Tagebau und Moorschutz

Dass das Verbrennen von Braun­kohle zum Klima­wandel beiträgt ist bekannt. Was weniger bekannt ist, ist der starke Eingriff in den Wasser­haushalt, der mit Tagebau verbunden ist. Dieser Tage rückt das Problem aufgrund des Wasser­mangels in Teilen Branden­burgs gerade mal etwas mehr in den Fokus: Um den Tagebau zu ermög­lichen, muss ständig Wasser aus der Grube gepumpt werden, wodurch sich der Grund­was­ser­spiegel in der Umgebung kräftig senkt. Wenn die Böden zudem, wie in Brandenburg sehr wasser­durch­lässig sind, zieht die Absenkung des Grund­wassers noch weitere Kreise.

In der Konse­quenz führt das sogar manchmal zur weiteren Freisetzung von CO2, allein durch die Ausbeutung der Boden­schätze, bevor überhaupt die erste Braun­kohle verbrannt wurde. Denn im näheren Umfeld des Tagebaus Jänsch­walde in Brandenburg liegen Feucht­ge­biete und Moore, in denen fossile organische Masse, also Torf, unter Luftab­schluss vorliegt. Hier sind in den letzten Jahren die Wasser­stände oft um mehr als 2 m gesunken. Dadurch minera­li­siert der Torf und der Kohlen­stoff verbindet sich bei den aeroben Abbau­pro­zessen mit Sauer­stoff zu CO2.

Das passiert schon im Rahmen des geneh­migten, ordnungs­ge­mäßen Abbaus der Braun­kohle, obwohl davon von der FFH-Richt­linie besonders streng geschützte Biotope betroffen sind. Nun hat sich aber heraus­ge­stellt, dass von dem Betreiber des Braun­koh­le­ta­gebaus Jänsch­walde die geneh­migten Mengen der Wasser­ent­nahme im großen Stil überschritten wurden. Daher betreiben nun zwei Umwelt­ver­bände ein Eilver­fahren beim Verwal­tungs­ge­richt Cottbus. Nach Auffassung der Kläger steht der von der Bergbe­hörde geneh­migte Betriebsplan im Wider­spruch zur wasser­recht­lichen Geneh­migung. Angesichts der vermutlich klima­be­dingten Trockenheit der letzten Jahre wird es immer schwerer vermit­telbar, dass zur Gewinnung von fossilen Brenn­stoffen solche inten­siven Eingriffe in den Wasser­haushalt erfolgen (Olaf Dilling).

 

2021-12-16T23:54:07+01:0016. Dezember 2021|Energiepolitik, Naturschutz, Wasser|

Europa­recht: Verbrannte Erde im Dreilän­dereck bei Turów

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat Post aus Prag bekommen: Es geht um den bisher eher seltenen Fall einer Staaten­klage im europäi­schen Umwelt­recht. Denn Polen möchte den ohnehin sehr großen Braun­koh­le­ta­gebau bei Turów weiter vergrößern und vertiefen. Das Problem dabei: Der schle­sische Tagebau mit einer Größe von ca. 50 Quadrat­metern befindet sich im Dreilän­dereck bei Zittau auf einem schmalen Streifen zwischen Deutschland und der tsche­chi­schen Republik. Der Streifen ist etwa 20 km lang und an der schmalsten Stelle nur 4 km breit. Der Tagebau grenzt zwei Kilometer nordöstlich von Zittau direkt an die Neiße. Im Süden ist die tsche­chische Grenze mit Siedlungen ebenfalls nur ein paar hundert Meter entfernt.

Turow

Der tsche­chische Umwelt­mi­nister Richard Brabec befürchtet negative Auswir­kungen auf den Grund­was­ser­haushalt und Staubim­mis­sionen und wird mit der Aussage zitiert, dass der weitere Betrieb „unsere Bürger, unser Wasser und unsere Natur“ gefährdet. Bisherige Verhand­lungen mit der polni­schen Regierung blieben ohne Erfolg. Daher der eher ungewöhn­liche Schritt Tschechiens.

Von Tsche­chien werden Verstöße gegen die Richt­linie über die Umwelt­ver­träg­lich­keits­prüfung (UVP) geltend gemacht. Denn wie sich unter anderem auch aus dem UNECE-Überein­kommen betreffend Schutz und Nutzung von grenz­über­schrei­tenden Wasser­läufen ergibt, ist das Verfahren der Umwelt­ver­träg­lich­keits­prüfung nach Artikel 7 der UVP-RL grenz­über­schreitend anzulegen, wenn ein Projekt erheb­liche Auswir­kungen auf die Umwelt eines anderen Mitglied­staats haben könnte. Die tsche­chische Republik sieht sich außerdem in Rechten auf Infor­mation und Betei­ligung der Öffent­lichkeit verletzt, die sich aus der Aarhus-Konvention ergeben.

