Das 2. Türchen: Ist die Erlös­ab­schöpfung bei Erneu­er­baren in dieser Form rechtmäßig?

Erneu­erbare Energien sollen ausgebaut werden, so der deutsche Gesetz­geber, denn nur mit einem starken Ausbau der Erneu­er­baren kann der steigende Bedarf an Strom bei gleich­zei­tigem Ausstieg aus konven­tio­nellen Erzeu­gung­tech­no­logien gedeckt werden, zu denen die Bundes­re­publik nicht nur politisch, sondern auch juris­tisch verpflichtet ist, wie zuletzt der Klima­be­schluss des BVerfG (hierzu hier) festge­stellt hat.

Im Bild: Ein betrof­fener Solarpark unserer Mandantschaft

Ob es angesichts dessen sinnvoll ist, die Erlöse Erneu­er­barer Energien ab Dezember im Strom­preis­brem­sen­gesetz (Entwurf hier) deutlich drasti­scher abzuschöpfen, als die EU es in ihrer Verordnung vom 6. Oktober 2022 vorge­geben hat, ist aber nicht nur eine politische, sondern auch eine juris­tische Frage, die wir für die ARGEnergie e. V. in einem aktuellen Gutachten unter­sucht haben. Dem Verbund von 118 Stadt­werken und anderen Energie­ver­sorgern aus Süddeutschland gehören viele Unter­nehmen an, die PV-Freiflä­chen­an­lagen und/oder Windparks betreiben.

Was wir heraus­ge­funden haben: Statt die Erlöse nun bei 18 Cent/kWh zu kappen, wie die EU vorgibt, sondern am anzule­genden Wert, also der Mindest­ver­gütung nach dem EEG, anzusetzen, und damit oft bei 6 – 7 Cent/kWh zu kappen, wird nach unserer Prüfung weder Art. 14 Abs. 1 GG gerecht, noch ist die Ungleich­be­handlung mit der – von solchen Plänen ganz verschonten – Stein­kohle rechtlich nachvoll­ziehbar. Dies verletzt, so unser aktuelles Gutachten, auch die Vorgaben des Art. 8 Abs. 2 der EU-Verordnung, der eine diskri­mi­nie­rungs­freie und verhält­nis­mäßige Umsetzung fordert, die Inves­ti­tionen nicht erstickt.

Das Gutachten wurde erstellt von Dr. Miriam Vollmer.

2022-12-02T14:49:22+01:002. Dezember 2022|Allgemein, Energiepolitik, Erneuerbare Energien|

Aktueller Kommentar: Freie Gehwege durch effizi­enter genutzte Parkplätze

Der Berliner Senat hat am Dienstag auf Vorlage der Mobili­täts­se­na­torin Bettina Jarasch per Verordnung eine Änderung der Parkge­bühren-Ordnung (ParkGebO) beschlossen. Wesent­licher Inhalt ist, dass die Parkge­bühren, die über 20 Jahre unver­ändert geblieben waren, nun von ein, zwei und drei Euro pro Stunde je nach Gebüh­ren­stufe auf zwei, drei und vier Euro pro Stunde erhöht werden.

Mit E-Rollern zugestellter Gehweg in Bremen

Bisher stehen Lasten­räder, E‑Roller und Leihräder auf dem Gehweg, sehr zum Leidwesen der Fußgänger.

Zugleich wird das Parken von Fahrrädern, Pedelecs, Lasten­rädern, Leicht­kraft­rädern sowie Motor­rädern auf Verkehrs­flächen des ruhenden Verkehrs ab Anfang nächsten Jahres von der Gebüh­ren­pflicht befreit. Dadurch soll dem seit einiger Zeit auf den Fußwegen bestehende Chaos durch dort häufig planlos abgestellte Fahrzeuge entge­gen­ge­wirkt werden. Da E‑Roller, was das Parken angeht, Fahrrädern rechtlich gleich­ge­stellt sind, gilt diese Regelung auch für diese. Auch Carsharing-Fahrzeuge sind unter bestimmten Voraus­set­zungen von der Erhöhung ausgenommen.

