Urteil gefällt, Eiche bleibt!

In Berlin-Mitte tobt seit einiger Zeit ein verwal­tungs­ge­richt­licher Kampf: Die Protago­nisten sind eine 220 Jahre alte Eiche und eine Tiefgarage, der sie Platz machen soll. Nun, hinter der Tiefgarage steht ein Hamburger Investor und hinter der Eiche eine Nachbar­schaft in der Dresdner Straße an der Grenze zwischen den Bezirken Mitte und Fried­richshain-Kreuzberg, genau dort, wo vor gut einer Generation noch die Mauer die Kieze trennte.

Juris­tisch ist die Sache eigentlich nicht so schwer: Der Investor hat als Eigen­tümer ein Baurecht und kann sich auf die Ausnahme nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 4 BaumSchVO berufen. Bei einem ansonsten zuläs­sigen Bauvor­haben, für das die Fällung des Baumes die Voraus­setzung ist, könnte die sonst zulässige Nutzung des Grund­stücks nicht oder nur unter wesent­lichen Beschrän­kungen verwirk­licht werden. In diesem Fall ist eine Ausnahme von dem ansonsten nach § 4 Abs. 1 BaumSchVO bestehenden Fällverbot zu gewähren. Die entspre­chende Geneh­migung erfolgt bei geneh­mi­gungs­pflich­tigen Bauvor­haben zugleich mit der Bauge­neh­migung durch die dafür zuständige Behörde.

Inzwi­schen hat auch die Berufungs­in­stanz, also das Oberver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Brandenburg vor wenigen Tagen entschieden, dass der Baum gefällt werden darf. Die Mitglieder der Bürger­initiative hat das nicht überzeugt. Sie sind weiterhin der Meinung, dass der alte Baum schon zur Bewahrung eines angenehmen Stadt­klimas nicht weichen darf. Zumal es um eine Tiefgarage geht, in der nur sechs Pkws Platz finden. Zur Fällung blieben nur wenige Tage, da Anfang März die Schonzeit aufgrund des Vogel­schutzes anfängt und eine Fällung vorher erfolgen müsste.

Nun gab es eine Art „Plot-Change“, also eine unvor­her­ge­sehene Wendung der Geschichte: Der Investor soll – nachdem der Protest erheb­liche Resonanz auch in der überre­gio­nalen Presse gefunden hat – inzwi­schen mitge­teilt haben, dass der Baum nun doch nicht gefällt werden soll. Das zeigt, dass Fälle nicht immer nur vor Gericht entschieden werden. Warum die Entscheidung des Investors erst kurz nach Obsiegen in der Berufung fiel, ist unklar, könnte aber an strate­gi­schen Überle­gungen hinsicht­liche der Verfah­rens­kosten liegen. (Olaf Dilling)

2023-02-27T19:55:12+01:0027. Februar 2023|Naturschutz, Rechtsprechung|

Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt: Gewer­be­miete und Höchst­grenzen nach dem EWPBG

Die mit heißer Nadel gestrickten Preis­bremsen werfen täglich neue Fragen auf. Ganz aktuell etwa stellen sich Vermieter von Gewer­be­im­mo­bilien die Frage, wie sie bei den Höchst­gren­zen­be­rech­nungen vorgehen sollen. Für Wohnraum­ver­mieter ist die Sache bei der Erdgas-Wärme­preis­bremse (EWPBG) nämlich klar: Nach § 26 Abs. 9 i. V. m. Abs. 1 EWPBG, der auf die §§ 3 und 5 EWPBG verweist, sind die Entlas­tungen, die als Heizkosten an Wohnungs­mieter weiter­zu­geben sind, bei den Höchst­men­gen­be­rech­nungen nicht einzu­be­ziehen. Wohnraum­ver­mietung unter­fällt nämlich immer § 3 EWPBG wegen dessen S. 3 Nr. 2.

Für Gewer­be­flächen gilt das aber nur, wenn die Entnah­me­stelle weniger als 1,5 GWh pro Jahr bezieht. Im Umkehr­schluss muss das also heißen: Wer Gewer­be­im­mo­bolien vermietet und verhält­nis­mäßig viel Erdgas bezieht, muss die Entlastung bei den Höchst­grenzen einbe­ziehen. Für Gwerbe­im­mo­bilien mit weniger Verbrauch gilt das aber nicht. So weit, so wenig widerspruchsfrei.

