Das 12. Türchen: Wie wirbt man (nicht) mit CO2-Kompensationen?

Die Bundes­re­gierung tut’s, viele andere tun’s: Unver­meid­liche Emissionen kompen­sieren. Doch nicht alle Angebote am Markt sind seriös. Entspre­chend gibt es immer wieder Bericht­erstattung in der Presse, dass manches Angebot nicht hält, was es verspricht. Das ist mindestens ärgerlich für die Kunden. Doch dann, wenn die Kunden mit dem Versprechen der Klima­neu­tra­lität am Markt aufge­treten sind, bekommt das unseriöse Angebot auch eine recht­liche Kompo­nente. Denn die meisten Käufer würden bei der Wahl zwischen einem klima­neu­tralen Müllbeutel und einem, der keine Klima­neu­tra­lität verheißt, zum klima­freund­lichen Produkt greifen, auch wenn es etwas mehr kostet. Die Frage, wie seriös Kompen­sa­ti­ons­an­gebote sind, hat also nicht nur eine ökolo­gische, sondern auch eine wettbe­werbs­recht­liche Kompo­nente, wie eine ganze Reihe von jüngeren Gerichts­ur­teilen zeigen.

Doch wann ist ein Angebot seriös? Und erfüllt das eigene Angebot diese Kriterien? Diese Frage haben wir für die Climate Company, GEMB Gesell­schaft für Emissi­ons­ma­nagement und Beratung mbH geprüft und ein Gutachten erstellt. Dabei haben wir aus der vorhan­denen Recht­spre­chung einen Dreischritt identi­fi­ziert und beschrieben:

  • Um sicher­zu­stellen, dass tatsächlich so viel CO2 kompen­siert wird, wie vorher emittiert wurde, muss im ersten Schritt überhaupt ermittelt worden sein, welche Menge kompen­siert werden muss. Die Ermittlung nach der DIN EN 16247–1 für Energie­audits, die das Unter­nehmen für die CO2-Bilanzen verlangt, sind unserer Ansicht nach geeignet, die Kompen­sa­ti­ons­menge zu identi­fi­zieren. Das gilt auch für Energie­da­ten­be­richte, wenn sie von Dritten stammen, und Tankmengen im Trans­port­wesen. Gibt es nur Primär­da­ten­be­richte, ist ein Aufschlag erfor­derlich. Was wir auch wichtig finden: Vermeidung und energe­tische Optimierung müssen vorrangig geprüft worden sein.
  • Weiter: Es gibt eine Vielzahl von Zerti­fi­katen und nicht immer ist der Umgang mit diesen frei von Risiken. Wir meinen, dass auf jeden Fall gewähr­leistet sein muss, dass die Minderung tatsächlich statt­ge­funden hat. Unsere Mandantin hat quali­tative Anfor­de­rungen, kompen­siert entlang des Gold-Standards oder durch VCS-Zerti­fikate des Registers VERRA und vermischt die Zerti­fikate aus unter­schied­lichen Projekten nicht, um Nachvoll­zieh­barkeit zu gewährleisten.
  • Abschließend haben wir geprüft, wie die Rahmen­be­din­gungen der Siegel aussehen, die die Käufer der Zerti­fikate erhalten. Hier ist der Abgleich mit der Markt­er­wartung wichtig. Es dürfen also keine unzutref­fenden Vorstel­lungen hervor­ge­rufen werden, was in einem Markt, von dem viele Menschen ohnehin nur sehr unscharfe Vorstel­lungen haben, natürlich nicht einfach ist. Unsere Mandantin erteilt ihren Kunden die Auflage, durch räumliche Nähe von Siegel und Zerti­fikat, aus dem sich ergibt, was genau hier nun kompen­siert wurde, Fehlvor­stel­lungen auszuschließen.

Wir sind am Ende unseres Gutachtens für das Produkt der Mandantin (rechts Geschäfts­führer Michael Kroehnert) zu positivem Ergebnis gekommen. Für manche Werbung mit Klima­neu­tra­lität, die man ansonsten so sieht, hätte das sicher nicht gegolten. Warum es sie trotzdem gibt, mag manchmal an Unkenntnis, manchmal an dem höheren Aufwand allein schon eines Energie­audits oder einer gleich­wer­tigen Feststellung der Emissionen liegen. Schade ist es allemal, denn eine an sich gute Sache wird so auch in den Augen der Öffent­lichkeit beschädigt.

Das Gutachten erstellten Dr. Miriam Vollmer und Dr. Olaf Dilling.