Wie eigentlich zu erwarten, hat die Entscheidung des Senats bei vielen Autofahrern, in der Presse und bei Teilen der Opposition für Unmut gesorgt. Denn viele sorgen sich um ausrei­chend Parkmög­lich­keiten. In der Folge sind nun auch die Regie­rende Bürger­meis­terin und die Innen­se­na­torin einge­knickt. Laut Welt kriti­sieren sie die „Pläne“ der Mobili­täts­se­na­torin. Ein bisschen wirkt es so, als hätten sie von ihrem eigenen Senats­be­schluss erst über die Presse erfahren.

Die Kritik richtet sich unter anderem darauf, dass aufgrund der Regelung über die Parkge­bühren Autofahrer benach­teiligt würden. Zum Teil wird in der Diskussion behauptet, dass der Berliner Senat ab Januar 2023 das Parken von Fahrrädern auf Parkplätzen erlaubt habe. So etwa kriti­siert dies der Berliner CDU-Chef Wegner, der dies als einseitige Politik gegen das Automobil bezeichnet.

Dass das Parken von Fahrrädern auf Parkplätzen bisher verboten war, ist aller­dings nicht der Fall. Bereits ein Blick auf § 12 Abs. 4 Satz 1 StVO zeigt, dass das Parken am Fahrbahnrand nicht exklusiv für Kraft­fahr­zeuge erlaubt ist. Vielmehr erstreckt sich der Gemein­ge­brauch auch an Flächen des ruhenden Verkehrs auf alle Fahrzeuge, die zu Verkehrs­zwecken einge­setzt werden. Dies ist spätestens seit dem Versuch von Andreas Scheuer bekannt, das Parken von Fahrrädern am Fahrbahnrand ausdrücklich in der StVO zu unter­sagen, der am Wider­stand der Länder im Bundesrat gescheitert ist. Insofern bringt die Berliner Regelung straßen­ver­kehrs­rechtlich nicht viel Neues.

Was die Ungleich­be­handlung von Autofahrern angeht ist es aktuell so, dass der Parkraum faktisch fast ausschließlich für Kfz genutzt wird. Angesichts des viel gerin­geren Flächen­be­darfs von Fahrrädern war bisher offenbar die allge­meine Auffassung, dass auf dem Gehweg genug Platz sei. Dies hat sich jedoch mit dem Aufkommen der E‑Scooter und der elektrisch unter­stützten Lasten­räder geändert. Die Gehwege sind in Berlin inzwi­schen mancherorts kaum noch benutzbar. Es gibt immer wieder Fälle von blinden Menschen, die sich beim Stolpern über Klein­fahr­zeuge schwer verletzen. Abhilfe könnte schaffen, wenn mehr geordnete Aufstell­mög­lich­keiten am Fahrbahnrand geschaffen werden und das wilde Abstellen zugleich sanktio­niert würde. Was die Gebüh­ren­pflicht angeht ist ein Fahrrad allein wegen seines viel gerin­geren Flächen­be­darfs nicht mit einem Pkw zu vergleichen.

Zugleich könnte ein geord­netes Aufstellen dieser Fahrzeuge im Parkraum und eine Förderung neuer, raumef­fi­zi­en­terer Mobili­täts­formen sich auch für Autofahrer positiv auswirken. Denn jedes einge­sparte Kfz macht für eine Vielzahl von Fahrrädern oder E‑Rollern Platz. Eine Förderung der Nutzung von Fahrrädern, Carsharing, Lasten­rädern als Alter­native um Kfz-Verkehr ist daher letztlich für alle Verkehrs­teil­nehmer von Vorteil. Voraus­setzung ist natürlich, dass auch das Innen­ressort seinen Job macht und auf die barrie­re­freie und platz­spa­rende Aufstellung dieser Fahrzeuge hinwirkt (Olaf Dilling)

 

 

2022-12-02T12:09:40+01:002. Dezember 2022|Kommentar, Verkehr|