Klima & Emissionshandel: Was für ein Jahr!
Heute in zwei Wochen knallen dieses Jahr zwar keine Böller, aber immerhin – hoffentlich – die Sektkorken: Mit 2021 geht ein Jahr zuende, das die meisten Menschen als anstrengend empfunden haben. Doch 2021 wird nicht nur als das zweite Coronajahr in die Geschichte eingehen. Auch für das Klimaschutzrecht ist 2021 ein Jahr, das in Erinnerung bleibt.
# Ein Neustart stand schon vor Jahresbeginn fest: Inzwischen läuft die 4. Handelsperiode des EU-Emissionshandels. Während in der vorangegangen 3. Handelsperiode der Minderungspfad noch 1,74% pro Jahr betrug, sind es nun 2,2%. Neben der Gesamtemission sinken auch die kostenlosen Zuteilungen. Viele Detailregelungen wurden verschärft (hierzu mehr hier, hier, hier, etc. pp.). Insofern haben alle Marktbeobachter höhere Preise erwartet, aber dass eine Emissionsberechtigung nun über 90 EUR kostet, darauf hätte niemand gewettet und kaum jemand hat diese Entwicklung erwartet.
# Eine an sich aufregende Premiere lief dagegen weitgehend lautlos ab: 2021 ist das erste Jahr, in dem CO2 auch außerhalb des EU-Emissionshandels bepreist wird. Das Brennstoff-Emissionshandelsgesetz (BEHG) belegt CO2 v. a. aus Benzin, Diesel, Erdgas und Heizöl mit 25 EUR. 2022 muss erstmals von den Lieferanten an die Deutsche Emissionshandelsstelle abgeführt werden. Und immer noch haben nicht alle Unternehmen die Weitergabe der Preise vertraglich umgesetzt (hierzu mehr hier).
# Einen weiteren Meilenstein des Klimaschutzrechts haben wohl wenige so klar erwartet: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit seinem Klimabeschluss vom 24. April 2021 nicht nur das Klimaschutzgesetz für unzureichend erklärt, sondern einen Anspruch auf faire Verteilung der verbleibenden Emissionen zwischen den Generationen formuliert, der noch einigen Sprengstoff bietet. Der bequeme Weg, Belastungen in der Hoffnung auf technische Innovationen in eine ungewisse Zukunft zu verlagern, ist seitdem jedenfalls versperrt. Zusammen mit dem EU-Klimaschutzrecht steht damit fest: Ob das Klima wirksam geschützt wird, ist nicht nur eine politische Forderung, Klimaschutz per Gesetz kann – unabhängig von Regierungsmehrheiten – eingeklagt werden (hierzu mehr hier).
# Apropos Regierungsmehrheiten: Die Ampel hat klimaschutzpolitisch große Pläne. Die Erneuerbaren sollen ausgebaut werden und 2030 80% des Stroms liefern. Um dies zu realisieren soll eine Vielzahl von Detailregelungen Hindernisse beseitigen, u. a. im Planungs- und Genehmigungsrecht, bei ausgeförerten Anlagen, durch Erhöhung der Ausschreibungsmengen und mehr dezentrale Lösungen. Gaskraftwerke sollen gebaut, Kohlekraftwerke stillgelegt werden. Da braucht es nicht einmal mehr den vielfach erwarteten höheren CO2-Preis um zu kostantieren: In den nächsten Jahren ist in der Branche mächtig was los (hierzu mehr hier).
# Doch egal, was die neue Regierung plant. Die Musik im Klimaschutzpolitik spielt längst in Brüssel. Auch hier gehen von 2021 Impulse aus, die die nächsten Jahre prägen werden. Das unter dem Schlagwort #Fitfor55 am 14. Juli2 2021 von der Kommission vorgestellte Paket von insgesamt 14 Neuregelungen wird nahezu jeden Aspekt des Klimaschutzrechts verändern: Der EU-Emissionshandel soll statt 43% Emisisonsminderung durch die emissionshandelspflichtigen Anlagen stattliche 62% beitragen, die kostenlosen Zertifikate werden selbst für die Industrie drastisch reduziert (hierzu mehr hier). Der Schutz der Industrie vor Abwanderung soll künftig durch einen Grenzsteuermechanismus geleistet werden (hierzu mehr hier). Der bisher nationale Emissionshandel für Benzin, Erdgas etc. wird europäisiert (hierzu mehr hier). Im Gebäudebereich wird mehr Effizienz erwartet (hierzu mehr hier). Die Erneuerbaren Energien sollen über eine weitere Reform der Richtlinie schneller als bisher vorgegeben ausgebaut werden (hierzu mehr hier).
Es ist also mächtig viel Bewegung im Klimaschutzrecht. Längst ist Klima nicht mehr ein Nischenthema, sondern Treiber tiefgreifender Umwälzungen, denen sich einzelne Unternehmen nicht mehr entziehen können. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass sich das in den nächsten Jahren nicht ändern wird. Wir jedenfalls werden auch 2022 die Entwicklungen verfolgen, Umsetzungen begleiten, Projekte beraten, notfalls vor Gericht die Interessen unserer Mandantschaft vertreten und hoffen, Sie bleiben uns – als Mandantschaft oder auch als Leserinnen und Leser dieses Blogs – verbunden.
Wir melden uns im Blog zurück am 3. Januar 2022. Passen Sie in der Zwischenzeit gut auf sich auf. Unser Büro ist durchgängig besetzt, wenn es irgendwo brennt.