In Brüssel und bei den anderen EU-Mitgliedstaaten sorgt die deutsche Haltung zum sogenannten „Verbrenner-Aus“ 2035 vielfach für Verwunderung. Aus Europäischer Sicht stellt es sich so dar, dass Berlin – so die Nachrichtenplattform ‚Politico‘ – „in letzter Minute den Versuch unternimmt, einen bereits abgesegneten Plan, die Abschaffung von traditionellen Autos mit Verbrennungsmotoren bis 2035 zu stoppen“.
Tatsächlich waren die neuen CO2-Flottengrenzwerte, die bis 2030 eine 55% und bis 2035 eine 100% Reduktion von CO2 vorsehen, bereits im Paket Fit for 55, das letztes Jahr zwischen den 27 Mitgliedstaaten in langwierigen Verhandlungen abgestimmt worden war. Inzwischen wurden die darin enthaltenen Reduktionsziele auch in einem Verordnungsentwurf umgesetzt. Dieser war letztes Jahr von der EU-Kommission erarbeitet und vom Europäischen Parlament beschlossen worden. Insofern erschien die Zustimmung durch die Mitgliedstaaten nunmehr eher als eine Formsache.
Allerdings war dem Bundesminister für Digitales und Verkehr Wissing die Formulierung der Verordnung nicht „technologieoffen“ genug. Denn in den Erwägungsgründen zur Verordnung steht:
„Zu den emissionsfreien Fahrzeugen zählen derzeit Elektrofahrzeuge, Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb oder mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge.“
Traditionelle Verbrennungsmotoren werden nicht explizit aufgeführt. Das macht aus der Logik der Flottengrenzwerte auch durchaus Sinn. Denn während der Strommix für Elektroautos mit dem Fortschreiten der Energiewende kontinuierlich auf erneuerbare Energien umgestellt wird und Wasserstoff aus Elektrolyse hergestellt wird, sind herkömmliche Verbrennungsmotoren nicht auf erneuerbare Kraftstoffe festgelegt.
Selbst wenn es also irgendwann in ausreichender Menge eFuels geben sollte und diese synthetischen Kraftstoffe auch noch erschwinglich genug sind, um als Alternative für E‑Mobilität zu taugen: Was bisher völlig offen ist, wie Kfz mit traditionellen Verbrennungsmotoren Flottengrenzwerte einhalten können. Denn diese Grenzwerte sind ja produktbezogen und dürfen nicht davon abhängen, ob jemand zufällig eFuels oder fossiles Super bleifrei getankt hat.
Das heißt, dass nun technische Lösungen gefunden werden müssen, wie Verbrennungsmotoren, etwa durch Einbau von Sensoren, künstlich in ihren Möglichkeiten beschnitten und auf den Einsatz von eFuels beschränkt werden können. Diese Verrenkung steht der Idee des „Phasing-Out“ einer bestimmten, umweltschädlichen Technologie ziemlich entgegen. Schließlich produzieren Verbrennungsmotoren auch mit eFuels zwar kein CO2, aber weiterhin etwa genauso viel umwelt- und gesundheitsschädliche Stickoxide wie Benziner. Da die Technologie aufgrund der mangelnden Effizienz der Energieausnutzung auch nicht wirklich massentauglich ist, bleibt es vermutlich bei einem letzten Aufbäumen einer Technologie mit großer Vergangenheit. (Olaf Dilling)
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