Der Entwurf der Brenn­stoff­emis­si­ons­han­dels­ver­ordnung (BEHV)

Endlich: Das Bundes­um­welt­mi­nis­terium (BMU) hat den Referen­tenwurf für zumindest zwei Verord­nungen zum (nun doch noch nicht geänderten) Brenn­stoff­emis­si­ons­han­dels­gesetz (BEHG) vorgelegt: Einen Entwurf, der sich mit der Bericht­erstattung bis 2022 beschäftigt (hierzu demnächst an dieser Stelle mehr). Und einen, der mit Ausnahme der Kompen­sa­tionen die restlichen Verord­nungs­er­mäch­ti­gungen abdecken soll, nämlich den Entwurf der Brenn­stoff­emis­si­ons­han­dels­ver­ordnung (BEHV).

Die BEHV regelt insbe­sondere den Verkauf der Zerti­fikate durch die Bundes­re­publik und das Register und seine Funktionen. Wer schon länger mit dem „großen“ Emissi­ons­handel zu tun hat, wird viele Paral­lelen feststellen:

# Im natio­nalen Emissi­ons­handel wird die DEHSt eine andere Stelle – vielleicht die KfW oder EEX? – mit dem Verkauf der Zerti­fikate zum Festpreis beauftragen.

# Jeder darf Zerti­fikate kaufen, der selbst am natio­nalen Emissi­ons­handel teilnimmt, aber auch jeder, der ein Konto im Register hat.

# Kaufen kann man mindestens zweimal pro Woche mindestens ein Zertifikat.

# Es darf eine Handling Fee geben, die dem Kauf von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen an Börsen o. ä. entspricht.

# Das Register wird praktisch funktio­nieren wie das Register im „großen“ Emissi­ons­handel, also wie eine Bank, in dem Nutzer elektro­nische Depots unter­halten. Die DEHSt passt auf und kann Konten und Nutzer sperren. Dies ist wichtig, nachdem es im EU-ETS auch zu krimi­nellen Vorfällen kam.

# Zum 31.07. jeden Jahres muss der DEHSt mitge­teilt werden, dass die Angaben im Register stimmen.

# Für jedes Konto muss es Konto­be­voll­mäch­tigte geben, und pro Konto mindestens ein Bevoll­mäch­tigter in Deutschland.

# Die DEHSt erzeugt Zerti­fikate und weist ihnen Kennungen zu, die das Ausstel­lungsjahr erkennen lassen. Das ist wichtig, weil die Zerti­fikate in den ersten Jahren nur ein Jahr gelten.

# Die Verordnung enthält Regeln, wie überwiesen wird, wie gelöscht wird und wie Beschrän­kungen ausge­wiesen werden, insbe­sondere aber, wie man richtig abgibt: Man überweist Zerti­fikate auf ein Abgabe­konto. Das weiß jeder, der Erfah­rungen im „großen“ Emissi­ons­handel gemacht hat, aber auch dort gab es Probleme im ersten Jahr, weil Unter­nehmen annahmen, es würde reichen, die Berech­ti­gungen vorzu­halten. (Miriam Vollmer)

Wir erläutern beide Verord­nungs­ent­würfe am 23.07.2020 in einem WEBINAR per Zoom. Infos und Anmeldung hier.

 

2020-07-09T20:04:35+02:009. Juli 2020|Emissionshandel, Gas, Umwelt|

Natur­schutz­recht: Legal wild campen?

Nach wochen­langen Kontakt­be­schrän­kungen, Lockdowns und Homeoffice haben viele Menschen nun zur Urlaubszeit das Bedürfnis nach Freiheit und Abenteuer. Nur sind die Möglich­keiten immer noch relativ einge­schränkt, jeden­falls was Auslands­reisen angeht.

An sich wäre Camping ideal, aber auch angesichts der Locke­rungen haben so manche Camping­plätze noch nicht wieder geöffnet. Und die restlichen Anlagen sind oft so überlastet, dass in St-Peter-Ording in Schleswig-Hostein eine Frau kurzerhand beschlossen hat, ihr Wohnmobil auf einem öffent­lichen Parkplatz aufzustellen.

