Die Anpassung des Energie­preises – kein Automatismus!

Gerade steigen wieder die Energie­preise und Letzt­ver­braucher sehen sich mit Preis­an­pas­sungen ihres Strom- oder Gasan­bieters konfron­tiert. Was hier oft so einfach und selbst­ver­ständlich zu funktio­nieren scheint, ist rechtlich eigentlich nicht völlig unproblematisch.

Denn Kunde und Versorger sind irgendwann einmal einen Liefer­vertrag einge­gangen und haben sich dabei auf einen Liefer­preis (Anfangs­preis) geeinigt. Nach dem Grundsatz „Verträge sind zu halten“ ist der Versorger damit zunächst verpflichtet die Energie genau zum verein­barten Preis zu liefern. Es gibt kein automa­ti­sches Recht des Energie­ver­sorgers (Telekom­an­bieters, Bank, Zeitschrif­ten­zu­stellers etc.) nachträglich einfach neue Preise einseitig festzu­legen (auch wenn einige gerne mal so tun).

Eine Preis­an­passung in einem laufenden Energie­lie­fer­vertrag ist damit nur möglich, wenn hierfür ein Preis­an­pas­sungs­recht besteht. Ein solches Recht kann entweder gesetzlich festgelegt sein (so wie im Bereich der gesetz­lichen Grund­ver­sorgung) oder aber vertraglich vereinbart werden durch sogenannte Preis­an­pas­sungs­klauseln in den Vertragsbedingungen.

Hat sich ein Energie­ver­sorger in seinen Liefer­be­din­gungen ein solches Preis­an­pas­sungs­recht vorbe­halten, muss dieses auch rechtlich wirksam sein. Die Recht­spre­chung hat hierbei recht hohe Hürden aufge­stellt und regel­mäßig Preis­an­pas­sungs­klauseln für unwirksam erklärt. Dabei ist die Ausgangs­prä­misse eigentlich recht simpel – eine solche Klausel muss für den Kunden ausrei­chend trans­parent sein und darf ihn nicht unange­messen benach­tei­ligen. Der Teufel steckt hier oft im Detail, insbe­sondere da nach der Recht­spre­chung des BGH die Wirksamkeit jeder Klausel an der kunden­feind­lichsten Auslegung zu messen ist.

Weil solche Klauseln gleichwohl markt­üblich sind, hat der Gesetz­geber zahlreiche beglei­tende Vorgaben erlassen, für den Fall dass der Versorger entspre­chende Klauseln verwendet. Gem. § 41 Abs. 5 EnWG ist der Kunde daher über Preis­än­de­rungen spätestens zwei Wochen, bei Haushalts­kunden spätestens einen Monat, vor Eintritt der beabsich­tigten Änderung zu unter­richten. Das gibt dem Kunden die Gelegenheit zu prüfen, ob er den Vertrag zu den neuen Preisen fortsetzen möchte oder aber sein gesetzlich garan­tiertes Sonder­kün­di­gungs­recht ausüben möchte – hierauf muss der Versorger den Kunden im Rahmen der Preis­än­de­rungs­mit­teilung sogar extra hinweisen.

Überhaupt ist diese Mitteilung eine weitere recht­liche Hürde, denn sie muss dem Kunden recht­zeitig zugehen und ihn über Art, Anlass und Umfang der Preis­än­derung ausrei­chend infor­mieren. Hierzu ist es erfor­derlich, dass der Versorger hinrei­chend deutlich erklärt, was genau der Grund der Preis­an­passung ist, insbe­sondere welcher Preis­faktor in welchem Umfang gestiegen ist. Wir berich­teten.

All diese Vorgaben sind in der Praxis fehler­an­fällig und können im schlimmsten Fall zur Unwirk­samkeit einer Preis­an­passung führen. Der Kunde hat dabei 3 Jahre Zeit seiner Abrechnung unter Berufung auf eine unwirksame Preis­an­passung zu widersprechen.

(Christian Dümke)

 

2021-12-10T17:43:30+01:0010. Dezember 2021|Grundkurs Energie, Vertrieb|

Fernwärme: Preis­an­passung und Emissionshandel

Die rechts­si­chere Gestaltung von Preis­an­pas­sungs­klauseln in Fernwär­me­ver­trägen wurde in den letzten Jahren zunehmend komplexer. Ausgehend von einer Reihe von Entschei­dungen des Bundes­ge­richtshofs in den Jahren 2011 und 2014 (einen Einblick gibt es hier)  haben viele Fernwär­me­ver­sorger ihre Verträge umgestaltet, müssen aber in den nächsten Jahren weiter am Ball bleiben, um Anpas­sungen der Preise an gestiegene oder auch nur struk­turell verän­derte Kosten wirksam weiter­geben zu können.

