Über die Leich­tigkeit des Radverkehrs

Im öffent­lichen Straßen­ver­kehrs­recht stellt sich immer wieder die Frage danach, ob Verkehrs­re­ge­lungen gerecht­fertigt sind. Und aus der dafür zentralen Vorschrift des § 45 Abs. 1 StVO ergibt sich, dass es sich bei Straßen­ver­kehrs­recht primär um Ordnungs­recht handelt. Das heißt, es geht nach Auffassung der Verwal­tungs­ge­richte bei Verkehrs­regeln weder um Klima­schutz, noch um städte­bau­liche Erwägung und schon gar nicht um so „weiche“ Ziele wie die Aufent­halt­qua­lität in unseren Straßen. Vielmehr geht es um die Sicherheit und Ordnung im Verkehr.

Nun dürfte das Richter oder Beamte in Verkehrs­be­hörden nicht daran hindern, ein bisschen kreativ darüber nachzu­denken, was eigentlich „Verkehr“ alles ist. Denn viel zu leicht setzt da, noch bevor der Bürger sein Anliegen vollständig vorge­bracht hat, die Schere im Kopf an: Geht es um etwas, das ohne Verbren­nungs­motor unterwegs ist, kann es sich nach Auffassugn vieler Verwal­tungs­rechtler nicht um Verkehr handeln. Jeden­falls nicht um Verkehr im eigent­lichen Sinne.

Und Fußgänger oder Fahrrad­fahrer mögen sich auf Verkehrs­si­cherheit berufen. Aber auch auf die „Ordnung des Verkehrs“, die meist synonym mit der Leich­tigkeit des Verkehrs umschrieben wird? Nun, das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt hat dazu schon einmal eindeutig Stellung bezogen. In dem bald 10 Jahre alten Urteil ging es um die Radweg­be­nut­zungs­pflicht, die durch ein entspre­chendes Verkehrs­zeichen für Radwege angeordnet wird. Darin würde zugleich das Verbot liegen, als Fahrrad­fahrer die Fahrbahn zu benutzen. Daher sei durch das Schild die Leich­tigkeit des Fahrrad­ver­kehrs eingeschränkt.

Daraus folgt, dass bei der Verteilung des öffent­lichen Verkehrs­raums jede Einschränkung für eine Verkehrsart zugleich eine Ermög­li­chung für eine andere Verkehrsart bedeuten kann: Was die Leich­tigkeit des Kfz-Verkehrs fördert, kann die Leich­tigkeit für den Fahrrad­verkehr einschränken. Umgekehrt dürfte es möglich sein, die Berliner Popup-Radwege, die zunächst mit einem pande­mie­be­dingte Mehrbedarf an Radin­fra­struktur gerecht­fertigt wurden, genau auf diese Weise rechts­sicher zu begründen: Dass die Leich­tigkeit des Radver­kehrs die Einrichtung der geschützten Radwege auf zuvor von Kfz genutzten Fahrbahnen erfordert. Sowohl das Verwal­tungs­ge­richt Berlin als auch das Oberver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Brandenburg hatten die Einrichtung der Radwege dagegen ausschließlich unter Aspekten der Verkehrs­si­cherheit betrachtet. Wir berich­teten. Fahrrad­verkehr ist auch im Bewusstsein von Verwal­tungs­richtern immer noch nicht ausrei­chend als „Verkehr“ verankert (Olaf Dilling).