Die Kleine­mit­ten­ten­re­gelung lässt auf sich warten

Mehr Arbeit für weniger Ertrag, so fasste ein Besucher der Infor­ma­ti­ons­ver­an­staltung über das Zutei­lungs­ver­fahren für die nächste Handel­s­pe­riode bei der Deutschen Emissi­ons­han­del­stelle (DEHSt) am 4. April 2019 die Erkennt­nisse des Tages zusammen. In seinem Fall besonders ärgerlich: Seine Anlage ist zu alledem so klein, dass seine Teilnahme am Emissi­ons­handel weder für den Klima­schutz noch in Hinblick auf den Wert der zuzutei­lenden Emissi­ons­zer­ti­fikate besonders bedeutend erscheint. Wäre in einem solchen Fall vielleicht die Kleine­mit­ten­ten­re­gelung in § 27 Treib­hausgas-Emissi­ons­han­dels­gesetz (TEHG) inter­essant? Diese Norm ermächtigt die Bundes­re­gierung, durch Rechts­ver­ordnung Erleich­te­rungen für Anlagen zu regeln, die zwar die Schwel­len­werte in Anhang 1 zum TEHG überschreiten. Aber kaum emittieren. 

Hier ist vorge­sehen, dass Anlagen mit jährlichen Emissionen von bis zu 5.000 t CO2 Erleich­te­rungen bei der Bericht­erstattung in Anspruch nehmen können. Wenn sogar weniger als 2.500 t emittiert werden, soll es verein­fachte Emissi­ons­nach­weise geben. Auch soll es Ausnahmen und Verein­fa­chungen bei der Verifi­zierung von Emissi­ons­be­richten geben. Die vorge­se­henen Erleich­te­rungen beziehen sich aller­dings nur auf den Bürokra­tie­aufwand. Dass auch in diesen Anlagen Emissionen einge­spart werden sollen, soll durch sog. „gleich­wertige Maßnahmen“, insbe­sondere die Zahlung eines Ausgleichs­be­trags abgesi­chert werden. Damit ähnelt die Regelung der der laufenden dritten Handelsperiode. 

Nicht jeder Anlage, die wenig emittiert, ist aller­dings automa­tisch auch gleich ein Kleine­mittent. Die Inanspruch­nahme der Erleich­te­rungen muss ausdrücklich und abseits des Zutei­lungs­ver­fahrens beantragt werden. Anlagen­be­treiber, für die dies in Betracht kommen, müssen sich nun also entscheiden: Werden sie Kleine­mittent und berichten zwar weiterhin, bekommen aber (mengen­ab­hängig) keine Zerti­fikate, geben keine ab und zahlen zum Ausgleich Geld? Oder nehmen sie ganz normal am Antrags­ver­fahren teil und geben jährlich Berech­ti­gungen in Höhe ihrer Vorjah­res­e­mis­sionen ab wie alle anderen Teilnehmer auch? 

Die Entscheidung darüber müsste auf Grundlage einer wirtschaft­lichen Vergleichs­be­rechnung fallen. Eine solche ist aber aktuell gar nicht möglich: Die Bundes­re­gierung hat von der Ermäch­ti­gungs­grundlage im 27 TEHG nämlich noch gar nicht Gebrauch gemacht. Es soll eine Emissi­ons­han­dels­ver­ordnung 2030 (EHV) geben, ein Referen­ten­entwurf liegt auf dem Tisch und wurde auch bereits mit den Verbänden disku­tiert. Aller­dings scheint es noch Diskus­sionen innerhalb der Bundes­re­gierung zu geben, denn bis jetzt weiß noch keiner, wie die Regelung aussehen wird. 

Lange warten können die Betreiber von Kleine­mit­tenten aber nicht. Auch für sie gilt nämlich die Frist für Zutei­lungs­an­träge bis zum 29. Juni 2018. Damit ist wohl klar: Ein großer Erfolg wird die Kleine­mit­ten­ten­re­gelung eine zukünf­tigen EHV 2030 selbst dann nicht werden, wenn sie wesent­liche Erleich­te­rungen vorsehen würde. 

