Windkraft schlägt Denkmal­schutz: Zu OVG Greifswald, Urt. v. 23.02.2023, 5 K 171/22

Seit 2022 liegt der Ausbau der Erneu­er­baren Energien laut § 2 EEG im „überra­genden öffent­lichen Interesse“. Dass diese Formu­lierung keine Sonntagsrede ist, sondern echte Auswir­kungen hat, zeigt eine Entscheidung des OVG Greifswald (OVG Greifswald, Urteil vom 23.02.2023 – 5 K 171/22).

Hier hatte ein Vorha­ben­träger eine Geneh­migung für eine Windkraft­anlage beantragt. Die Behörde war dem aber nicht frist­gemäß innerhalb der Frist des § 10 Abs. 6a BImSchG nachge­kommen. Die Denkmal­schutz­be­hörde hatte nämlich eine entge­gen­ste­hende Stellung­nahme abgegeben.

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Das sei kein hinrei­chender Grund, befand das Gericht. Zum einen sei die Geneh­mi­gungs­be­hörde nicht an die Stellung­nahme der Denkmal­schutz­be­hörde gebunden, sondern müsste selbst prüfen. Zum anderen wäre aber selbst dann, wenn das Erschei­nungsbild der Denkmäler sich deutlich verschlechtern würde, die Geneh­migung zu erteilen. Dem Interesse am Ausbau der Erneu­er­baren komme ein regel­mä­ßiges Überge­wicht zu, das nur in Ausnah­me­fällen überwunden werden könne. Selbst für eine Alter­na­ti­venprüfung sah das Gericht keinen Raum, da es auf jeden geeig­neten Standort für Windenergie ankomme (Miriam Vollmer).

2023-05-19T01:58:14+02:0019. Mai 2023|Erneuerbare Energien|

OVG Münster zu Sonder­nut­zungs­ge­bühren für E‑Scooter

Das Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Münster hatte vor einiger Zeit das Aufstellen von sogenannten Sharing-Angeboten im öffent­lichen Raum vom Gemein­ge­brauch ausge­nommen. Das heißt, dass kommer­zielle Leih-Fahrräder oder E‑Scooter nicht mehr ohne weitere auf Gehwegen abgestellt werden dürfen. Vielmehr ist eine Sonder­nut­zungs­ge­neh­migung nötig.

Damit verbunden ist auch eine Gebühr, die angesichts der von den Anbieter häufig massenhaft abgestellten Fahrzeuge häufig ziemlich ins Geld gehen kann. Dazu gibt es jetzt eine weitere Entscheidung des OVG Münster: Die Firma TIER hatte im Sommer 2022 bis zum Ende des Jahres bei der Stadt Köln einen Sonder­nut­zungs­antrag für den öffent­lichen Straßen­raums zum Betrieb von E‑Scootern im Rahmen eines Verleih­systems gestellt. Die Stadt hat daraufhin einen pauschalen Betrag für 3.600 Fahrzeuge von insgesamt 383.000,- Euro festge­setzt. Berechnet war diese Gebühr auf das ganze Jahr, da die entspre­chende Satzung dies so pauschal vorsieht.

Nachdem das Verwal­tungs­ge­richt Köln eine Klage des Anbieters zunächst abgewiesen hatte, hat das OVG Münster dem Anbieter nun im Eilver­fahren insoweit recht gegeben, als die Festsetzung einer Gebühr für ein halbes Jahr nicht identisch mit der Jahres­gebühr sein darf. Zugleich ist das Gericht bei der Auffassung geblieben, dass die Festsetzung einer Sonder­nut­zungs­gebühr grund­sätzlich recht­mäßig ist. Dies ist auch über den Einzelfall hinaus inter­essant, denn auch vielen anderen deutschen Städten gibt es Bestre­bungen, das Abstellen von Scootern stärker zu regle­men­tieren. Sonder­nut­zungs­ge­neh­mi­gungen können dafür ein zentraler Hebel sein. (Olaf Dilling)

2023-05-17T21:04:20+02:0017. Mai 2023|Verkehr|

Kein Eilrechts­schutz gegen erledigte polizei­liche Maßnahme

Vor in paar Wochen kursierten mehrere Videos von Blockaden der Letzten Generation, bei denen die Polizei Aktivisten Schmerz­griffe androhte und sie beim Wegtragen dann auch angewendet hat. Die Anwendung der Schmerz­griffe ist juris­tisch umstritten.

Während manche Verwal­tungs­rechtler, etwa der Jurapro­fessor Joachim Wieland, der Meinung sind, dass diese Maßnahme gegen den Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit verstößt, wenn auch einfaches Wegtragen ohne Zufügung von Schmerzen möglich wäre. Andere, wie etwa der Bayreuther Professor Möstl, meinen, dass durchaus Situa­tionen denkbar sind, in denen die Anwendung der Schmerz­griffe notwendig und dann auch rechtlich zulässig sind.

Obwohl die Maßnahmen mehrfach angewandt worden sind, hat das Verwal­tungs­ge­richt Berlin eine recht­liche Klärung dieser Streit­frage in einem Eilver­fahren abgelehnt. Denn wenn eine Maßnahme die erledigt ist, kann ihre Rechts­wid­rigkeit nur noch in einem Haupt­sa­che­ver­fahren geklärt werden.

Eine Ausnahme besteht nur, bei einer konkreten Wieder­ho­lungs­gefahr. Dafür sah das Gericht jedoch keinen Anlass. Aus Sicht des Gerichts sei es weiterhin die Regel, dass die Polizei Aktivisten von der Straße wegtragen würde, ohne darüber hinaus Schmerzen zu verur­sachen. Eine konkrete Wieder­ho­lungs­gefahr sei daher nicht gegeben. Angesichts der Tatsache, dass die Polizei Berlin die Anwendung von Schmerz­griffen im Kontext der Klima­pro­teste als recht­mäßig einschätzt, ist diese Auffassung wenig überzeugend. (Olaf Dilling)

2023-05-15T18:52:38+02:0015. Mai 2023|Rechtsprechung, Verwaltungsrecht|