Was ist los mit den Sektorzielen?
Der Koalitionsausschuss hätte mit den Sektorzielen auch den Klimaschutz unter den Bus geworfen, meinen manche, und bisweilen hört es sich so an, als wäre Volker Wissing nun aller Bindungen ledig und könnte ab morgen 24/7 den Motor aufheulen lassen. Doch stimmt das wirklich? Was verbirgt sich eigentlich hinter diesen Sektorzielen? Und was verliert das Klimaschutzgesetz (KSG) durch die Beschlüsse des Koalitionsausschuss?
Zunächst: Die Sektorziele sind ein Kind der Großen Koalition. In dem KSG sind für die Sektoren Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft jährliche Minderungsziele vorgesehen.In Summe sollen alle Sektoren zusammen bis 2030 insgesamt 65% einsparen, bis 2040 dann 88% und bis 2045 soll die Nettonulllinie erreicht werden. Man kann also sehr genau sehen, welcher Sektor on track ist und wer patzt.
Weder die Minderungsziele noch die Sektorziele sollen nun abgeschafft werden. Es soll auch weiterhin jährlich aufgeführt werden, was erreicht worden ist und ob das ausreicht. In welchen Bereichen es Probleme gibt, sieht man also auch weiterhin. Was sich aber ändert: Heute muss das zuständige Ministerium, in dessen Geschäftsbereich die Emissionen nicht plangemäß sinken, nach § 8 Abs. 1 KSG innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der Bewertung der Emissionsdaten durch den Expertenrat für Klimafragen ein Sofortprogramm vorlegen, das dann wieder der Expertenrat begutachtet, bevor es dann in die Umsetzung geht. Künftig soll statt dessen jeweils nach zwei Jahren, in denen die Sektoren gemeinsam die Ziele so verfehlt haben, dass die Zielerreichung 2030 unwahrscheinlich wird, ein gemeinsames Programm aufgelegt werden. Hierbei sollen die für die Verfehlung verantwortlichen Ministerien „insbesondere“ etwas beitragen, aber eben auch die, die eigentlich auf dem Zielpfad sind.
Kritiker wenden nun ein, dies würde die Ministerien aus der Verantwortung entlassen, die ihren Job nicht machen. Das ist auf der einen Seite sicherlich wahr, denn heute muss vor allem das Verkehrsministerium liefern, dessen Sektor die Ziele verletzt hat. Nach den angekündigten Änderungen ist die Zielerreichung künftig Aufgabe der ganzen Bundesregierung. Doch bedeutet das wirklich einen Nachteil für den Klimaschutz? Schließlich liefert das Verkehrsministerium nun schon seit Monaten nicht, hat dies offenbar auch nicht vor, aber Konsequenzen hat diese Verweigerung nicht. So super läuft es offenbar nicht mit den nun so gepriesenen Sektorzielen: Der Mechanismus setzt voraus, dass ein Ministerium die Ziele überhaupt realisieren will. Ist es einem Haus egal, dann passiert heute schon gar nichts. Schlechter kann es also nicht werden.
Wird es vielleicht sogar besser? Immerhin soll künftig die Bundesregierung – also alle Ministerien – beschließen, wie man wieder auf die Spur kommt. Das Interesse der anderen Häuser an effizienten Klimaschutzmaßnahmen auch in den schwierigen Sektoren steigt damit natürlich. Und es ist ja auch durchaus nicht klar, wo gerade Emissionsminderungsmaßnahmen am kostengünstigsten sind. Insofern: Im Papier stehen einige schwierige Maßnahmen. Diese gehört aber wohl eher nicht dazu (Miriam Vollmer).