Der Gesetzgeber produziert derzeit Normen fast wie am Fließband, um der Energiekrise Herr zu werden. Vorgestern trat eine weitere Rechtsversordnung in Kraft, die sich zumindest hinsichtlich der Kompliziertheit ihrer Bezeichnung auf einen weit vorderen Platz gebracht hat: Die
Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – EnSikuMaV.
Die EnSikuMaV regelt Maßnahmen zur Energieeinsparung im Gebäudebereich
für einen Zeitraum von sechs Monaten vom 1. September 2022 bis zum 28. Februar 2023. Sie wurde gemeinsam mit einer Verordnung über mittelfristig wirksame Effizienz- und Energieeinsparmaßnahmen (EnSimiMaV) erlassen, die ab dem 1. Oktober 2022 über zwei Jahre gelten soll und deshalb der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
Neben zahlreichen Vorschriften für Gebäudeeigentümer enthält die Rechtsverordnung in § 9 auch eine neue Informationspflicht für Gaslieferanten und Wärmeversorger, die bereits bis zum 30. September 2022 erfüllt werden muss.
Gas- und Wärmelieferanten, die Eigentümer von Wohngebäuden oder Eigentumswohnungen oder Nutzer von Wohneinheiten als Endkunden leitungsgebunden mit Gas oder Wärme beliefern, müssen diesen Letztverbrauchern bis zum 30. September 2022 folgende Informationen mitteilen:
Informationspflichten
1. Informationen über den Energieverbrauch und die Energiekosten des Gebäudes oder der Wohneinheit in der letzten vorangegangenen Abrechnungsperiode,
2. Informationen über die Höhe der voraussichtlichen Energiekosten des Gebäudes oder der Wohneinheit für eine vergleichbare Abrechnungsperiode unter Berücksichtigung des am 1. September 2022 in dem jeweiligen Netzgebiet geltenden Grundversorgungstarifs für Erdgas auf Basis des Grund- und Arbeitspreises, berechnet unter Zugrundelegung des Energieverbrauchs der letzten vorangegangenen Abrechnungsperiode und
3. Informationen über das rechnerische Einsparpotenzial des Gebäudes oder der Wohneinheit in Kilowattstunden und Euro unter Heranziehung der Annahme, dass bei einer durchgängigen Reduktion der durchschnittlichen Raumtemperatur um 1 Grad Celsius eine Einsparung von 6 Prozent zu erwarten ist.
Herausforderungen
Es handelt sich dabei erkennbar um keine Informationen, die bei den Versorgern direkt vorhanden wären. Verlangt werden individuelle Berechnungen, bezogen auf jeden betroffenen Kunden. Schon für die Vergleichsberechnung nach Ziffer 2 muss zunächst der örtliche Grundversorgungstarif erhoben werden.
Können diese Informationen innerhalb der Frist nicht zur Verfügung gestellt werden, sind die Informationen nach Satz 1 auf der Grundlage typischer Verbräuche unterschiedlich großer Gebäude oder Haushalte mitzuteilen. Die individualisierte Mitteilung nach Satz 1 ist dann spätestens bis zum 31. Dezember 2022 zu versenden.
Ziele
Ziel der Regelung ist es laut Verordnungsbegründung, dass Energie- oder Wärmeversorger ihre Abnehmer sowie Ver-mieter von Wohnräumen ihre Mieter auf die gestiegenen Energiepreise aufmerksam machen und zu Energieeinsparmaßnahmen oder zu einer Verbrauchsreduktion anregen. In beiden Fallkonstellationen sollen die Mitteilungen möglichst konkret auf die Situation und den Verbrauch der Adressaten zugeschnitten sein, um einen wirksamen Impuls zur Energieeinsparung zu setzen. Der Grundgedanke der Regelung ist, dass eine allgemeine Verbraucherinformation zu den gestiegenen Energiepreisen, die an einen unbestimmten Teilnehmerkreis gerichtet ist, eine geringere Aufmerksamkeit und ein weniger ausgeprägtes Verbrauchsbewusstsein bewirken wird als eine gezielte Ansprache. Die Informationen sind so bestimmt, dass sie den größtmöglichen verhaltenslenkenden Einfluss auf die Endkunden haben, ohne diese mit Hinweisen zu überfrachten.
Der gesamte Erfüllungsaufwand der Wirtschaft für die Erfüllung der Informationspflicht nach § 9 Absatz 1 wird vom Gesetzgeber ausweislich der Verordnungsbegründung mit 161.066.709 Euro kalkuliert, der sich aus den Sachkosten und den Lohnkosten für 4.054.739 Stunden ergäbe.
(Christian Dümke)
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