Wenn die Kaffee­ma­schine nach zwei Jahren kaputt geht

Spitz­fin­digkeit macht ja einsam. Das gilt für Weinkenner und auch für ambitio­nierte Kaffee­trinker. Wenn man sich erst einmal schlau­ge­lesen und eine infor­mierte Kaufent­scheidung getroffen zu haben glaubt, über 2.000 € in die Maschine inves­tiert hat, denkt man: Nun ist doch alles gut! Urplötzlich – zwei Jahre später – heizt die Maschine einfach nicht mehr auf. Was ist geschehen? Hat etwa der ominöse Teufel der einge­bauten Obsoleszenz zugeschlagen? Hat die Maschine eine Sollbruch­stelle, die mich zu einem erneuten Kauf zwingen will? Wie soll ich ohne Kaffee in den Tag starten?

Jeder von uns kennt irgendwie dieses Problem – mal ist es der Toaster oder der Staub­sauger. Je teurer das Gerät, desto auffäl­liger ist es, wenn es dann mal nicht funktio­niert. Bei der Kaffee­ma­schine war es nun besonders schmerzlich. Zwar konnte die Stiftung Warentest 2013 den Verdacht nicht bestä­tigen, dass Hersteller ihre Produkte bewusst mit Schwach­stellen ausstatten, damit Kunden schnell neu kaufen müssen. Es ist jedoch fraglich, ob man auch heute noch zu diesem Ergebnis kommen würde.

Am 26.03.2024 ist nun ein Geset­zes­paket zur „Stärkung der Verbrau­che­rinnen und Verbraucher im Grünen Wandel“ (Richt­linie 2024/825), die auch dieses Thema als Baustein des Green Deals der EU adres­siert. Die Vorschriften müssen bis zum 27. März 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden und finden ab dem 27. September 2026 Anwendung. Hierbei geht es um die Bekämpfung unlau­terer Geschäfts­prak­tiken, die Verbraucher irreführen und verhindern, dass sie nachhaltige Konsum­entschei­dungen treffen, beispiels­weise Praktiken in Verbindung mit der frühzei­tigen Obsoleszenz von Waren und irrefüh­renden Umwelt­aus­sagen, irrefüh­rende Infor­ma­tionen über die sozialen Merkmale von Produkten oder der Geschäfts­tä­tigkeit von Gewer­be­trei­benden oder nicht trans­pa­rente und nicht glaub­würdige Nachhal­tig­keits­siegel. Kunden sollen folglich besser infor­miert bessere Produkte kaufen können. Abgerundet wird dies durch das Recht zur Reparatur. Kunden haben ein Recht darauf, am Verkaufsort etwas über die Lebens­dauer von Produkten zu erfahren. Grünfär­berei („Green­wa­shing“) wird ebenfalls der Kampf angesagt. Dies betrifft allge­meine, vage Aussagen über die Umwelt­ei­gen­schaften, die im Endeffekt nicht nachweisbar sind, wie „umwelt­freundlich“, „öko“, „grün“ oder „nachhaltig“.

Bei der Kaffee­ma­schine stellte sich dann heraus, dass der Total­schaden drei Tage vor Ablauf der zweijäh­rigen Gewähr­leistung einge­treten war. Ich konnte die Maschine zurück­senden und habe den vollen Kaufpreis erstattet bekommen und mir dieses Modell erneut zugelegt. Ob das eine richtige Entscheidung war, sehen wir dann erneut nach Ablauf von etwa zwei Jahren. (Dirk Buchsteiner)