Dass dies zu alledem nicht zu erwarten ist, zeigt aller­dings schon ein Blick in Art. 27 und 27a der Emissi­ons­han­desl­richt­linie 2003/87/EG. Spätestens hiernach ist klar: die Spiel­räume für Kleine­mit­ten­ten­re­ge­lungen der Mitglied­staaten sind so knapp, dass die Anlagen­be­treiber durch die faktische Unmög­lichkeit der Inanspruch­nahme der Regelung mögli­cher­weise nicht einmal viel verlieren.

2019-04-05T18:11:34+02:005. April 2019|Emissionshandel|

Öffent­liche Sicherheit bei kommer­zi­ellen Veranstaltungen

Ende März hat das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) eine Entscheidung über die Bremer Polizei­gebühr für Hochrisiko-Veran­stal­tungen getroffen. Keine Sorge, das Thema hört sich sperriger an als es ist: Es geht nämlich um Fußball! Überhaupt um Fragen, die jede und jeden etwas angehen. Ist öffent­liche Sicherheit eine staat­liche Aufgabe, die von allen getragen wird? Können kommer­zielle Veran­stalter die Kosten für Sicher­heits­per­sonal dann immer auf den Steuer­zahler abwälzen, während sie fröhlich die Gewinne vereinnahmen?

Das Private ist politisch, war mal unter den 1968ern ein beliebter Slogan. In Zeiten knapper öffent­licher Mittel, nun, jeden­falls im notorisch klammen Stadt­staat Bremen, geht es umgekehrt eher darum, welche tradi­tionell öffent­lichen Aufgaben privat finan­ziert werden können. Nach § 4 Abs. 4 des Bremi­schen Gebühren- und Beitrags­ge­setzes (BremG­eb­BeitrG) wird von kommer­zi­ellen Großver­an­staltern unter bestimmten Umständen eine Gebühr erhoben. Voraus­setzung ist, dass im Umfeld der Veran­staltung erfah­rungs­gemäß zu Gewalt­hand­lungen kommt, die den vermehrten Einsatz von Polizei­kräften erfor­derlich machen. Berechnet werden die Gebühren nach dem Mehraufwand.

Zur Anwendung kommt die Gebühr vor allem bei Hochri­si­ko­spielen, im entschie­denen Fall beim Nordderby zwischen Werder Bremen und HSV. Die Gebühr wurde bei der Deutschen Fußball Liga (DFL GmbH) erhoben. Das Verwal­tungs­ge­richt Bremen hatte der DFL GmbH zunächst Recht gegeben, da der Gebüh­ren­tat­be­stand zu unbestimmt sei. Sowohl das Oberver­wal­tungs­ge­richt als Berufungs­in­stanz als auch das BVerwG in Leipzig hielten die Regelung dagegen für verfas­sungs­gemäß und wiesen die Klage gegen den Gebüh­ren­be­scheid ab.

Die Voraus­set­zungen des Gebüh­ren­tat­be­standes könnten aufgrund der einschlä­gigen Erfah­rungen der Polizei und der Veran­stalter mit hinrei­chender Bestimmtheit festge­stellt werden. Aller­dings betont das BVerwG auch Folgendes: Der Gesetz­geber müsse bei Einführung einer Gebühr stets berück­sich­tigen, dass Gebüh­ren­pflichtige auch Steuer­zahler seien. Gebühren bedürften deshalb einer beson­deren Recht­fer­tigung. Im konkreten Fall sei  der Veran­stalter Nutznießer einer beson­deren polizei­lichen Sicher­heits­vor­sorge. Er werde nicht bloß als Veran­lasser von Störungen der öffent­lichen Sicherheit in Anspruch genommen. Aufgrund der entspre­chend hohen Einnahmen seien die Gebühren bei kommer­zi­ellen Veran­stal­tungen nicht unverhältnismäßig.

Diese Klarstel­lungen sind nicht unwichtig. Denn der öffent­liche Raum soll ja für politische, kultu­relle oder eben auch sport­liche Events erhalten und verfügbar bleiben. Dabei lässt sich tatsächlich nicht immer klar zwischen privaten Vergnü­gungen und öffent­lichen Veran­stal­tungen unter­scheiden. Und öffent­liche Sicherheit ist grund­sätzlich für alle da, nicht nur für dieje­nigen, die sie sich leisten können. Das alles schließt aber nicht aus, dass kommer­zielle Veran­stalter die Kosten zur Eindämmung bestimmter, fast schon folklo­ris­ti­scher Gewalt­ex­zesse selbst tragen.

