Änderung im EnWG – Neue Regeln für die Versorgungsunterbrechung

Der Gesetz­geber hat am 22. Juni 2021 das „Gesetz zur Umsetzung unions­recht­licher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasser­stoff­netze im Energie­wirt­schafts­recht“ verab­schiedet (wir berich­teten). In diesem Zusam­menhang hat er auch den Vertrieb von Energie außerhalb der Grund­ver­sorgung in Teilen neu oder ausführ­licher als bisher geregelt – so auch das Recht zur Versor­gungs­un­ter­bre­chung wegen Nicht­zahlung des geschul­deten Entgeltes.

Bisher war diese Proble­matik nur für die gesetz­liche Grund­ver­sorgung überhaupt energie­rechtlich geregelt (§ 19 StromGVV / GasGVV – wir berich­teten über die letzten Änderungen). In Sonder­kun­den­ver­trägen ausserhalb der Grund­ver­sorgung muss das Recht zur Unter­bre­chung der Versorgung regel­mäßig im Rahmen der vom Versorger erstellten Liefer­be­din­gungen vertraglich geregelt werden – in der Praxis regel­mäßig unter mehr oder minder unver­än­derter Übernahme der Regelungen aus der GVV. Fehlte eine entspre­chende vertrag­liche Regelung hierzu, musste auf das allge­meine Zurück­be­hal­tungs­recht des § 273 BGB zurück­ge­griffen werden.

Im neuen § 41b Abs 2 EnWG ist nun erstmals für die Belie­ferung von Haushalts­kunden gesetzlich geregelt, dass im Fall einer Versor­gungs­un­ter­bre­chung dem Kunden 4 Wochen vor der Unter­bre­chung Möglich­keiten zur Abwendung aufge­zeigt werden müssen. Das Gesetz nennt hierzu beispielhaft Hilfs­an­gebote zur Abwendung einer Versor­gungs­un­ter­bre­chung wegen Nicht­zahlung, Voraus­zah­lungs­systeme, Infor­ma­tionen zu Energie­audits, Infor­ma­tionen zu Energie­be­ra­tungs­diensten, alter­native Zahlungs­pläne verbunden mit einer Stundungs­ver­ein­barung, Hinweis auf staat­liche Unter­stüt­zungs­mög­lich­keiten der sozialen Mindest­si­cherung oder eine Schuldnerberatung.

Der Gesetz­geber regelt damit nicht direkt das Recht zur Versor­gungs­un­ter­bre­chung, sondern setzt dieses Recht mehr oder minder voraus und verknüpft es mit der neuen Pflicht, dem Schuldner Lösungs­mög­lich­keiten aufzu­zeigen. Entspre­chende regelungen in den AGB des versorgers sind damit nicht überflüssig geworden, müssen aber mit den neuen Vorgaben des EnWG harmo­nieren. (Christian Dümke)

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2021-07-16T11:53:18+02:0015. Juli 2021|Gas, Strom, Vertrieb|

Neues von der facebook-Fanpage

Erinnern Sie sich noch an die EuGH-Entscheidung zu facebook-Fanpages und an den Ärger, den Herr Valk von den Stadt­werken Oberal­theim damit hatte?

Um es kurz zu rekapi­tu­lieren: Am 5. Juni 2018 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer viel beach­teten Entscheidung sich mit sogenannten facebook-Fanpages befasst. Es geht also um diese Seiten bei facebook, mit denen sich Unter­nehmen oder öffent­liche Organi­sa­tionen kostenlos präsen­tieren und in Kontakt mit ihren Kunden treten können. Eine schöne Sache eigentlich, wenn nur nicht das Geschäfts­modell von facebook darin bestehen würde, möglichst viele Daten zu sammeln – und das mit Hilfe von Cookies nicht nur von facebook-Nutzern, sondern auch von Kunden, die mit facebook ansonsten gar nichts am Hut haben. In seinem Urteil hat der EuGH festge­stellt, dass nicht nur facebook für das Sammeln und Verar­beiten der Daten verant­wortlich ist, sondern auch die Betreiber der Fanpage eine Mitver­ant­wortung haben. Das hat die deutschen Daten­schützer natürlich gefreut, denn an facebook, dessen europäi­scher Sitz in Irland ist, kommen sie schlicht nicht ran.

