Die Genehmigungsgeschichte des Steinkohlekraftwerks Moorburg in Hamburg ist inzwischen fast so lang wie die Bibel und mindestens ebenso kompliziert: 2004 geplant. Ab 2007 wurde gebaut. 2012 sollte der mit Steinkohle betriebene Doppelblock in Betrieb gehen. 2013 wurde erstmals gezündet. 2015 fand schließlich die Inbetriebnahme statt.
Zwar ist die Immissionsschutzgenehmigung der Anlage bestandskräftig. Dafür ist die wasserrechtliche Genehmigung heiß umstritten: Betreiber Vattenfall ist davon überzeugt, dass die beantragte Durchlaufkühlung mit Elbwasser allen gesetzlichen Vorgaben entspricht. Der BUND dagegen sieht einen Verstoß gegen die Flora-Fauna-Habitatrichtlinie. Geschützte Fischarten würden Schaden nehmen. Vattenfall dagegen meint, dass vor allem die vom schwedischen Staatskonzern finanzierte Fischtreppe den befürchteten Fischexitus wirksam verhindern würde.
Schon der Ausgangsbescheid schrieb Rechtsgeschichte: Er landete nämlich nicht nur bei den deutschen Verwaltungsgerichten. Sondern auch bei einem internationalen Schiedsgericht in Washington. Dieses Verfahren endete erst 2011 mit einem Schiedsspruch als Vergleich.
2015 schloss sich die Europäische Kommission den Sorgen der Naturschützer an und leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ein. Dieses mündete in ein Gerichtsverfahren, in dessen Zuge der EuGH feststellte, dass die wasserrechtliche Genehmigung mangels hinreichender Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie gemeinschaftsrechtswidrig sei.
Dieses Urteil wiederum bewog die Hamburger Behörden 2017, Vattenfall nur noch die Kreislaufkühlung, nicht mehr die Durchlaufkühlung zu erlauben. Dies ist für den Betreiber aber weitaus weniger vorteilhaft: Der Eigenverbrauch steigt. Damit steigen auch die Kosten. Gleichzeitig – mehr Kohle bedingt mehr CO2 – steigen die Emissionen.
Parallel zu diesem Vorgehen lief eine ebenfalls vom BUND betriebene Klage. Auf die Klage des BUND war bereits 2013 durch das OVG die Durchlaufkühlung untersagt wurden. Vattenfall war allerdings hiergegen vorgegangen, weswegen die Durchlaufkühlung bis 2017 zulässig blieb. Wegen der laufenden EuGH-Verfahren hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Verfahren überdies zurückgestellt.
Nun erst, also im Frühling 2018, beendete das BVerwG das Verfahren und gab Vattenfall recht. Zwar darf Vattenfall nun immer noch nicht durchlaufkühlen. Aber das OVG muss sich noch einmal mit der Sachlage vor Ort beschäftigen. Vattenfall muss also noch einmal nachlegen. Rechtssicherheit gibt es also nach wie vor nicht.
Und möglicherweise steht am Ende der langen Geschichte des Hamburger Kohlekraftwerks ganz wie bei der Bibel eine Art Apokalypse in Gestalt des Kohleausstiegs.
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