee, inzwi­schen ganz weitgehend fertig­ge­stellt worden war. Daher war der für den Normen­kon­troll­antrag erstin­stanzlich zuständige Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof (VGH) zunächst entschieden, dass das Rechts­schutz­be­dürfnis fehle. Dadurch sei der Antrag nachträglich unzulässig geworden.

Für die Kläger natürlich ein schwer zu akzep­tie­rendes Ergebnis. Daher hatten sie beim BVerwG auch Berufung eingelegt. Damit hatten sie Erfolg, denn das BVerwG verwies darauf, dass jeden­falls die Möglichkeit einer erneuten Bauleit­planung bestünde. Bei einem Erfolg des Normen­kon­troll­an­trags könne der Umwelt­verband auf eine Neuplanung hinwirken und die Erkennt­nisse aus dem gericht­lichen Verfahren einbringen. Daher wurde die Sache an den VGH zurück verwiesen. (Olaf Dilling)

 

2023-01-25T18:22:33+01:0025. Januar 2023|Verwaltungsrecht|

Dezem­ber­hilfe: Pech mit den Nachbarn?

Mit Nachbarn kann man Pech haben: Zum Beispiel können Nachbarn Tuba spielen. Oder sie sind sehr klein und haben oft Koliken. Dass man weniger Geld bekommt, weil die Nachbarn ein Büro betreiben, das ist aber eher exotisch. Und doch befürchten dies aktuell viele Mieter:

Das Erdgas-Wärme-Sofort­hil­fe­gesetz (EWSG) gewährt Entlas­tungen für den Dezember 2022 Kunden, deren Jahres­ver­brauch weniger als 1,5 GWh beträgt. Ausnahmen gelten aber, wenn der Großkunde – etwa ein Vermieter – Erdgas weit überwiegend im Zusam­menhang mit der Vermietung von Wohnraum oder als WEG bezieht. Oder Wärme im Zusam­menhang mit der Vermietung von Wohnraum oder als Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­sell­schaft bezogen wird.

Free City Architecture photo and picture

Wohnt nun ein Mieter in einem Gebäude, in dem sich ansonsten überwiegend Gewer­be­räume befinden, hat er nach dem Geset­zes­wortlaut also Pech: Danach geht es um den Vertrags­partner des Versorgers, also den Vermieter, und der erfüllt das genannte Kriterium eben nicht. Der Mieter würde also in der Konse­quenz leer ausgehen.

Dies aber kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Hier ist die Norm sinnvoll nach Sinn und Zweck zu reduzieren. Die bezogenen Mengen müssen also sinnvoll aufge­teilt werden, was insofern nicht einfach ist, als dass es meistens keine monats­scharfen Messwerte bezogen auf die einzelnen Verbrauchs­ein­heite gibt. Immerhin: Auch das Minis­terium scheint das so zu sehen (Miriam Vollmer).

2023-01-25T01:46:43+01:0025. Januar 2023|Energiepolitik, Gas, Wärme|