Nachdem Italien vor wenigen Wochen Fußball-Europameister wurde, erscheint es nur passend den Blick noch ein bisschen länger auf dem Land im Süden Europas zu lassen und die dortige Energiewende etwas näher zu betrachten. Denn wie wir bereits festgestellt haben, ist Deutschland nicht das einzige Land, welches eine solche betreibt.
Italien ist aufgrund des Super GAUs in Tschernobyl bereits 1987 via Volksentschied aus der Atomenergie ausgetreten. Als die Italiener dann gut zwei Jahrzehnte später schließlich zu einem Wiedereintritt bereit waren, ereignete sich die Atomkatastrophe in Fukushima, woraufhin bei einem erneuten Volksentscheid knapp 98 % der Wähler gegen einen solchen Wiedereintritt in die Atomenergie stimmten. Seitdem ist Atomkraft in Italien vermutlich Geschichte. Und auch Kohlekraft ist in Italien bald Schnee von gestern: der Anteil des Kohlestroms liegt bei unter 10 % und der Austritt ist bereits für die Zeit zwischen 2025 und 2030 angekündigt. Außerdem stammen 34 % des erzeugten Stroms in Italien inzwischen aus Erneuerbaren Energien. Bis zum Jahr 2030 sollen schließlich 55 % der erzeugten Energie durch erneuerbare Energiequellen gedeckt werden. Mehr als jedes andere Land deckt Italien seinen Energiebedarf aus Sonnenenergie: 7,5 Prozent des nationalen Verbrauchs kommen aus der Produktion der Sonnenkollektoren. Was auf den ersten Blick wirklich grün aussieht, verliert auf den zweiten Blick jedoch leider an Glanz, denn: Öl und Gas machen in Italien noch immer einen Anteil von mindestens 50 % am Strommix aus, ein großer Teil dieses Stroms wird importiert. Außerdem befinden sich aktuell 8 Gaskraftwerke im Bau, die jedoch nach ihrer Fertigstellung Energie nur auf Abruf bereitstellen sollen, um die Sicherheit der italienischen Stromversorgung zu gewährleisten, da insbesondere der steigende Anteil an erneuerbaren Energien zu Schwankungen in der Stromversorgung führen kann.
Ein großes Problem in Italien ist der Plastikmüll – sowohl im Meer, als auch an Land. Viele Regionen in Mittel- und Süditalien verfügen über keine Müllverbrennungsanlagen – geschweige denn über Recyclingkapazitäten. Um also Plastik unattraktiver zu machen und dadurch einzusparen, wollte die italienische Regierung bereits Mitte 2020 eine sog. „Plastic Tax“ – eine Besteuerung bestimmter Kunststoff-Einwegprodukte – einführen, deren Start jedoch auf den 01. Januar 2022 verschoben wurde. Ab diesem Tag wird eine Steuer in Höhe von 0,45 EUR für 1 kg Primärkunststoff fällig. Ausgenommen von dieser Abgabe sind Kunststoffverpackungen für medizinische Artikel sowie biologisch abbaubare Kunststoffe. Klingt doch wirklich gut, oder? Die Kritiker einer solchen Plastiksteuer bemängeln, dass eine solche Besteuerung den Anteil schwer oder gar nicht recycelbarer Papier-Kunststoff-Verbunde weiter erhöhen wird, da diese weniger Plastik beinhalten und damit auch weniger besteuert werden – obwohl solche Papier-Kunststoffverbunde durchschnittlich 40 % mehr Material benötigt wird.
Nichtsdestotrotz ist Italien auf einem guten Weg: Der CO2-Ausstoß pro Kopf sank von fast 10 t im Jahr 2008 auf 7,2 t im Jahr 2019. Als Vergleichswert: Der EU-Durchschnitt lag 2019 bei 8,2 t CO2 pro Kopf. Außerdem will die Regierung 55 Milliarden EUR in die Hand nehmen, um den Klimaschutz in Italien voranzubringen. Das Geld soll unter anderem als Prämien für diejenigen eingesetzt werden, die öffentliche Verkehrsmittel anstatt des Autos nutzen oder für Ladenbesitzer, die Lebensmittel und Flüssigkeiten verpackungsfrei verkaufen. Außerdem sollen bis 2030 5 Millionen Elektro-Autos auf den italienischen Straßen unterwegs sein. Auch die notwendige Sanierung von Gebäuden hat die Regierung nicht vergessen: so sollen 110 % der Kosten vom Staat übernommen werden, und zwar mit auf 10 Jahre gestreckten Steuerabschlägen. Außerdem gilt bereits seit einiger Zeit eine „Solarpflicht“ für Neubauten und bei grundlegender Gebäudesanierung. So müssen private Gebäude ihren Strom- oder Wärmebedarf mindestens zu 50 % über Photovoltaik oder Solarthermie selbst decken. Bei Gewerbe und Industrie sind es 40 – 80 %.
(Josefine Moritz)
Unsere anderen Artikel der Reihe Energiewende weltweit finden Sie hier:
Südkorea verkündet ehrgeiziges Ziel
Spanien steigt aus der Kohle aus
Österreichs Weg zu 100 % erneuerbarer Erzeugung
Grønne Omstillin im Staate Dänemark
Irland auch bald energetisch grün
Wie grün ist Costa Rica?
Klimasünder Indien?
Japan – 10 Jahre nach Fukushima
Sehr geehrte Damen und Herren, kann ich in Italien meinen Strom komplett selbst machen, oder bin ich verpflichtet Strom von einem Stromanbieter zu nehmen? Vielen Dank für die schnelle Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Ziereis