Überge­winne beim Biogas: Wie gewonnen, so zerronnen!

Nachdem inzwi­schen nähere Details zur Strom­preis­bremse bekannt geworden sind, ist die Biogas­branche in Sorge. Denn aus dem Bundes­wirt­schafts­mi­nis­terium wurde bekannt, dass Überge­winne aus der Solar- und Biogas­branche rückwirkend seit März diesen Jahres zur Finan­zierung der Preis­bremse heran­ge­zogen werden sollen. Nun ist ein wichtiger Vorteil der Verstromung von Biogas die relativ hohe Flexi­bi­lität, mit der auf Schwan­kungen von Bedarf und Angebot auf dem Strom­markt reagiert werden kann. Und gerade jetzt wäre es wichtig, die Kapazi­täten der Biogas­pro­duktion aufzu­stocken, um die Ausfälle beim Erdgas zu kompen­sieren. Entspre­chende Vorschläge gab es bereits; so sollte die jährliche Maximal­pro­duktion bezüglich Biogas­an­lagen ausge­setzt werden. Auch Erleich­te­rungen beim Bau- und Geneh­mi­gungs­recht waren im Gespräch.

Biogasanlagen in agrarischer Landschaft

Aller­dings hat die Flexi­bi­lität der Biogas­ver­stromung ihren Preis: Im Gegensatz zu Wind und Solar reicht nicht die Inves­tition in Anlagen, um dann quasi „umsonst“ frei verfügbare Wind- und Sonnen­en­ergie nutzen zu können. Vielmehr brauchen Biogas­an­lagen Einsatz­stoffe, sprich: z.B. Mais oder Gras, die mit der Inflation und aufgrund der gestie­genen Diesel­preise ebenfalls mehr kosten.

Daher vertritt die Bioen­er­gie­branche die Auffassung, dass die „Überge­winne“ bereits für diese erhöhten Erzeu­gungs­kosten ausge­geben oder reinves­tiert worden seien. Abgesehen davon, dass die Abschöpfung aktuell energie­po­li­tisch kontra­pro­duktiv sei, wird von den Verbänden auch geltend gemacht, dass die rückwir­kende Abschöpfung verfas­sungs­widrig sei.

Das Verbot der Rückwirkung wird aus dem Rechts­staats­prinzip in Art. 20 GG herge­leitet. Verboten ist außerhalb des Straf­rechts aller­dings nur die echte Rückwirkung. Das wäre beispiels­weise eine Steuer­än­derung, die sich für ein bereits abgeschlos­senes Steuerjahr auswirkt. Ob die Erhebung einer Überge­winn­steuer ab März daher bereits eine verbotene Rückwirkung darstellt, ist insofern nicht sicher. Ob die Maßnahme politisch opportun ist, ist eine andere Frage. (Olaf Dilling)

2022-10-28T11:21:46+02:0028. Oktober 2022|Erneuerbare Energien, Gas, Verwaltungsrecht|

Verjährung gegenüber kommu­nalen Unternehmen

Eigentlich hatten wir letztes Jahr ja gedacht, zur Frage der Verjährung von Beitrags­be­scheiden sei das aller­letzte Wort gesprochen: Nach dem VGH Mannheim mit einer Entscheidung zu einem spät gestellten Abwas­ser­be­scheid hatte sich das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) –  im anderen Fall eines Erschlie­ßungs­bei­trags – mit der Thematik befasst. In diesem Verfahren wurde auch dem Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt eine Frage vorgelegt. Alle Gerichte hatten im Sinne einer Verjährung entschieden.

Anfang diesen Jahres hatte das BVerwG dann doch wieder einen ähnlichen Fall aus Brandenburg auf dem Tisch. Wie schon vor dem VGH Mannheim ging es um einen Beitrags­be­scheid, der mehr als 20 Jahre nach dem Anschluss ans Abwas­sernetz ergangen war. Es ist also kein Einzelfall… Anders als im baden-württem­ber­gi­schen Fall waren die Kläge­rinnen kommunale Wohnungs­ge­sell­schaften in Form von GmbHs. Bei den Gesell­schaftern handelte es sich ausschließlich um Gemeinden.

Die Grund­stücke waren bereits am 3. Oktober 1990 an eine Einrichtung der zentralen Schmutz­was­ser­ent­sorgung angeschlossen. Für beide Grund­stücke setzte der Beklagte im Jahr 2014 (!) Beiträge für die Herstellung seiner Entwäs­se­rungs­anlage fest.

Aber noch mal der Reihe nach: Nach dem Kommu­nal­ab­ga­ben­gesetz für das Land Brandenburg in der zunächst geltenden Fassung hatte die Festset­zungs­frist zunächst mit dem Inkraft­treten der ersten Beitrags­satzung begonnen.

Offenbar war es in den Wirren der Nachwen­dezeit nicht so einfach, gültige Satzungen zu erstellen. Jeden­falls wurde Anfang 2004, nachdem die Frist bereits abgelaufen gewesen wäre, das Gesetz dahin­gehend geändert, dass erst eine rechts­wirksame Satzung die Frist zum Laufen bringt. Das BVerwG hat dies als Verstoß gegen das verfas­sungs­recht­liche Rückwir­kungs­verbot angesehen, denn die Gültigkeit der ersten Beitrags­satzung war zuvor nicht gesetzlich gefordert gewesen.

Zudem gelte die Festset­zungs­ver­jährung im Abgaben­recht für alle Schuldner gleicher­maßen. Das in Artikel 20 Absatz 3 Grund­gesetz veran­kerte Rückwir­kungs­verbot gelte ebenfalls allgemein. Daher können auch juris­tische Personen des Privat­rechts, die nicht grund­rechts­fähig sind, weil sie wie die Kläge­rinnen von der öffent­lichen Hand beherrscht werden, von der Verjährung profitieren.

2019-02-26T12:21:17+01:0026. Februar 2019|Allgemein, Verwaltungsrecht, Wasser|