Mit der Energiewende beschäftigen wir uns nicht ausschließlich in Deutschland. In unserer Reihe „Energiewende weltweit“ wollen wir über den Tellerrand schauen und die Fortschritte anderer Staaten unter die Lupe nehmen. Heute geht es dafür nach Costa Rica.
Costa Rica ist ein kleines Land in Zentralamerika, kaum größer als die Schweiz. Strände, Vulkane, Regenwald und die exotischsten Tiere: in den zahlreichen Nationalparks und Naturschutzgebieten des Landes sind etwa 5 % der Flora und Fauna dieser Welt beheimatet. Aber auch Costa Rica zählt, ebenso wie Indien, zu den Ländern, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind.
Umso wichtiger erscheinen die bisherigen Fortschritte in der Klimapolitik des Landes. Denn die wirklich gute Nachricht ist: Costa Rica deckt seinen Strombedarf bereits zu 99,6 % aus erneuerbaren Energien. Davon stammen jedoch etwa 78 % einzig und allein aus der Wasserkraft. Damit liegt der Fokus sehr stark auf nur einer Energiequelle, welche einerseits aus ökologischer Sicht nicht ganz unumstritten ist, denn für den Bau neuer Staudämme müssen tausende Hektar Land überflutet und teils ganze Dörfer umgesiedelt werden. Andererseits ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Klimawandel auch zu geringeren Wasserressourcen führen und damit die Stromproduktion vor einige Probleme stellen wird. Daher sollen in Costa Rica in Zukunft Solar- und Windenergie weiter ausgebaut und auch die Kraft des Meeres genutzt werden, um den durch zunehmenden Wohlstand steigenden Energiebedarf des Landes zu decken.
Trotz der nahezu perfekten Stromerzeugung ist Costa Rica klimaschutztechnisch noch nicht am Ziel. Probleme auf dem Weg zur Klimaneutralität bereitet vor allem der Verkehrssektor. Die Zahl der Autos wächst weltweit und mit steigendem Wohlstand des Landes auch in Costa Rica. Inzwischen verfügt fast jeder 5. Einwohner des Landes über ein Auto. Die Folge ist ein wachsender Bedarf an fossilen Rohstoffen und folglich auch ein steigender Ausstoß an CO2-Emmissionen. Ziel der Regierung ist es deshalb den Verkehr zu elektrifizieren – kein einfaches Vorhaben, wenn man bedenkt, dass es im Jahr 2018 gerade einmal 300 Elektro-Autos gab. Erreicht werden soll das Ziel einerseits mittels Steueranreizen und weiteren Vergünstigungen für den Erwerb von Elektro-Autos. So sollen bis 2035 bereits ein Viertel der Fahrzeuge elektrisch betrieben werden, bei Bussen und Taxis werden sogar 70 % angestrebt. Andererseits soll aber auch durch den Ausbau des nicht-motorisierten Verkehrs sowie des öffentlichen Verkehrs „die Nutzung eines Privatwagens weniger attraktiv“ werden. So plant die Regierung elektrisch betriebene Bahnstrecken im Großraum von San José auszubauen, die den Verkehr in der Hauptstadt um die Hälfte reduzieren sollen.
Die Umstellung auf Elektromobilität hat jedoch auch eine „grüne Steuerreform“ zur Folge, wie das Land ankündigt. Denn Costa Rica führte als erstes Land der Welt eine Ökosteuer auf Benzin ein, welche aktuell 12 % der öffentlichen Einnahmen des Staates ausmacht und dann als Einnahmequelle wegfallen würde. Wodurch die Einnahmen ersetzt werden sollen, ist bisher jedoch noch ungeklärt. Dennoch stellt die angestrebte Umstellung auf Elektromobilität einen wichtigen und richtigen Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität dar, die Costa Rica bis spätestens 2050 erreicht haben will.
Dass Costa Rica heute für viele Staaten ein Vorreiter in Sachen Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Arterhaltung ist, war nicht immer so: 1987 war die Abholzung im Land so weit fortgeschritten, dass nur noch 21% der gesamten Fläche mit Wald bedeckt waren. Viehwirtschaft und Ackerbau, gepaart mit Profitgier, hätten die Artenvielfalt des Landes beinahe zerstört. Die Regierung erkannte dies jedoch noch rechtzeitig und nutzte eine Krise in der Rinderzucht und bezahlte Bauern dafür, dass diese Teile ihrer Weidefläche aufforsteten, sodass heute etwa 54 % des Landesfläche wieder bewaldet sind. Bis 2030 soll die Waldfläche auf 60 % weiter anwachsen.
Costa Rica erreicht damit den ersten Platz auf dem Sustainable Development Index (SDI). Dieser Index soll als Weiterentwicklung des Human Development Index (HDI) nicht nur Bewertungen des Einkommens, der Lebenserwartung und der Bildungsjahre einfließen lassen, sondern auch den materiellen Fußabdruck des Landes und die Treibhausgasemissionen.
Costa Rica ist also tatsächlich auf einem sehr guten Weg so grün zu werden wie die Pflanzenvielfalt des Landes es vermuten lässt.
(Josefine Moritz)
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