Dabei geht es in dem Verfahren um sehr konkret greifbare Beein­träch­ti­gungen mit lokaler Auswirkung. Die Tatsache, dass Polen – wie im September letzten Jahres beschlossen – erst 2049 aus der Kohle aussteigen will und bis dahin noch viel CO2 in die Atmosphäre entlassen wird, ist noch gar nicht berücksichtigt.

Deutschland hat sich bisher nicht mit der tsche­chi­schen Republik am Verfahren beteiligt, obwohl die Auswir­kungen des Tagebaus auch in Sachsen zu spüren sein werden. Mögli­cher­weise verhindern dies die eigenen Inter­essen am Braun­koh­le­ta­gebau im grenz­nahen Gebieten der Lausitz (Olaf Dilling).

2021-03-12T13:50:03+01:0012. März 2021|Energiepolitik, Umwelt|

Geld für die Braun­kohle: Anhörung im Bundestag vom 7.9.2020

4,35 Mrd. EUR sind eine Menge Geld. Diese Summe soll nach dem Entwurf des Vertrags mit den Braun­koh­le­ver­stromern und Braun­koh­le­ta­ge­bau­be­treibern an diese fließen, um sie für den vorzei­tigen Verlust ihrer Kraft­werke zu entschä­digen. Dafür soll nicht geklagt werden (hierzu auch hier und hier). Wie sich aus § 14 des Vertrags­ent­wurfs ergibt, ist das Geld für die Tagebau­fol­ge­kosten bestimmt, auch wenn dies „weich“ formu­liert und damit wohl keine einklagbare Verpflichtung ist.

Doch muss überhaupt gezahlt werden? Und wieso ist – anders als im Bergrecht eigentlich vorge­sehen – nun auf einmal der Steuer­zahler dafür verant­wortlich, die Bergbau­fol­ge­kosten zu bezahlen? Wo kommt eigentlich die Summe her, um die es hier geht? Mit diesen Fragen beschäf­tigte sich am 7. September 2020 eine Ausschuss­an­hörung im Bundestag (Stellung­nahmen hier).

Insgesamt deutet sich an, dass gerade das progressive Lager mit dem Entwurf nicht zufrieden ist. Zum einen sei schon eine vertrag­liche Regelung unnötig, man könne die Braun­koh­le­ver­stromung schlicht per Gesetz beenden. Die Sorge, dass die Bundes­re­publik dann auf höhere Summen verklagt werden könnte, teilt man hier offenbar nicht. Hinter­grund dieser Annahme ist der Umstand, dass die Kosten des Emissi­ons­handels absehbar so schnell wachsen werden, dass die Braun­koh­le­ver­stromung sich sehr schnell sowieso nicht mehr lohnen würde, so dass den Unter­nehmen mögli­cher­weise gar kein Schaden entsteht, wenn sie nicht mehr produ­zieren dürfen. Zudem sind viele Anlagen, um die es geht, schon längst abgeschrieben. Betont wird zudem, dass die konkrete Bezif­ferung der Summe, die fließen soll, nicht nachvoll­ziehbar sei. Zum anderen zemen­tiere der Vertrag nun einen sehr langsamen Ausstieg bis 2038. Wenn die Bndes­re­publik nun doch schneller aussteigen wolle oder müsse – etwa wegen wachsender gemein­schafts- oder völker­recht­licher Pflichten – sei vielleicht noch mehr Geld fällig. Auf der anderen Seite wird von Befür­wortern der Vertrags­lösung betont, dass die Renatu­rierung der Tagebauten eine viel Geld erfor­dernde Aufgabe sei. Aller­dings: Eigentlich müsste bergrechtlich für exakt diese Renatu­rierung eine Menge Geld vorhanden sein.

Was ist von den Argumenten der Sachver­stän­digen nun zu halten? Natürlich steht hinter den recht­lichen Argumenten der Klima­schützer die Hoffnung, doch noch schneller aussteigen zu können als erst in 18 Jahren. Doch so leicht lassen sich die Argumente nicht als reines Zweck­denken vom Tisch wischen. Insbe­sondere die europa­recht­liche Seite, die ClientEarth betont, ist ausge­sprochen ernst zu nehmen. Wenn die Unter­nehmen mit ihren Braun­koh­le­ta­ge­bauten und ‑kraft­werken emissi­ons­han­dels­be­dingt sowieso nicht mehr rentabel gewesen wären oder zumindest nicht in diesem Maße über volle 18 Jahre, steht der Verdacht einer verbo­tenen Beihilfe im Raum. ClientEarth weist zu recht darauf hin, dass die beiden einzigen auch nur annähernd vergleich­baren Entschei­dungen der Kommission über Direkt­zah­lungen an Unter­nehmen für Kraft­werks­stil­le­gungen keine so lange und so weitrei­chende Wirkung besitzen. Insofern ist es abseits aller anderen Argumente (und dem ungeklärten Problem der Ungleich­be­handlung der Stein­kohle) alles andere als klar, ob der deutsche Weg aus der Braun­kohle rechtlich so zulässig ist (Miriam Vollmer).

 

2020-09-08T19:24:42+02:008. September 2020|Energiepolitik, Strom|