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Gänzlich sonderbar stellt sich die Lage nun dar, betrachtet man die Strom­preis­bremse. Diese hat nämlich eine ganz ähnliche Regelung, sie befindet sich in § 12a Abs. 9 StromPBG. Auch hier wird angeordnet, dass Entlas­tungen, die an Mieter weiter­ge­reicht werden müssen, nicht die Höchst­gren­zen­be­rechnung des Vermieters einfließen. § 12a Abs. 1 StromPBG indes verweist nicht nur auf Netzent­nah­me­stellen, an denen wenig Strom entnommen wird oder die zu Wohnraum­ver­mietern gehören. Sondern diffe­ren­ziert an dieser Stelle nicht.

Nun mag dem eine gewisse Logik zugrun­de­liegen, weil Erdgas und Wärme oft zentral bezogen werden, Strom aber nicht. Doch auch auf den zweiten Blick bleibt die Ausge­staltung dieser Regelungen bemer­kenswert inkonsistent.

Und so, sehr geehrtes Publikum, geht es uns mit den Preis­bremsen praktisch täglich (Miriam Vollmer)

2023-02-24T19:33:19+01:0024. Februar 2023|Energiepolitik|

Gaspreis­bremse: Unklar­heiten bei der Berechnung des Differenzbetrages

Das Erdgas-Wärme-Preis­brem­sen­gesetz  (EWPBG) ist vom Gesetz­geber gut gemeint. Und gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut gemacht. Praktiker und Juristen, die das Gesetz in kurzer Zeit anwenden müssen stehen hier im Einzelfall vor einigen Fragen und Ungereimtheiten.

Da ist zum Beispiel die Berechnung des Diffe­renz­be­trages nach § 9 EWPBG. Der Diffe­renz­betrag ist die zentrale Stell­größe, um Letzt­ver­braucher vor steigenden Energie­kosten zu schützen. Die Berechnung des Diffe­renz­be­trags gemäß § 9 Abs. 2 – 4 EWPBG bezweckt, Letzt­ver­braucher vor steigenden Energie­kosten zu schützen, einen wirksamen Wettbewerb zwischen Anbietern zu gewähr­leisten, insbe­sondere dass die Kunden einen Anreiz haben, Anbieter mit wettbe­werbs­fä­higen Preisen zu wählen, und einen Missbrauch der Entlas­tungs­re­gelung zu verhindern.

Der Diffe­renz­betrag ergibt gem. § 9 Abs. 2 EWPBG sich für einen Kalen­der­monat aus der Differenz zwischen dem für die Belie­ferung der Entnah­me­stelle für den ersten Tag des Kalen­der­monats verein­barten Arbeits­preis und dem Referenz­preis nach § 9 Abs. 3 EWPBG. Die ausdrück­liche Bezug­nahme auf den am „ersten Tag des Kalen­der­monats verein­barten“ Arbeits­preis deutet daraufhin, dass Preis­an­pas­sungen des Energie­ver­sorgers die unter­mo­natlich erfolgen, sich auf die Berechnung nicht auswirken. Erhöht der Versorger zum 15. des Monats den Liefer­preis, bleibt diese Erhöhung demnach unberück­sichtigt. Ob dies Absicht des Gesetz­gebers war oder lediglich übersehen wurde, dass Preis­an­pas­sungen zwar in der Praxis üblicher­weise zum 01. eines Monats erfolgen, dies aber nicht zwingend ist – wir wissen es nicht. Die Geset­zes­be­gründung geht hierauf nicht ein. Im Bereich der Ersatz­ver­sorgung nach § 38 EnWG ist eine Preis­an­passung zum 01. und 15. des Monats sogar gesetzlich vorge­schrieben. Der § 9 EWPBG berück­sichtigt das jedoch nicht.

(Christian Dümke)

2023-02-24T19:39:33+01:0024. Februar 2023|Allgemein|