2024-04-20T10:00:57+02:0019. April 2024|Abfallrecht, Umwelt|

Wunder­waffe im Verbrau­cher­schutz? Die neue Musterfeststellungsklage

Anders als die USA tut sich Deutschland mit kollek­tivem Rechts­schutz eher schwer. Voraus­setzung für den Zugang zu den Gerichten ist nach herkömm­licher Dogmatik nämlich die Betrof­fenheit in eigenen Rechten – und die kann grund­sätzlich nur jeder für sich selbst geltend machen. Im Umwelt­recht hat sich das mit der Verbands­klage für anerkannte Umwelt­ver­bände schon seit einiger Zeit geändert. Nun gibt es seit Anfang dieses Monats auch im Verbrau­cher­schutz ein Instrument, das mit den §§ 606 ff. in die Zivil­pro­zess­ordnung (ZPO) eingefügt worden ist. Die sogenannte Muster­fest­stel­lungs­klage, bzw. kurz: Muster­klage. Droht nun eine Schwemme von „Sammel­klagen“?

Durch die Muster­fest­stel­lungs­klage erhalten nun auch bestimmte, gesetzlich näher quali­fi­zierte Verbrau­cher­schutz­ver­bände ein Klage­recht in Zivil­sachen. Aller­dings bezieht sich das Klage­recht nur auf die Feststellung der Voraus­set­zungen von Ansprüchen oder anderen Rechts­ver­hält­nissen. Es kann also anders als bei den Sammel­klagen nach ameri­ka­ni­scher Art nicht direkt auf Zahlung, Leistung oder Unter­lassung geklagt werden. Voraus­setzung für die Zuläs­sigkeit der Klage – und das ist ein Unter­schied zur umwelt­recht­lichen „altru­is­ti­schen“ Verbands­klage – ist nach § 606 Absatz 3 Nr. 2 und 3 ZPO, dass zehn indivi­duelle Verbraucher ihre Betrof­fenheit in eigenen Rechten glaubhaft machen. Innerhalb von zwei Monaten nach öffent­licher Bekannt­ma­chung müssen weitere 50 Verbraucher ihre Rechte wirksam angemeldet haben.

Anlass für die Einführung der Muster­fest­stel­lungs­klage war der Diesel­skandal. Weil die Ansprüche gegen die Volks­wagen AG drei Jahre nach dem Bekannt­werden der ‚Unregel­mä­ßig­keiten‘ bei der Abgas­rei­nigung zu Neujahr 2019 verjähren würden, wurde die Klageart noch kurz vorher, nämlich zum 1. November 2018 einge­führt. Am selben Tag hat der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­verband (vzbv) in Koope­ration mit dem ADAC Klage gegen VW einge­reicht, die nun öffentlich bekannt gemacht wurde. Mit der Klage soll festge­stellt werden, dass Volks­wagen seine Käufer vorsätzlich sitten­widrig geschädigt hat und ihnen Schadens­ersatz schuldet. Gesucht wurden zunächst noch 50 Verbraucher, die ihre Rechte wirksam anmelden, was vermutlich nicht schwer fallen dürfte. Die Anmeldung als Betrof­fener im Klage­re­gister ist nämlich nicht mit keinerlei Kosten oder Risiken verbunden – und selbst das Anmel­dungs­for­mular lässt sich in wenigen Minuten ausfüllen.

Falls Sie also zufällig ein Fahrzeug der Marke Volks­wagen, Audi, Seat oder Skoda mit einem Diesel­motor des Typs VW EA189 gekauft haben, für die ein Rückruf ausge­sprochen wurde, könnten Sie sich ebenfalls ins Klage­re­gister eintragen. Wenn die Muster­fest­stel­lungs­klage erfolg­reich ist, wird vom Gericht festge­stellt, dass ein Schaden vorliegt. Nach einem positiven Feststel­lungs­urteil müssten die Verbraucher ihre Schaden­er­satz­an­sprüche zwar noch indivi­duell durch­setzen. Das Prozess­risiko lässt sich dann aber überschauen, so dass ein hoher Anreiz zur Klage besteht, wenn nicht ohnehin ein Vergleich geschlossen wurde.

