Eine sowohl energiewirtschaftlich als auch rechtlich interessante Entscheidung vom 29. Januar 2020 (VIII ZR 75/19) hat der BGH am 05.03.2020 veröffentlicht. Anlass des Urteils, das einen jahrelangen Rechtsstreit abschließt, waren Preisanpassungen durch einen kommunalen Gasversorger in den Jahren 2004 bis 2014 (jaja, so langsam mahlen manchmal die Mühlen der Justiz) gegenüber einem grundversorgten Kunden (zur Grundversorgung ausführlicher hier).
Der Versorger hatte die Tarife der Grundversorgung mehrfach sowohl nach oben als auch nach unten angepasst. Diese Anpassungen entsprachen den Vorgaben des BGH, der 2015 ein einseitiges Preisanpassungsrecht in der Strom- und Gasgrundversorgung bejahte, wenn (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 – VIII ZR 158/11), wenn der Versorger nur die eigene Bezugskostenentwicklung weitergibt und nicht etwa einseitig seine Marge steigert. Insofern waren dem Stadtwerk keine Vorstöße gegen die strikten Vorgaben für Grundversorger zur Last zu legen. Doch bei der Weitergabe der Preise hatte er – das war im Rechtsstreit unstreitig – die Transparenzanforderungen der Gas-Richtlinie 2003/55/EG nicht beachtet. Deren Umsetzungsfrist war im streitgegenständlichen Zeitraum bereits abgelaufen. Die Bundesrepublik hatte die Transparenzvorgaben der Gas-Richtlinie aber noch nicht in deutsches Recht gegossen.
Kern des Rechtsstreits war damit die Frage, ob die Stadtwerke auch ohne Umsetzung der Gas-Richtlinie durch den Gesetzgeber an die Richtlinie gebunden sind und diese damit damals schon unmittelbar galt. Der Kläger berief sich darauf, die Stadtwerke seien an die Richtlinie gebunden gewesen, weil es sich bei ihnen um einen Teil des Staatsapparates handele. Sie seien ja als voll kommunale Einrichtung nichts anderes als „der Staat in anderem Gewand“.
Dies sah der BGH am Ende anders. Auch kommunale Stadtwerke seien nicht so staatsnah, dass sie wie Behörden zu betrachten seien, denen gegenüber sich der Kläger nach Ablauf der Umsetzungsfrist unmittelbar auf die Gasrichtlinie berufen können. Stadtwerke würden nämlich weder öffentliche Gewalt ausüben, noch öffentliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Der BGH stellt also auf eine funktionale Betrachtung ab. Eine Notwendigkeit, diese Sicht dem EuGH zur Voirabentscheidung vorzulegen, sah der Senat nicht.
Mit dem Urteil kommt der BGH im Ergebnis zu einer wohlabgewogenen Sicht auf die komunale Energiewirtschaft. Sie konkurriert mit Privaten, sie unterliegt denselben Regelungen wie Private. Es ist nur folgerichtig, dass sie damit auch keinen anderen Verpflichtungen in energierechtlicher Hinsicht unterliegt, wenn sie sich schon nicht per Verfassungsbeschwerde beschweren darf (Miriam Vollmer).
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