Zum Jahres­beginn machte neben den inzwi­schen fast normalen politi­schen Hiobs­bot­schaften eine etwas unappe­tit­liche Nachricht aus England die Runde: In einem Abwas­ser­kanal nahe der Stadt Sidmouth sei ein Fettberg in ziemlich exakt den Ausmaßen sechs hinter­ein­ander parkender Doppel­de­cker­busse entdeckt worden. Neben diversen Hygie­ne­ar­tikeln bestand das Gebirge vor allem wohl aus erkal­tetem Fett der an der südeng­li­schen Küste weit verbrei­teten Fish&Chips-Imbisse. In einer spontanen Stellung­nahme verneinte eine deutsche Abwas­ser­ex­pertin entspre­chend die Frage, ob es so etwas auch in Deutschland geben könne. Sie machte aller­dings zugleich auf das Problem mit den Feucht­tü­chern aufmerksam, die kaum abbaubar sind und hierzu­lande häufig die Kanali­sation verstopfen.

Auch was die Produkte deutscher Kosme­tik­her­steller angeht, gibt es keinen Grund für Überheb­lichkeit. Denn in Shampoos, Peelings und Cremes sind häufig Dinge, die eigentlich nicht in den Abfluss gehören: Kleine Polymer­par­tikel, die mit bloßem Auge oft kaum sichtbar sind, aber in der Umwelt schäd­liche Wirkungen entfalten können. Obwohl sich Kosme­tik­her­steller in den deutsch­pra­chigen Ländern verpflichtet haben, ab 2014 auf Mikro­plastik in ihren Produkten zu verzichten, wurde dies bisher nur für Peeling­par­tikel aus Polyethylen umgesetzt. Auch als Trübungs­mittel und zur Farbgebung sind Polymere weiterhin im Einsatz. Das Umwelt­bun­desamt fordert daher nach schwe­di­schem Vorbild ein Verbot von Mikro­plastik in Kosme­tik­ar­tikeln, was aber bislang von der großen Koalition abgelehnt wurde.

Auch wenn zur Zeit viel über Mikro­plastik in den Weltmeeren geredet wird, landen viele dieser Partikel, zusammen mit synthe­ti­schen Fasern aus der Wasch­ma­schine, Reifen­abrieb und anderen Schad­stoffen im Klärschlamm. Dies verlagert das Problem aber nur: Nach einer Berechnung der Univer­sität Bern endet ein größerer Teil des Mikro­plastik in Böden. Daran würde auch eine zum Teil gefor­derte 4. Klärstufe zur Reinigung des Abwassers von Mikro­plastik nichts ändern. Aller­dings ist nach einer Verschärfung der Grenz­werte  in der Klärschlamm­ver­ordnung von 2017, die bislang nicht Mikro­plastik betreffen, zu erwarten, dass noch mehr Klärschlamm verbrannt wird. Das bringt aber andere Probleme mit sich: beispiels­weise gehen wertvolle Nährstoffe, insbe­sondere Phosphate, verloren oder müssen aufwendig aus der Klärschlamm­asche extra­hiert werden. Über die Kosten, die zukünftig über die geplante Einbe­ziehung der Klärschlamm­ver­brennung in den Emissi­ons­handel entstehen könnten, hatten wir im letzten Jahr schon berichtet. Alles in allem zeigt sich einmal mehr, dass der Gemein­platz „Vorsorge geht vor Nachsorge“ seine Berech­tigung hat. Es ist besser, Stoffe gar nicht erst in die Kanali­sation geraten zu lassen, die nur mit großem Aufwand wieder aus dem Wasser zu entfernen sind.