Die Zuteilung von Emissionsberechtigungen beruht aktuell wie künftig auf lange vergangenen Zeiträumen. Schon deswegen kommt es oft vor, dass sich zwischenzeitlich die Emissionen einer Anlage deutlich ändern, beispielsweise durch Zubau. Oder es kommen Kunden dazu oder springen ab.
In der aktuell laufenden dritten Handelsperiode hat das Emissionshandelsrecht auf die Herausforderungen, die mit einer Anpassung verbunden sind, eine einzigartig komplizierte Lösung gefunden. Dass diese Regelungen nicht in die vierte Handelsperiode, also die Jahre ab 2021 bis 2030, perpetuiert werden, ist für alle Beteiligte eine Erlösung. Statt dessen hat der EU-Richtliniengeber in Artikel 10a Absatz 20 der Emissionshandelsrichtlinie 2003/87/EU vorgesehen, dass bei Veränderungen der Produktion von mindestens 15% nach oben oder unten auch die Zuteilung von Emissionsberechtigungen angepasst wird. Die Details sollte eine Verordnung regeln, nunmehr in Kraft als Durchführungsverordnung 2019/1842.
Was hat der Verordnungsgeber uns nun beschert?
* Naturgemäß bezieht sich die Anpassung der Zuteilung von Emissionsberechtigungen jeweils auf die einzelnen Zuteilungselemente.
* Ausgangspunkt der Berechnung, ob 15% oder mehr Veränderung vorliegt, ist die Aktivitätsrate, die jeweils – also bemessen am jeweiligen Zuteilungszeitraum – der Zuteilung zugrunde liegt.
* Vergleichsgröße ist die „durchschnittliche Aktivitätsrate. Diese beruht auf den Produktionszahlen aus zwei Kalenderjahren. Erwägungsgrund 7 enthält eine missverständliche Formulierung, nach der das eine Jahr der durchschnittlichen Aktivitätsrate stets das erste Jahr der Zuteilungsperiode (also initial 2021) wäre, tatsächlich geht es um die zwei Jahre vor der Anpassung der Zuteilung auf Basis der Berichterstattung im Rahmen der bekannten Mitteilungen zum Betrieb, Art. 2 Nr. 1 der DVO 2019/1842.
* Die jährlichen Mitteilungen zum Betrieb sind künftig zu verifizieren. Wer nichts (oder erkennbar Unrichtiges) vorlegt, wird geschätzt.
* Beträgt die Differenz zwischen der historischen Aktivitätsrate, die der Zuteilung zugrunde liegt, und der Aktivitätsrate in den jeweils letzten zwei Jahren 15% oder mehr, wird die Zuteilung von EUAs in dem Verhältnis verringert oder erhöht, wie es der Veränderung der Produktion entspricht, also nicht in Stufen, wie es mal im Gespräch war, sondern exakt.
* Es gilt eine Mindestgrenze von 100 Zertifikaten für eine Veränderung im Jahr.
* Eine unter Umständen schwierige Regelung enthält Art. 5 Abs. 3 der DVO: Wenn eine Zuteilung einmal angepasst worden ist, dann aber die Zuteilung wieder in einen Korridor von 15% plus/minus ausgehend von der historischen Produktion zurückkehrt, fällt die Zuteilung auf das Ursprungsniveau zurück. Das kann bedeuten: 2022 und 2023 ergeben sich 16% mehr, 2024 erhält das Unternehmen eine Anpassung. 2025 stellt sich auf Basis von 2023 und 2024 heraus, dass die Abweichung nur noch 14% beträgt, worauf nicht 1% der Mehrzuteilung verloren geht, sondern die gesamte Anpassung. Hier stellt sich durchaus die Frage, ob dies von der Richtlinie eigentlich so gedeckt sein kann.
* Gab es schon eine Anpassung, wird nur noch dann weiter angepasst, wenn jeweils mehr als 5% weitere Veränderungen der Produktion stattgefunden haben.
* Neue Anlagen bekommen in den ersten beiden Jahren Zertifikate auf Basis der Aktivitätsrate des Zuteilungsjahres, ab dem dritten auf den Vorjahren. Ab dem vierten wird nach der 15%-Regel angepasst.
* Negative Änderungen der Aktivitätsraten bei Zuteilungselementen auf Basis von Wärme oder Brennstoff werden nicht nach unten angepasst, wenn die Senkung auf gestiegene Energieeffizienz zurückzuführen ist.
* Art. 6 Absatz 2 der DVO 2019/1842 enthält Sprengstoff. Hiernach kann die Behörde unter bestimmten Umständen bei Zuteilungselementen mit Wärme- und Brennstoffbenchmark die Anpassung verweigern, obwohl mehr produziert wurde.
Wie die Regelungen sich im Ergebnis konkret auswirken, muss anhand des Einzelfalls geprüft und bewertet werden. Wenn Sie Auslastungs- oder Anlagenänderungen schon heute absehen können, sollten Sie schon heute eine zumindest grobe Einschätzung vornehmen, womit Sie rechnen dürfen oder müssen (Miriam Vollmer).
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