Emissionshandel: Frisst Corona EUAs?
Was für eine harte Bremsung: Schon 650.000 Unternehmen in Deutschland haben Kurzarbeit beantragt. Viele dieser Unternehmen sind im Dienstleistungsgewerbe zuhause oder gehören der Kreativwirtschaft an, aber auch in den Unternehmen des produzierenden Gewerbes macht sich bemerkbar, dass die Nachfrage aus In- wie Ausland rapide nachgelassen hat. Und auch Unternehmen, die weiterarbeiten, bemerken die sinkende Nachfrage.
Diese Entwicklung ist deutlich an der Entwicklung der Stromnachfrage und des Kurses für Emissionsberechtigungen abzulesen. Doch auch wenn die Kosten für EUA nun deutlich nachgelassen haben: Noch deutlich günstiger werden die Zertifikate schon wegen des Markstabilitätsmechanismus nicht werden, der bei mehr als 800 Mio. Berechtigungen im Umlauf Zertifikate auf einem Kommissionskonto „parkt“, um einen weiteren Preisverfall zu stoppen. Emissionsberechtigungen bleiben damit eine relevante Ressource für Unternehmen, deren Anlagen dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) unterfallen. Damit stellt sich die Frage: Wie wirkt sich ein Rückgang der Produktion auf die Zuteilung kostenloser Zertifikate aus?
In der aktuell laufenden 3. Handelsperiode des Emissionshandels regelt § 21 der Zuteilungsverordnung 2020 (ZuV 2020) den Fall einer ohne vorhergehende technische Maßnahme rückläufigen Auslastung. Hier ist angeordnet, dass bei Auslastungsrückgängen von Zuteilungselementen (z. B. das Produkt „Pappe“ oder „Dampf“) von 50% oder mehr die Zuteilung reduziert wird. Doch ein Blick in § 21 Abs. 2 ZuV 2020 zeigt: Diese Verringerung der kostenlosen Zuteilung greift erst im nächsten Kalenderjahr. Das nächste Kalenderjahr ist 2021. Aber 2021 ist nicht mehr Teil der 3. Handelsperiode des Emissionshanndels, so dass auch die für diese Handelsperiode geltende ZuV 2020 nicht mehr gilt.Interessant sind also die Zuteilungsregeln der nächsten Handelsperiode.
Die Regeln für Auslastungsrückgänge in der nächsten Handelsperiode von 2021 bis 2030 sind in der DVO 2019/1842 geregelt (hier im Detail erläutert). Hier ist detailliert geregelt, wann die – beantragte, aber noch nicht vollzogene – Zuteilung für emissionshandelspflichtige Anlagen angepasst wird. Generell soll eine solche Anpassung nach oben und unten stattfinden, wenn 15% oder mehr von der Auslastung abgewichen wird, die der Zuteilung zugrunde liegt.
Erfreulich immerhin: Anders als in der dritten Handelsperiode wird die Korrektur in Zukunft auf Grundlage von zwei und nicht nur von einem Kalenderjahr stattfinden. Das bedeutet, dass selbst wenn 2020 wegen der Coronakrise schlechter ausfallen als der der Zuteilung zugrunde liegende Zeitraum, immerhin noch jeweils ein weiteres Jahr potentieller ausgleichend wirkt: Für die Zuteilung 2021 kommt es auf 2019 und 2020 an. Für 2022 wird es auf 2020 und 2021 ankommen.
Insofern steht für viele Unternehmen zu hoffen, dass der aktuelle Einbruch sich durch den gegenüber der 3. Handelsperiode verlängerten Vergleichszeitraum relativiert und möglicherweise ganz ausgleicht, so dass es gar nicht zu einer Zuteilungsreduzierung kommt. Unternehmen, die mit mehreren Anlagen produzieren, sollten die Grenze von 15% aber im Blick behalten: Zwei Anlagen mit Auslastungsrückgängen von je 14% sind zuteilungsökonomisch vorteilhafter als 16% und 14% (Miriam Vollmer).