Herr Valk war dagegen weniger begeistert. Schließlich war es ihm ein Anliegen, dass die Stadt­werke Oberal­theim mithalten können und bei einem jungen Kunden­stamm wahrge­nommen werden, der sich auf den sozialen Netzwerken bewegt. Facebook zu verlassen kam daher nicht in Frage. Anderer­seits profi­tierte er zwar von der statis­ti­schen Auswertung seiner Kunden­daten durch facebook, den sogenannten insights, hatte ansonsten nichts mit der Daten­ver­ar­beitung durch facebook zu tun. Er konnte insofern auch keinerlei Einfluss darauf nehmen, dass dabei alles mit rechten Dingen zugeht. Herrn Valk blieb insofern nichts übrig, als auf eine weitere Klärung der Rechtslage zu warten; ein unbefrie­di­gender Zustand für einen Vertriebs­leiter, der die Dinge ansonsten gern etwas offen­siver angeht. Inzwi­schen hat sich zwar einiges getan, ob es aber reicht, um den Stadt­werken Oberal­theim und anderen Unter­nehmen Sicherheit zu bieten?

Zunächst hatte die Daten­schutz­kon­ferenz, in der sich die Daten­schutz­be­hörden des Bundes und der Ländern abstimmen, unmit­telbar nach seinem Erscheinen auf die Konse­quenzen des Urteils aufmerksam gemacht: Die Daten­schutz­grund­ver­ordnung (DSGVO) fordert bei gemein­samer Verant­wort­lichkeit eine Verein­barung nach Artikel 26 DSGVO zwischen den Betei­ligten über die Verteilung der Pflichten. Als die Daten­schutz­kon­ferenz drei Monate später erneut zusam­mentrat, war facebook, von kosme­ti­schen Details abgesehen, aller­dings noch untätig geblieben. Daher wurden die Fanpages für illegal erklärt und die Verein­barung erneut angemahnt.

Auf die Mahnung hin legte Facebook ein paar Tage später eine Verein­barung vor, das sogenannte „Page Controller Addendum“. Mit dieser Zusatz­ver­ein­barung erkennt facebook zum einen die geltende Rechtslage an und übernimmt die Haupt­ver­ant­wortung für den Daten­schutz, dazu zählt insbe­sondere die Erfüllung von Infor­ma­ti­ons­pflichten, Betrof­fe­nen­rechten, Melde­pflichten und Daten­si­cherheit. Die Fanpage-Betreiber müssen klären, dass eine Rechts­grundlage für die Verar­beitung der Insights-Daten besteht. In dem Zusam­menhang stellt sich die Frage, ob und auf welche Weise Kunden oder Besucher der Fanpage über die Daten­ver­ar­beitung im Zusam­menhang mit ihrem Besuch infor­miert werden müssen. Weiterhin müssen die Betreiber den Verant­wort­lichen für die Daten­ver­ar­beitung der Seite benennen und sonstige geltende recht­liche Pflichten erfüllen. Schließlich müssen die Betreiber alle Nutzer­an­fragen oder Anfragen der Aufsichts­be­hörden per Formular an Facebook weiter­leiten und bei der Klärung der Anfragen kooperieren.

Herrn Valk hat die insights-Verein­barung mit Facebook zwar schon mal abgeschlossen, richtig befriedigt hat ihn die Lösung jedoch noch nicht. Sorge bereitet ihm unter anderem die Ankün­digung seiner zustän­digen Daten­schutz­be­hörde, die Daten­schutz­kon­for­mität von Fanpages in der Verwaltung und bei ausge­wählten Unter­nehmen zu prüfen. Erste Städte sollen die Konse­quenz gezogen und sich aus Facebook verab­schiedet haben. Soweit will Herr Valk nicht gehen. Er wartet lieber noch auf die Entscheidung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts (BVerwG). Der EuGH hatte nämlich noch nicht das letzte Wort gesprochen, sondern nur im Vorla­ge­ver­fahren Fragen beant­wortet, die für ein Urteil des BVerwG streit­ent­scheidend sind.

2019-01-21T15:27:02+01:0021. Januar 2019|Datenschutz, Digitales|

Die Fotos vom Stadtwerksfest

Herr V., Vertriebs­leiter des örtlichen Stadt­werks in der Klein­stadt Oberal­theim, ist zufrieden. Das Sommerfest des Stadt­werks Oberal­theim (SWO) war ein voller Erfolg. Mehrere hundert Bürger waren der Einladung gefolgt. Die Bericht­erstattung in der Lokal­presse war mehr als günstig.

