VG Berlin: Maskenpflicht im Bundestag
Im Bundestag gilt seit dem 6. Oktober 2020 die Pflicht, eine Alltagsmaske zu tragen. Dies hat der Bundestagspräsident per Allgemeinverfügung angeordnet. Um zu verhindern, dass eventuelle Widersprüche dazu führen, dass die Pflicht zur Alltagsmaske möglicherweise erst nach einer langwierigen Auseinandersetzung vor Gericht greift,
Neun Mitarbeiter der AfD-Fraktion sahen das aber nicht ein. Sie wehrten sich gegen die Allgemeinverfügung und beantragten gleichzeitig, bis zur endgültige Klärung die aufschiebende Wirkung der laufenden Klage wiederherzustellen, also erst mal keine Maske zu tragen, bis eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.
Diesen Antrag hat das VG Berlin nun zurückgewiesen. Das VG Berlin hält die Allgemeinverfügung für rechtmäßig (VG 2 L 179/20). Erstens sei sie formell ordnungsgemäß ergangen, auch den Antragstellern zugegangen, aber zweitens sieht das VG Berlin sie auch für materiell korrekt an: Die Befugnis resultiere aus Art. 40 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 GG, dem Hausrecht des Bundestagspräsidenten. Offenbar haben die AfD-Mitarbeiter behauptet, die Pflicht sei zu unbestimmt gewesen, aber das überzeugte das VG nicht: Die Republik spreche seit Monaten über Masken, jeder wisse, was damit gemeint sei.
Das VG sah auch die Voraussetzungen der Allgemeinverfügung als gegeben an. Die Funktionsfähigkeit des Bundestags stehe angesichts der hohen 7‑Tage-Inzidenz in Berlin von zuletzt 236 Fällen pro 100.000 Einwohnern auf dem Spiel. Bei einer solchen Lage sei es wahrscheinlich, dass sich Infizierte im Bundestag aufhalten. Auch der Vortrag, bei Einhaltung der Abstandsregeln bestehe keine Gefahr und deswegen sei auch keine Maskenpflicht vonnöten, überzeugte nicht.
Es ist einigermaßen überraschend, dass die AfD-Mitarbeiter tatsächlich die Eignung der Masken zur Pandemiebekämpfung bestritten haben. Sie beriefen sich darauf, dass die Maske allein nicht ausreichend sei, die Ansteckungsgefahren auszuschließen, und machten auf vermeintliche Inkonsistenzen und Wertungswidersprüche (wie zB die Möglichkeit, am Arbeitsplatz die Maske abzunehmen) aufmerksam. Das Gericht sah es aber als erwiesen an, dass die Maske immerhin einen Beitrag leistet. Dieser Beitrag wiege schwerer als der Nachteil, den es bedeutet, eine Maske tragen zu müssen. Die Antragsteller hatten eine Beeinträchtigung ihrer Meinungsfreiheit und ihrer körperlichen Unversehrtheit vorgetragen, was das Gericht beides nicht für gegeben hielt, u. a. weil es keine „Meinung“ sei, keine Maske zu tragen. Zudem falle die Maskenpflicht nicht so schwer ins Gewicht wie die Gefahr, dass der Bundestag nicht mehr funktionsfähig ist, weil zu viele Abgeordnete oder ihre Mitarbeiter krank oder in Quarantäne sind.
Was bedeutet diese Entscheidung für die Praxis? Natürlich kann nur der Bundestag mit der Funktionsfähigkeit des Bundestags argumentieren. Aber je wichtiger Institutionen für die Aufrechterhaltung grundlegender Infrastrukturen sind, um so eher können auch sie eine Maskenpflicht in vergleichbarer Weise rechtfertigen. Zwar steht die 2. Instanz noch aus, denn gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum OVG Berlin-Brandenburg möglich. Doch dieses hatte bereits zu einer ähnlichen Regelung im Brandenburgischen Landtag entschieden und ebenfalls die sofortigen Vollziehbarkeit der Maskenpflicht aufrechterhalten. (Miriam Vollmer)