Das sei keine so gute Idee, so hat nun das Oberlan­des­ge­richt (OLG) Schleswig entschieden (Beschluss vom 15.06.2020 – Az. 1 Ss-OWi 183/19). Denn nach § 37 Abs. 1 Satz 1 des schleswig-holstei­ni­schen Landes­na­tur­schutz­ge­setzes (LNatSchG SH) ist das Zelten oder Aufstellen und Benutzen von Wohnwagen oder Wohnmo­bilen nur auf dafür zugelas­senen Plätzen vorge­sehen. Daher hatte die Frau ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro kassiert. Sie hat dagegen geltend gemacht, dass nach Straßen­ver­kehrs­recht das Abstellen von Wohnmo­bilen auf dem Parkplatz erlaubt sei.

Das Gericht urteilte, dass hier Natur­schutz­recht anwendbar sei. Denn sie war – am Ende der Halbinsel Eider­stedt – offen­sichtlich schon an ihrem Fahrtziel angekommen. Daher konnte sie nicht geltend machen, dass das Übernachten der Wieder­her­stellung der Fahrtüch­tigkeit diene. Nur dann wäre das Aufstellen des Wohnmobils im Rahmen des ruhenden Verkehrs erfolgt.

Übrigens noch eine gute Nachricht für Outdoor-Fans: In Deutschland ist wild campen nicht immer und überall verboten. Zumindest in Mecklenburg-Vorpommern, in § 28 Natur­schutz-Ausfüh­rungs­gesetz, und in Schleswig-Holstein, in § 37 Abs. 2 LNatSchG SH, gibt es im Natur­schutz­recht die Regelung, dass nicht­mo­to­ri­sierte Wanderer zumindest eine Nacht außerhalb von Natur­schutz­ge­bieten campieren dürfen, wenn keine privaten Rechte entge­gen­stehen (Olaf Dilling).

2020-07-07T17:38:56+02:007. Juli 2020|Naturschutz, Verkehr, Verwaltungsrecht|

Vier Komma Drei Fünf: Die Braun­koh­le­ent­schä­digung nach dem Kohleausstiegsgesetz

Das Kohle­aus­stiegs­gesetz scheint endlich in trockenen Tüchern. Doch nun mehren sich die Stimmen, die die 4,35 Mrd. EUR, die den Braun­koh­le­ver­stromern auf Basis eines öffentlich-recht­lichem Vertrag als Entschä­digung gezahlt werden sollen, überhöht finden. Nun überrascht es niemanden, dass manche Umwelt­ver­bände ihren alten Lieblings­feinden weniger bis gar nichts zahlen möchten. Doch die Kritik beruht keineswegs – wie manche Befür­worter des Kohle­aus­stiegs­ge­setzes zu meinen zu scheinen – auf substanz­losen Ressen­ti­ments. Im Gegenteil: An der Frage, ob es mit dieser Zahl seine Richtigkeit hat, kann die ganze Sache noch scheitern. Denn bei der Frage, wem die Bundes­re­publik Deutschland wie viel Geld zahlt, ist sie nicht frei.

Für Leistungen an Unter­nehmen gelten die Art. 107ff. AEUV. Hier ist geregelt, dass Beihilfen an sich verboten sind, es sei denn, sie sind ausnahms­weise mit dem Binnen­markt vereinbar. Durch diese Regelung möchte die EU verhindern, dass einzelne Mitglied­staaten zum Nachteil anderer Mitglied­staaten ihre heimische Wirtschaft unterstützen.