Herr V. und seine Kollegin haben den ganzen Tag fotogra­fiert: Frau Bürger­meis­terin B. zwischen den neuen Solar­kol­lek­toren auf dem Dach der Grund­schule. Ein paar sehr vergnügte Freun­dinnen bei der Ökorallye am Wasserwerk. Und viele Kinder, die auf der Hüpfburg vorm Haupt­ge­bäude begeistert herum­springen. Sogar ein bisschen Prominenz in Gestalt von Schla­gerstar S. wurde gesichtet, und von Herrn V. in lustiger Pose beim Bratwurst­essen verewigt.

Gern würde Herr V. die Bilder auf der Homepage des Stadt­werks und in der Kunden­zeit­schrift publi­zieren. Aber Einwil­li­gungen nach § 22 Kunst­ur­he­ber­gesetz (KUG) hat er leider nicht.

Bei der Bürger­meis­terin hilft ihm immerhin § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Sie ist eine Person der Zeitge­schichte, und da sie nicht privat, sondern in durchaus dienst­licher Funktion auf dem Dach der Schule herum­klet­terte, muss Herr V. nicht einmal lange darüber nachdenken, ob er das Foto verwenden darf. Aber wie sieht es bei den Frauen auf der Rallye und den sprin­genden Kindern aus? Herr V. ist sich unsicher. Dabei gefielen ihm diese Bilder besonders gut.

Ganz einfach zu handhaben ist diese Frage nicht. „Beiwerk“ einer Hüpfburg im Sinne § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG sind die Kinder nicht, denn es ging Herrn V. ja nicht um die Darstellung der Hüfburg oder der Festwiese an sich. Aller­dings erlaubt § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG die Veröf­fent­li­chung von Fotos ohne Einwil­ligung bei den Teilnehmern von Versamm­lungen, Aufzügen etc. Die Regelung ist auf die Teilnehmer von Demons­tra­tionen, Sport­ver­an­stal­tungen oder Karne­vals­umzüge gemünzt. Sie legiti­miert die einwil­li­gungslose Verwendung von Bildern von öffent­lichen Veran­stal­tungen, deren Teilnehmer von einem gemein­samen Willen getragen wurden. Trifft das auf die Kinder überhaupt zu? Zumindest, wenn es sich nicht um eine große, letztlich anonyme Menschen­menge handelt, sondern nur um eine Handvoll Kinder empfiehlt sich angesichts der bestehenden Zweifel auf jeden Fall eine Einwil­ligung durch die Erziehungsberechtigten.

Und wie sieht es mit einer besonders schönen Großauf­nahme einer auffallend attrak­tiven Kundin bei der Rallye aus, die ihm als Fotografen fröhlich zuprostet? An sich ist bei einer so eindeu­tigen Blick­fang­fo­to­grafie eine Einwil­ligung unumgänglich. Aber angesichts des Umstandes, dass Frau X. – wir kennen sie bereits – nicht nur mit dem Bild selbst augen­scheinlich einver­standen war, sondern auch wusste, dass Herr V. die Bilder als Vertriebs­leiter verwenden wollte, ist von einer zumindest konklu­denten Einwil­ligung wohl auszu­gehen, auch wenn solche Einwil­li­gungen angesichts der klaren Beweislast, wenn es doch einmal Ärger gibt, nie ganz unpro­ble­ma­tisch sind.

Wie aber sieht es mit dem Schla­ger­sänger S. aus? Herr S. ist sicherlich eine Person der Zeitge­schichte. Aber auch eine solche hat Anspruch auf eine Privat­sphäre, und bei der deswegen gebotenen Güter­ab­wägung spricht viel dafür, dass er sich nur dann beim unvor­teil­haften Bratwurst­essen scherzhaft im Kunden­ma­gazin abbilden lassen muss, wenn er das will. Aber Herr V. hat Glück: Sänger S. hat Humor.

Im nächsten Jahr will Vertriebs­leiter V. gleich Einwil­li­gungen einholen. Aber wie sollen die aussehen? Geht das per Aushang? Oder soll er Tickets ausgeben? Und wie gestaltet sich die Lage überhaupt, denn ab dem 25. Mai gilt ja die DGSVO. Dazu demnächst mehr.

2018-04-27T12:53:07+02:0015. April 2018|Allgemein, Wettbewerbsrecht|