2019-04-04T11:45:28+02:004. April 2019|Allgemein, Verwaltungsrecht|

Zuteilung für künftige Anlagen

Bestands­an­lagen sind Anlagen, die schon bestehen? Weit gefehlt! 

Wenn am 29. Juni 2019 die Antrags­frist für Zutei­lungen von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen für Bestands­an­lagen für die Jahre 2021–2025 endet, müssen auch für einige Anlagen, die es noch gar nicht gibt, Zutei­lungs­an­träge bei der Deutschen Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) vorliegen. Andern­falls droht Ungemach. Bestands­an­lagen sind nämlich nicht nur Anlagen, die schon bestehen. Vielmehr handelt es sich laut FAR um alle Anlagen, die erstmalig eine Emissi­ons­ge­neh­migung vor am 30. Juni 2019 erhalten haben. 

Im Extremfall kann es also um Anlagen gehen, die am Tag des Frist­ab­laufs noch gar keine Geneh­migung besitzen, weil dieser erst am Folgetag kommt. In jedem Fall geht es aber um viele Anlagen, die zwar schon genehmigt wurden, aber noch nicht gebaut wurden und erst recht nicht in Betrieb gegangen sind. Auch wenn der Zutei­lungs­antrag mangels Produk­ti­ons­daten quasi leer bleibt, muss unbedingt ein Antrag gestellt werden. Die DEHSt macht aller­dings in ihrem Leitfaden 2 darauf aufmerksam, dass für diese Anträge immerhin die Notwen­digkeit der Verifi­zierung der Anlagen­an­gaben entfällt.

Die für die Zutei­lungs­menge maßgeb­lichen Produk­ti­ons­daten sollen später nachge­reicht werden. Ein Nachreichen des gesamten Antrags ist aber nicht möglich! Auch ein Wieder­ein­set­zungs­antrag ist für diese Anlagen ebenso wenig aussichts­reich wie für Bestands­an­lagen, die wirklich schon bestehen. Wird ein Antrag für diese noch gar nicht existie­renden Anlage nicht gestellt, so will die Behörde dies nämlich als dauer­haften und unwider­ruf­lichen Verzicht auf die kostenlose Zuteilung bis einschließlich 2025 bewerten. Besonders proble­ma­tisch: Die Behörde will auch fehlende Anträge auf Zuteilung für einzelne Zutei­lungs­ele­mente als Verzicht bewerten. Bis 2025 müsste dann zwar für Emissionen abgegeben werden, der an sich bestehende Zutei­lungs­an­spruch wäre aber dauerhaft untergegangen. 

Dies wirft die Frage auf, ob es bei Anlagen, die verschiedene Produkte erzeugen können, sinnvoll ist, vorsichts­halber auch für diese Produkte Zutei­lungs­an­träge auf „null“ Zerti­fikate für unter­schied­liche Zutei­lungs­ele­mente zu stellen, um später eine Grundlage für Kapazi­täts­er­wei­te­rungen zu haben, wenn die entspre­chende Produktion aufge­nommen wird. Zwar gibt es gute Argumente dafür, dass auch ohne solche Null-Anträge spätere Zuteilung nach Produkt­wechseln erfolg­reich sein müssten. Gegen­wärtig spricht aber Einiges dafür, hier sehr vorsichtig zu sein. 

(Mögli­cher­weise erklärt die Behörde ja morgen auf ihrer Infover­an­staltung, wie sie sich das genau vorstellt. Frau Dr. Vollmer ist vor Ort. Wer sich nach der Veran­staltung bei einem Glas Wein mit anderen Betreibern und uns austau­schen möchte, kann sich bei uns melden. Wir laden ein letztes Mal in die Fasanen­straße 71 in Laufweite der DEHSt-Infover­an­staltung ein.)

2019-04-03T10:46:07+02:003. April 2019|Emissionshandel|