Ob eine ausnahms­weise zulässige oder unzulässige Beihilfe vorliegt, prüft die Europäische Kommission im Rahmen eines Notifi­zie­rungs­ver­fahren. Der Mitglied­staat, der eine Beihilfe zahlen will, muss also anmelden, dass Geld fließen soll, und wieso das ausnahms­weise zulässig sein soll. So wurden z. B. 2016 Gelder als Entschä­di­gungen für entgangene Gewinne genehmigt, die die Bundes­re­publik den Betreibern von acht Braun­koh­le­kraft­werken zahlen wollte, weil die Kommission die Gelder als Beitrag zur Verrin­gerung der CO2-Emissionen ansah. Daneben prüfte die Kommission auch noch die Auswir­kungen auf den Wettbewerb, insbe­sondere auf Energiepreise.

Ohne eine solche Recht­fer­tigung sind Zahlungen nie zulässig. Dies wirft die Frage auf, ob eine ausrei­chende Recht­fer­tigung für die 4,35 Mrd. EUR besteht, die nun fließen sollen. Die Bundes­re­gierung sieht die Zahlungen wiederum als „Entschä­digung für entgangene Gewinne“ an. Dies stellt aber nur dann eine ausrei­chende Recht­fer­tigung dar, wenn die betrof­fenen Unter­nehmen diese Gewinne bis 2038 ohne den Kohle­aus­stieg auch tatsächlich erzielen würden. Denn klar ist: Die reine Behauptung reicht der Kommission ganz bestimmt nicht.

Ob und wie die Summe von 4,35 Mrd. entgan­gener Gewinne zustande kommt, ist bisher nicht klar. Es gibt ein Eilver­fahren, um dies vor Verab­schiedung des Gesetzes in Erfahrung zu bringen. Doch es spricht Einiges dafür, dass diese Summe überhöht sein könnte. Hierauf weist das Ökoin­stitut hin, das in einer überschlä­gigen Unter­su­chung zu dem Ergebnis kommt, dass die für die LEAG vorge­sehene Entschä­digung von 1,75 Mrd. EUR um rund 1 Mrd. zu hoch sein könnte. Die für RWE geplante von 2,66 Mrd. EUR, hält das Ökoin­stitut für um rund 0,9 Mrd. überhöht, aller­dings liegt hier eine Unsicherheit in den Tagebau­um­bau­kosten, die auch höher sein könnten.

Woher die Diskrepanz? Es spricht viel dafür, dass Braun­koh­le­kraft­werke künftig nicht mehr so viel produ­zieren wie früher und deswegen auch wenig Gewinne erzielen. Das liegt zum einen am beabsich­tigten Ausbau der Erneu­er­baren Energien, die bekanntlich einen Einspei­se­vorrang genießen. Zum anderen am EU-Emissi­ons­handel, der die emissi­ons­in­tensive Braun­koh­le­ver­stromung überpro­por­tional mit Kosten belastet und so die Einsatz­rei­hen­folge verändert. Wer weniger erzeugt, verdient natürlich auch weniger. Zudem wirkt sich ein höherer Anteil Erneu­er­barer Energien dämpfend auf die Großhan­dels­preise für Strom aus.

Im Ergebnis könnte es also sein, dass die Kommission den Vertrag mit den Braun­koh­le­ver­stromern nicht absegnet. Was aber passiert dann? Vermutlich würde die Bundes­re­gierung versuchen, einen neuen Vertrag aufzu­setzen. Doch werden LEAG und RWE diesen unter­schreiben? Oder wird eine Geset­zes­än­derung fällig, die die Braun­kohle wie die Stein­kohle per Ausschreibung stilllegt? Drohen in diesem Fall dann doch die befürch­teten Schadens­er­satz­klagen wie beim Atomaus­stieg, wo Vattenfall vor ein inter­na­tio­nales Schieds­ge­richt gezogen ist? RWE wäre dieser Weg versperrt, aber die LEAG gehört heute einem tsche­chichen Unter­nehmen. Auf der anderen Seite: Könnte eine solche Entschä­digung wirklich höher ausfallen als die tatsächlich entgan­genen Gewinne? (Miriam Vollmer)

2020-07-02T16:44:54+02:002. Juli 2020|Allgemein, Energiepolitik, Strom|