Naturschutzrecht: Übernachtung am Bootssteg
Die Rechtsprechung setzt bekanntlich in gewisser Weise die Arbeit des Gesetzgebers im Detail fort. Denn wie alle sprachlichen Äußerungen weisen auch Gesetze nicht Interpretationsspielräume auf, die von Gerichten geschlossen werden müssen. Das passiert in der Regel schrittweise, so dass sich Gerichtsentscheidungen mitunter wie Fortsetzungsgeschichten lesen.
Zum Beispiel hatten wir vor einiger Zeit über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin berichtet: Eine gewerbliche Vermietung von Hausbooten quasi als Hotel oder Ferienwohnung war am Wannsee verboten worden. Jedenfalls solange keine gültige Baugenehmigung vorliegt. Dies mit der naheliegenden Begründung, dass ansonsten im ansonsten geschützten Außenbereich und an Seeufern das Baurecht durch dauerhaft bewohnte Boote umgangen werden könnte. Schon damals war unklar, wie sich diese Rechtsprechung das auf das Übernachten in Haus- und Kajütbooten auswirkt.
Inzwischen gibt es einen neuen Fall, der ebenfalls am Wannsee spielt: Diesmal ging es um die Genehmigung der Sanierung einer Steganlage für Sportboote. Das zuständige Bezirksamt war dem nur unter einer Auflage nachgekommen: Nur solange das Übernachten in Booten untersagt bleibt, da sonst der Gewässerschutz das Nachsehen habe. Dagegen hat der Sportverein geklagt, da die gelegentliche Übernachtung in Booten. Gerade bei Kajütbooten sei dies „zwingend“. In der 140 jährigen Geschichte der Steganlage habe es nie ein solches Verbot gegeben.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat daraufhin entscheiden, dass zumindest ein absolutes Verbot rechtswidrig sei. Zumindest Übernachtungen von 1 bis 2 aufeinanderfolgenden Nächten und ausnahmsweise längere Übernachtungen von 4 bis 5 aufeinanderfolgenden Nächten während Regatten müssten möglich sein. Allerdings müsse ein Sportboot vorrangig und nicht nur ausnahmsweise für Ausfahrten benutzt werden. Die Nutzung von Sportbooten zum längeren Übernachten verändere den Charakter der Anlage und mache sie unzulässig.
Tatsächlich wird durch die Entscheidung klarer, wo die Grenze zwischen zulässigen, da naturverträglichen und zum Sport gehörenden Übernachtungen und unzulässigem Dauercamping auf dem Wasser liegt (Olaf Dilling).