Die 4. Handel­s­pe­riode des ETS: Der aktuelle Zeitplan für die Zuteilung

Rechnen Sie eigentlich mit einer pünkt­lichen Zuteilung vor Beginn der nächsten Handel­s­pe­riode des Emissi­ons­handel am 1.1.2021? Wenn dem so sein sollte, melden Sie sich bei uns, wir nehmen noch Wetten an.

Besonders wahrscheinlich erscheint es uns aller­dings schon heute nicht. Denn bereits jetzt befindet sich die Kommission mehrere Monate in Verzug. Die erst im Entwurf vorlie­genden Zutei­lungs­regeln sollten nämlich eigentlich bereits im Oktober 2018 beschlossen werden. Das hat aller­dings nicht funktio­niert. Erst Ende November fand noch einmal eine Konsul­tation der Öffent­lichkeit statt. Wir wären deswegen sehr überrascht, wenn die Zuteilung noch im laufenden Jahr verab­schiedet würden. Und auch die überar­beitete Liste der als abwan­de­rungs­be­droht geltenden Sektoren, die eine privi­le­gierte Zuteilung erhalten, liegt noch nicht vor.

Auf deutscher Seite muss man auf die Kommission warten, schließlich sind die Zutei­lungs­regeln inzwi­schen vollver­ge­mein­schaftet. Das ist insofern ein Problem, als das die für das Zutei­lungs­ver­fahren erfor­der­liche Software, aber auch die faktisch wichtigen Leitlinien und nicht zuletzt natürlich die geplante Emissi­ons­han­dels­ver­ordnung 2030 (EHV) noch nicht abschließend erarbeitet werden können. Und auch die Anlagen­be­treiber können sich noch nicht vorbe­reiten. Solange nicht klar ist, welche Branchen als abwan­de­rungs­be­droht gelten, können zB Wärme­er­zeuger noch keine Zutei­lungs­ele­mente bilden. Ein Rückgriff auf die letzte Handel­s­pe­riode verbietet sich ja schon deswegen, weil nicht alle Sektoren, die bis 2020 als CL gelten, auch in Zukunft auf der Liste stehen werden. 

Ähnliches gilt für Fernwärme. Fernwärme wird gleich­falls, wenn auch in viel gerin­gerem Umfang, privi­le­giert, aber bis jetzt fehlt es an Kriterien, die es der kommu­nalen Wärme­er­zeugung ermög­lichen würden, die Wärme­mengen zusam­men­zu­stellen, die unter die Privi­le­gierung fallen. Schließlich beliefert niemand ausschließlich Haushalte. Muss hier diffe­ren­ziert werden? Was muss man nachweisen? Reichen die Bilanzen, die man hat? Hier gibt es noch viele Fragen. Entspre­chend unzuver­lässig und speku­lativ sind alle Abschät­zungen, die derzeit erstellt werden (wir haben aber auch ein Modell, das berück­sichtigt, was bereits bekannt ist).

Es hieß zuletzt aus dem feder­füh­renden Umwelt­mi­nis­terium, das derzeit noch an der Planung festge­halten wird, das Zutei­lungs­ver­fahren in den Monaten Mai, Juni und Juli 2019 durch­zu­führen. Es ist aber angesichts der aktuellen Zeitver­schiebung im Plan nicht unwahr­scheinlich, dass das Verfahren nach hinten rückt. Sollten Sie schul­pflichtige Kinder haben, haben Sie also hoffentlich einen guten Plan B. Haben Sie eigentlich schon die Großeltern gefragt, was sie im nächsten Sommer vorhaben?

Im Anschluss wird es hektisch für die Behörde. Am 30.09.2019 müssen die Zutei­lungs­daten an die Kommission. Dieser Termin ist fix. Bisher gilt: Kommt ein Mitglied­staat zu spät mit seiner Liste, bekommen die Anlagen­be­treiber im jewei­ligen Mitglied­staat nichts. Aber kann es wirklich sein, dass die Anlagen­be­treiber es ausbaden müssen, wenn die Kommission trödelt? Wie dem auch sei: für die deutsche Emissi­ons­han­del­stelle (DEHSt) wird der nächste Sommer unabhängig von der Witterung heiß.

Liegen der Kommission erst einmal alle Anträge aus den Mitglied­staaten vor, wird sie bis März 2020 die für die Berechnung der Zuteilung erfor­der­lichen Bench­marks festlegen. Der Anlagen­be­treiber stellt seinen Antrag im nächsten Sommer also ohne wissen zu können, was das in Zerti­fi­katen genau ergibt. Klar scheint aber schon jetzt zu sein: Die Einschnitte werden erheblich.

