Erinnern Sie sich noch an die EuGH-Entscheidung zu facebook-Fanpages und an den Ärger, den Herr Valk von den Stadtwerken Oberaltheim damit hatte?
Um es kurz zu rekapitulieren: Am 5. Juni 2018 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer viel beachteten Entscheidung sich mit sogenannten facebook-Fanpages befasst. Es geht also um diese Seiten bei facebook, mit denen sich Unternehmen oder öffentliche Organisationen kostenlos präsentieren und in Kontakt mit ihren Kunden treten können. Eine schöne Sache eigentlich, wenn nur nicht das Geschäftsmodell von facebook darin bestehen würde, möglichst viele Daten zu sammeln – und das mit Hilfe von Cookies nicht nur von facebook-Nutzern, sondern auch von Kunden, die mit facebook ansonsten gar nichts am Hut haben. In seinem Urteil hat der EuGH festgestellt, dass nicht nur facebook für das Sammeln und Verarbeiten der Daten verantwortlich ist, sondern auch die Betreiber der Fanpage eine Mitverantwortung haben. Das hat die deutschen Datenschützer natürlich gefreut, denn an facebook, dessen europäischer Sitz in Irland ist, kommen sie schlicht nicht ran.
Herr Valk war dagegen weniger begeistert. Schließlich war es ihm ein Anliegen, dass die Stadtwerke Oberaltheim mithalten können und bei einem jungen Kundenstamm wahrgenommen werden, der sich auf den sozialen Netzwerken bewegt. Facebook zu verlassen kam daher nicht in Frage. Andererseits profitierte er zwar von der statistischen Auswertung seiner Kundendaten durch facebook, den sogenannten insights, hatte ansonsten nichts mit der Datenverarbeitung durch facebook zu tun. Er konnte insofern auch keinerlei Einfluss darauf nehmen, dass dabei alles mit rechten Dingen zugeht. Herrn Valk blieb insofern nichts übrig, als auf eine weitere Klärung der Rechtslage zu warten; ein unbefriedigender Zustand für einen Vertriebsleiter, der die Dinge ansonsten gern etwas offensiver angeht. Inzwischen hat sich zwar einiges getan, ob es aber reicht, um den Stadtwerken Oberaltheim und anderen Unternehmen Sicherheit zu bieten?
Zunächst hatte die Datenschutzkonferenz, in der sich die Datenschutzbehörden des Bundes und der Ländern abstimmen, unmittelbar nach seinem Erscheinen auf die Konsequenzen des Urteils aufmerksam gemacht: Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) fordert bei gemeinsamer Verantwortlichkeit eine Vereinbarung nach Artikel 26 DSGVO zwischen den Beteiligten über die Verteilung der Pflichten. Als die Datenschutzkonferenz drei Monate später erneut zusammentrat, war facebook, von kosmetischen Details abgesehen, allerdings noch untätig geblieben. Daher wurden die Fanpages für illegal erklärt und die Vereinbarung erneut angemahnt.
Auf die Mahnung hin legte Facebook ein paar Tage später eine Vereinbarung vor, das sogenannte „Page Controller Addendum“. Mit dieser Zusatzvereinbarung erkennt facebook zum einen die geltende Rechtslage an und übernimmt die Hauptverantwortung für den Datenschutz, dazu zählt insbesondere die Erfüllung von Informationspflichten, Betroffenenrechten, Meldepflichten und Datensicherheit. Die Fanpage-Betreiber müssen klären, dass eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der Insights-Daten besteht. In dem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob und auf welche Weise Kunden oder Besucher der Fanpage über die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit ihrem Besuch informiert werden müssen. Weiterhin müssen die Betreiber den Verantwortlichen für die Datenverarbeitung der Seite benennen und sonstige geltende rechtliche Pflichten erfüllen. Schließlich müssen die Betreiber alle Nutzeranfragen oder Anfragen der Aufsichtsbehörden per Formular an Facebook weiterleiten und bei der Klärung der Anfragen kooperieren.
Herrn Valk hat die insights-Vereinbarung mit Facebook zwar schon mal abgeschlossen, richtig befriedigt hat ihn die Lösung jedoch noch nicht. Sorge bereitet ihm unter anderem die Ankündigung seiner zuständigen Datenschutzbehörde, die Datenschutzkonformität von Fanpages in der Verwaltung und bei ausgewählten Unternehmen zu prüfen. Erste Städte sollen die Konsequenz gezogen und sich aus Facebook verabschiedet haben. Soweit will Herr Valk nicht gehen. Er wartet lieber noch auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG). Der EuGH hatte nämlich noch nicht das letzte Wort gesprochen, sondern nur im Vorlageverfahren Fragen beantwortet, die für ein Urteil des BVerwG streitentscheidend sind.
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