4,35 Mrd. EUR sind eine Menge Geld. Diese Summe soll nach dem Entwurf des Vertrags mit den Braunkohleverstromern und Braunkohletagebaubetreibern an diese fließen, um sie für den vorzeitigen Verlust ihrer Kraftwerke zu entschädigen. Dafür soll nicht geklagt werden (hierzu auch hier und hier). Wie sich aus § 14 des Vertragsentwurfs ergibt, ist das Geld für die Tagebaufolgekosten bestimmt, auch wenn dies „weich“ formuliert und damit wohl keine einklagbare Verpflichtung ist.
Doch muss überhaupt gezahlt werden? Und wieso ist – anders als im Bergrecht eigentlich vorgesehen – nun auf einmal der Steuerzahler dafür verantwortlich, die Bergbaufolgekosten zu bezahlen? Wo kommt eigentlich die Summe her, um die es hier geht? Mit diesen Fragen beschäftigte sich am 7. September 2020 eine Ausschussanhörung im Bundestag (Stellungnahmen hier).
Insgesamt deutet sich an, dass gerade das progressive Lager mit dem Entwurf nicht zufrieden ist. Zum einen sei schon eine vertragliche Regelung unnötig, man könne die Braunkohleverstromung schlicht per Gesetz beenden. Die Sorge, dass die Bundesrepublik dann auf höhere Summen verklagt werden könnte, teilt man hier offenbar nicht. Hintergrund dieser Annahme ist der Umstand, dass die Kosten des Emissionshandels absehbar so schnell wachsen werden, dass die Braunkohleverstromung sich sehr schnell sowieso nicht mehr lohnen würde, so dass den Unternehmen möglicherweise gar kein Schaden entsteht, wenn sie nicht mehr produzieren dürfen. Zudem sind viele Anlagen, um die es geht, schon längst abgeschrieben. Betont wird zudem, dass die konkrete Bezifferung der Summe, die fließen soll, nicht nachvollziehbar sei. Zum anderen zementiere der Vertrag nun einen sehr langsamen Ausstieg bis 2038. Wenn die Bndesrepublik nun doch schneller aussteigen wolle oder müsse – etwa wegen wachsender gemeinschafts- oder völkerrechtlicher Pflichten – sei vielleicht noch mehr Geld fällig. Auf der anderen Seite wird von Befürwortern der Vertragslösung betont, dass die Renaturierung der Tagebauten eine viel Geld erfordernde Aufgabe sei. Allerdings: Eigentlich müsste bergrechtlich für exakt diese Renaturierung eine Menge Geld vorhanden sein.
Was ist von den Argumenten der Sachverständigen nun zu halten? Natürlich steht hinter den rechtlichen Argumenten der Klimaschützer die Hoffnung, doch noch schneller aussteigen zu können als erst in 18 Jahren. Doch so leicht lassen sich die Argumente nicht als reines Zweckdenken vom Tisch wischen. Insbesondere die europarechtliche Seite, die ClientEarth betont, ist ausgesprochen ernst zu nehmen. Wenn die Unternehmen mit ihren Braunkohletagebauten und ‑kraftwerken emissionshandelsbedingt sowieso nicht mehr rentabel gewesen wären oder zumindest nicht in diesem Maße über volle 18 Jahre, steht der Verdacht einer verbotenen Beihilfe im Raum. ClientEarth weist zu recht darauf hin, dass die beiden einzigen auch nur annähernd vergleichbaren Entscheidungen der Kommission über Direktzahlungen an Unternehmen für Kraftwerksstillegungen keine so lange und so weitreichende Wirkung besitzen. Insofern ist es abseits aller anderen Argumente (und dem ungeklärten Problem der Ungleichbehandlung der Steinkohle) alles andere als klar, ob der deutsche Weg aus der Braunkohle rechtlich so zulässig ist (Miriam Vollmer).
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