Eine Zutei­lungs­ta­belle mit Zahlen soll es erst im Herbst 2020 geben. Der Zutei­lungs­be­scheid wird darauf erst im Winter 2020 versandt. Es ist also schon im offizi­ellen Zeitplan alles Spitz auf Knopf. Sollte es den Akteuren nicht gelingen, die schon jetzt zweimo­natige Verspätung aufzu­holen, so wird es wohl erneut eine Zuteilung ganz knapp vor der Abgabe für das Jahr 2020 geben, eine Bench­mark­ent­scheidung in übernächsten Sommer, eine Verschiebung der Frist für die Übermittlung der Zuteilung vom 30.09.2019 auf einen etwas späteren Termin und mögli­cher­weise ein Zuteilung Verfahren für die Betreiber im Hochsommer und frühen Herbst des nächsten Jahres.

2018-12-05T08:48:19+01:005. Dezember 2018|Emissionshandel, Industrie, Strom, Umwelt, Wärme|

Hier twittert der Betriebsrat… Arbeit­neh­mer­mit­be­stimmung und Social Media

Twitter gehört inzwi­schen zum Standard der Unter­neh­mens­kom­mu­ni­kation. Gerade für Dienst­leister ergeben sich inter­es­sante Werbe­mög­lich­keiten durch einen direkten Draht zur Presse, politi­schen Akteuren und nicht zuletzt zu den Kundinnen und Kunden. Aber dürfen Sie Twitter als Arbeit­geber überhaupt nutzen – oder müssen Sie vorher Ihren Betriebsrat fragen? Das Landes­ar­beits­ge­richt Hamburg hat kürzlich entschieden: Sie müssen. Das ist erstmal erklä­rungs­be­dürftig. Denn inwiefern sind die Arbeit­nehmer davon betroffen, wenn sie sich für die Werbung und Unter­neh­mens­kom­mu­ni­kation neue Wege erschließen?

Tatsächlich geht es in § 87 Betriebs­ver­fas­sungs­gesetz (BetrVG) um technische Einrich­tungen, die zum Überwachen des Verhaltens oder der Leistung von Arbeit­nehmern bestimmt sind. Da fallen einem Stech­uhren oder Video­über­wa­chung ein. Dass es sich bei Twitter aber ebenfalls um so eine Einrichtung handelt, scheint zunächst eher fern zu liegen. Denn es geht ja offen­sichtlich bei Twitter nicht primär darum, Arbeit­nehmer zu überwachen.

Aller­dings hatte das Bundes­ar­beits­ge­richt schon 2016 entschieden, dass ein Account im sozialen Netzwerk Facebook dem Arbeit­geber zur Überwa­chung seiner Arbeit­nehmer dienen kann. Kunden könnten nämlich die inter­ak­tiven Möglich­keiten für Rückmel­dungen auf dem Account des Unter­nehmens für Kritik an seinen Arbeit­nehmern nutzen. Diese wiederum könne der Arbeit­geber einsehen. Deshalb sei die Mitbe­stimmung des Betriebs­rates geboten.

Solche inter­ak­tiven Möglich­keiten, die sich nicht abstellen lassen, bietet nicht nur Facebook mit der Kommen­tar­funktion, sondern auch Twitter mit dem Antworten. Insofern ist es nach der Recht­spre­chung des BAG in gewisser Weise konse­quent, auch bezüglich Twitter ein Mitbe­stim­mungs­recht anzunehmen. Vollkommen zwingend ist es aus unserer Sicht jedoch nicht: Schließlich haben Facebook und Twitter andere Funktionen. Während Facebook sich tatsächlich oft an einzelne Kunden richtet und zur direkten Kommu­ni­kation führt, ist der Benut­zer­kreis von Twitter viel kleiner und richtet sich eher an insti­tu­tio­nelle Akteure und Multi­pli­ka­toren. Insofern ist es auch weniger wahrscheinlich, dass einzelne Kunden bei Twitter einzelne Arbeit­nehmer anschwärzen. Der Arbeit­geber, im konkreten Fall handelt es sich um ein Multiplex-Kino, hat insofern auch Revision eingelegt und das Verfahren zu Twitter ist zur Zeit beim BAG anhängig (Akten­zeichen 1 ABR 40/18).

Wie dem auch sei: Was passiert, wenn der laut Recht­spre­chung der Arbeits­ge­richte nun mitbe­stim­mungs­be­rech­tigte Betriebsrat der Nutzung von Twitter wider­spricht und keine Einigung möglich ist? Dann entscheidet nach § 87 Abs. 2 BetrVG die Einigungs­stelle. Es ist zu hoffen, dass sie eine Lösung findet, die dem Unter­nehmen dient und zugleich den Belangen der Arbeit­nehmer Rechnung trägt.

2018-12-04T12:15:37+01:004. Dezember 2018|Allgemein, Datenschutz, Digitales, Vertrieb|

Geht’s dem Fax nun an den Kragen?

