Was will denn nun die FDP?
Die FDP ist zuletzt nicht mit klimaschutzpolitischem Elan aufgefallen. Dass nun ausgerechnet die FDP-Politiker Köhler und Vogel ein Papier zur Reform des BEHG vorgelegt haben, macht deswegen erst einmal viele misstrauisch. Könnte es sich möglicherweise um ein reines Ablenkungsmanöver oder den Versuch einer Verschleierung der wieder nicht gesunkenen Verkehrsemissionen handeln? Aber schauen wir uns die Sache einmal an:
In den ersten Zeilen vertieft das Diskussionspapier der beiden Liberalen den Argwohn, hier solle etwas versteckt werden. Statt jährlicher Sektorziele soll es nur noch eine „mehrjährige sektorübergreifende Gesamtrechnung“ geben. Das wäre natürlich schön für eine Partei, die das Verkehrsministerium besetzt und nicht plant, hier Emissionen abzuschmelzen. Doch der dann folgende praktische Vorschlag des Diskussionspapiers kann sich durchaus sehen lassen:
Aktuell – das ist vielfach nicht bekannt – gibt es für Brenn- und Treibstoffe, die außerhalb von großen Industrieanlagen und Kraftwerken verbrannt werden, so eine Art Emissionshandels-Attrappe. Wieso Attrappe? Weil der Co2-Preis nach dem BEHG nicht auf einer Begrenzung der Zertifikate beruht, sondern eher eine Art Steuer für eine letztlich unbegrenzte Emission darstellt, derzeit in Höhe von nur 30 EUR/t CO2. Emittieren die Deutschen zu viel, kommt der Bund für die damit verbundene Verletzung von europäischem Recht auf.
An diesem Design will die FDP nun etwas ändern. Es soll schon ab 2024 ein echtes Cap geben, und zwar abgeleitet von der EU-Lastenteilungsverordnung. Mit anderen Worten: Es soll nur noch so viele Zertifikate geben, wie Deutschland nach der Lastenteilungsverordnung zustehen. Diese sollen dann versteigert werden, so dass sich ein „echter Preis“ statt der staatlich fixierten 35 EUR bildet, der derzeit in § 10 Abs. 2 Nr. 3 BEHG für 2024 vorgesehen ist. Wie hoch dieser Preis ausfallen wird, ist naturgemäß offen, als sicher gilt aber: Er wird deutlich höher ausfallen, wahrscheinlich würde er dreistellig sein.
Ein solcher CO2-Preis würde vermutlich schnell für Emissionsminderungen sorgen. Gleichzeitig trifft eine solche Regelung Menschen hart, die sich darauf verlassen haben, dass die finanziellen Parameter von Heizen und Mobilität sich nicht grundlegend ändern. Denn ein Stromtarif ist schnell gewechselt, aber wer ein Haus gekauft hat und pendelt oder noch mit Öl heizt, kann das nicht über Nacht verändern. Die Liberalen schlagen deswegen vor, auf die Flexíbilitätsoptionen der Lastenteilungs-VO zurückzugreifen, die in deren Art. 5 geregelt sind. Hiernach können 10% (bis 2025) bzw. 5% (bis 2029) Emissionsrechte für das jeweilige Folgejahr vorweggenommen werden. Im selben Umfang kann man Emissionszuweisungen von anderen Mitgliedstaaten übertragen bekommen, also kaufen.
Macht das den Vorschlag der Liberalen zu einer Mogelpackung? Es ist sicherlich nicht der radikalste denkbare Vorschlag. Aber die Flexibilitätsmechanismen nutzt der Bund auch schon heute, denn Verkehr und Gebäude emittieren ja wegen des viel zu günstigen CO2-Preises zu viel. Der Vorschlag beinhaltet also weniger Klimaschutz in Deutschland, als eigentlich vorgesehen. Aber deutlich mehr, als es aktuell der Fall ist. Insofern: Daumen hoch für den Klimaschutzfaktor dieses Vorschlags. Dass das eingenommene Geld an alle Bürgerinnen und Bürger zurückgezahlt werden soll, ist im Koalitionsvertrag vereinbart, es ist aber auch wichtig, auf diesen Punkt immer wieder hinzuweisen.
Was indes leider offen bleibt, ist die Frage, wie sich dieser Emissionshandel 2 zum ETS II verhalten soll, der bis 2027 eingeführt weren soll. Hier sollen die Zertifikate zunächst auf niedrigem Niveau stabilisiert werden, indem zunächst schon bei 45 EUR zusätzliche Zertifikate versteigert werden und der Preis so gesenkt werden soll. Sinnvoll wäre es auch im Sinne langfristiger Planungssicherheit, einen deutschen Price Floor direkt fest zu regeln, um Investitionssicherheit zu schaffen. An diesem Punkt bedarf der Vorschlag also noch dringend der Konkretisierung (Miriam Vollmer).