Wie Sie vielleicht schon erraten haben, wurden die Paragrafen zur Regelung der Muster­fest­stel­lungs­klage nicht bloß wegen des Diesel­skandals in die Zivil­pro­zess­ordnung eingefügt. Allgemein war es vielen Verbrau­chern bislang schlicht zu lästig, mit relativ hohem Aufwand und erheb­lichem Kosten­risiko gegen Rechts­ver­stöße von Unter­nehmen vorzu­gehen, wenn der eigene Schaden nur gering war. Das könnte sich in Zukunft ändern, da nach einer erfolg­reichen Muster­fest­stel­lungs­klage eine indivi­duelle Schaden­er­satz­klage angesichts des geringen Beweis­auf­wands und Kosten­ri­sikos auch für Verbraucher ökono­misch lukrativ ist. Laut Erläu­te­rungen im Inter­net­auf­tritt des Bundes­rates soll das neue Verfahren vielmehr „bei so genannten Massen­ge­schäften wie Preis­er­hö­hungen von Banken oder Energie­lie­fe­ranten oder auch unfairen Vertrags­klauseln“ helfen. Es ist also nicht auszu­schließen, dass die Unter­al­theim GmbH in Zukunft auf Verbrau­cher­schützer noch schlechter zu sprechen ist, als das bisher bereits der Fall war. Wie gut, dass die Stadt­werke Oberal­theim ihre Energie­lie­fer­ver­träge zum Jahresende überar­beitet haben.

2018-11-29T09:20:42+01:0029. November 2018|Allgemein, Vertrieb|

Sag‘ mir quando, sag mir wann

Im Internet ist fast alles so wie im richtigen Leben, aber manchmal muss man eben doch aufpassen, weil der Rechts­rahmen nicht ganz identisch ist. Dies zeigt exempla­risch eine Entscheidung des OLG München (Urt. v. 17.05.2018, 6 U 3815/17), mit der dieses das LG München I (Urt. v. 17.10.2017, 33 O 20488/16) bestätigt:

Ein Unter­nehmen hatte in einem Onlineshop ein Handy angeboten. Das Handy war aber noch gar nicht verfügbar. Statt eines Liefer­termins – und sei er auch Wochen später – erfuhr der Käufer lediglich, der Artikel sei „bald“ verfügbar.

Beide Gerichte sahen dies als wettbe­werbs­widrig an. Hier liege eine Verstoß gegen § 312d Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EGBGB vor. Diese Normen besagen im Kern, dass – und jetzt kommt’s – bei außerhalb von Geschäfts­räumen geschlos­senen Geschäften und bei Fernab­satz­ge­schäften, also auch im Online­handel, derVer­käufer infor­mieren muss über

die Zahlungs‑, Liefer- und Leistungs­be­din­gungen, den Termin, bis zu dem der Unter­nehmer die Waren liefern oder die Dienst­leistung erbringen muss, und gegebe­nen­falls das Verfahren des Unter­nehmers zum Umgang mit Beschwerden,“

Kein Datum, keine Wettbe­werbs­kon­for­mität, meinten die Gerichte. „Bald“ sei eben kein definierter Termin. Die Norm diene auch – obwohl aus der Verbrau­cher­richt­linie ins deutsche Recht gelangt – dem Wettbewerb und nicht nur dem Verbrau­cher­schutz, so dass ihre Einhaltung auch durch Verbrau­cher­schutz­ver­bände und Wettbe­werber abmahnbar ist.

Was bedeutet das für die Praxis? Bei Online­shops sind Liefer­termine immer mit einem festen Datum zu verbinden. Und ganz generell: Produkte können nicht einfach aus dem Kunden­center, Laden­ge­schäft oder Markt­stand in die Onlinewelt übertragen werden. In jedem Fall ist zu prüfen, ob Sonder­regeln Modifi­ka­tionen nötig machen.

2018-07-11T08:52:53+02:0010. Juli 2018|Allgemein, Wettbewerbsrecht|