Ganz klar: Auch wir verstehen nicht alle Urteile. Manchmal hätte man sich nur ein anderes Ergebnis gewünscht und findet die Rechts­ar­gu­mente falsch gewichtet. Bisweilen aber kommt es zu Gerichts­ent­schei­dungen, die mit logischen Mitteln kaum nachzu­voll­ziehen sind. Eine solche Entscheidung hat das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Dresden am 2.10.2018 (2 K 302/18) gefällt.

In der Entscheidung geht es um eine trocken anmutende, in der Praxis aber oft wichtige Frage. Wie gelangen Schrift­sätze ans Gericht?

Klar, wenn man genug Zeit hat, kann man einen Brief schicken. Versendet man per Einschreiben mit Rückschein, hat man auf die Gewähr, dass das Schreiben bei Gericht einge­gangen ist. Oft wird es auch bei uns aber knapp. Zum einen häufen sich bisweilen die Schrift­sätze. Zum anderen entscheiden sich auch wegen der manchmal langen Entschei­dungswege in Unter­nehmen viele Mandanten erst am letzten Tag der Frist für ein gericht­liches Vorgehen. 

In Berlin bestellten wir bisher in einer solchen Situation meistens einen Fahrrad­kurier. Das liegt daran, dass zumindest das VG Berlin eine Vorab­ver­sendung kritisch sieht, weil sie dann beide Dokumente behalten müssen, was die Akte unvor­teilhaft aufbläht. Doch außerhalb Berlins blieb auch uns bis September diesen Jahres nichts anderes übrig, als das Fax anzuwerfen. Zwar schmunzelt der Rest der Welt darüber, dass Juristen immer noch Telefax­geräte unter­halten. Da die Übermittlung per Telefax als die Schriftform wahrend und deswegen frist­wahrend akzep­tiert wird, wenn das Original zeitnah hinterher geschickt wird, ist das Faxgerät aber bis heute ein in Anwalts­kanz­leien unent­behr­liches Utensil. Aller­dings nutzen auch wir, wie heute allgemein üblich, kein klassi­sches Faxgerät mehr, sondern ein Computer-Fax. Wir drucken also aus, unter­schreiben, scannen ein und faxen an die Telefax­nummer des jewei­ligen Gerichts. Dass dieses Vorgehen korrekt ist, hat der Bundes­ge­richtshof (BGH) schon im Jahr 2000 bestätigt. Seit 2001 ist das auch ausdrücklich geltende Rechtslage.

Damals gab es aber noch keinen (2005 einge­fügten, zuletzt dieses Jahr geänderten) § 55a der Verwal­tungs­ge­richts­ordnung (VwGO), parallel existiert im Zivil­recht der § 130a Zivil­pro­zess­ordnung (ZPO). Nach § 55a Abs. 3 müssen elektro­nische Dokumente mit einer quali­fi­zierten elektro­ni­schen Signatur versehen sein. 

Ist ein Computer Fax nicht auch irgendwie elektro­nisch? Das VG Dresden hat zur allge­meinen Irritation diese Frage nun bejaht. Das Gericht begründet das mit der verwandten Technik.

Würde sich diese Recht­spre­chung durch­setzen, wäre ein Telefax nicht mehr ausrei­chend, um Fristen zu wahren. Denn Faxgeräte bieten keine technische Möglichkeit, elektro­nisch zu signieren. Nun gibt es viele Argumente, die gegen Faxgeräte sprechen, insbe­sondere ist die Übertragung nicht so sicher, wie es angesichts der oft ausge­sprochen sensiblen Daten wünschenswert wäre. Einem prakti­schen Bedürfnis folgend, nimmt der Rechts­verkehr das hin. Die Gesetz­ge­bungs­ge­schichte, aber auch der Sinn und Zweck des § 55a Abs. 3 VwGO sprechen aber gegen eine solche Lesart. An keiner Stelle des Gesetz­ge­bungs­pro­zesses hat der Gesetz­geber zum Ausdruck gebracht, dass er den Faxge­räten den Garaus machen wollte. Auch die Regelung selbst zielt erkennbar auf eine Erwei­terung und nicht auf eine Verengung der Möglich­keiten von Rechts­an­wälten ab, sich frist­wahrend an Gerichte zu wenden.

Nun weiß man nie, wie die Recht­spre­chung sich entwi­ckelt. Wir gehen aller­dings davon aus, dass die Recht­spre­chung eher nicht auf die Linie des VG Dresden einschwenken wird. Darauf vertrauen brauchen wir immerhin nicht: Wir versenden inzwi­schen grund­sätzlich per beson­derem elektro­ni­schen Anwalts­postfach (beA). Natürlich mit quali­fi­zierter elektro­ni­scher Signatur.

2018-12-03T08:46:20+01:003. Dezember 2018|Allgemein, Verwaltungsrecht|