Aber warum kann nicht alles bleiben, wie es ist? Ursache des Verän­de­rungs­zwanges ist § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV. Diese Regelung gibt für Preis­an­pas­sungs­klauseln in der Fernwärme das Gebot der Kosten­ori­en­tierung vor. Das bedeutet praktisch: Die Preise müssen sich nicht centgenau, aber doch recht eng an der Kosten­ent­wicklung des konkreten Unter­nehmens halten. Hieraus resul­tiert: Wer Gas verfeuert, darf keinen Heizöl­index verwenden, es sei denn, dieser wäre für seine Kosten­ent­wicklung wegen einer Vorlie­fe­ran­ten­klausel maßgeblich. Wer 50% Kohle einsetzt, darf nicht zu 100% Gas in seine Klausel stellen. Und wessen Kosten in zunehmend wesent­lichem Maße vom Emissi­ons­handel abhängen, darf diese Lasten nicht losgelöst von der tatsäch­lichen Kosten­ent­wicklung weiter­reichen. Dies bedeutet für die spezielle Kosten­po­sition Emissionshandel:

=> Wer die Kosten des Emissi­ons­handels für seine TEHG-Anlage in Form von Zerti­fi­kat­kosten in seine Klausel einstellt, muss wegen der hohen Volati­lität dieses Postens besonders darauf achten, dass die in der Formel berück­sich­tigten Kurse sich nicht komplett von den Ausgaben entfernen, die das Unter­nehmen hat. Vor allem sollten die Zeitpunkte, zu denen gekauft wird, sich nicht völlig von den vertrag­lichen Bezugs­zeit­räumen entfernen.

=> Emissi­ons­handel verur­sacht nicht nur Kosten, sondern Fernwär­me­ver­sorger erhalten auch Zutei­lungen. Diese müssen in der Formel einen nachvoll­zieh­baren Nieder­schlag finden. Problem: Ein okkulter, nur dem Verwender bekannter Abzugs­posten für erhal­tenen Zutei­lungen dürfte dem ebenfalls in § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV hinter­legten Trans­pa­renz­gebot zuwider­laufen. Hier ist eine vernünftige Verweisung nötig!

=> Nicht alle Fernwär­me­mengen sind emissi­ons­han­dels­pflichtig erzeugt worden. Die meisten Versorger haben neben emissi­ons­han­dels­pflich­tigen Anlagen weitere Anlagen, die (bisher) nicht am Emissi­ons­handel teilnehmen, weil sie nicht im Anhang 1 zum TEHg aufge­führt sind. Dies betrifft kleine Anlagen <20 MW FWL oder Anlagen, die gefähr­liche Abfälle oder Siedlungs­ab­fälle verbrennen. Hier ist sorgfältig und begründet eine Aufteilung zu treffen und alle paar Jahre zu überprüfen, denn auch eine recht­mäßige Klausel wird rechts­widrig und damit unwirksam, wenn sich die Verhält­nisse ändern!

=> Ab 2021 erfasst der geplante nationale Emissi­ons­handel auf Grundlage des BEHG (wir erläu­terten) die Brenn­stoff­mengen, die nicht in den ohnehin schon emissi­ons­han­dels­pflich­tigen Anlagen verbrannt werden. Die entste­henden Kosten von 10 – 35 EUR pro t CO2 in den ersten Jahren müssen in die indivi­duelle Klausel sinnvoll einge­stellt werden. Achtung: Es soll wohl teilweise Kompen­sa­tionen geben, mögli­cher­weise gar Zutei­lungen. Wenn das Unter­nehmen weniger ausgibt, kann es natürlich auch nur weniger weiterreichen.

Insgesamt müssen Fernwär­me­er­zeuger heute mehr Vorlauf einplanen als früher. Denn ausgehend von einer Entscheidung des OLG Frankfurt dürfen Fernwär­me­ver­sorger Fernwär­me­lie­fer­ver­träge nicht über Veröf­fent­li­chungen ändern und damit auch Preis­an­pas­sungs­klauseln an neue Umstände anpassen. Sondern brauchen die Unter­schriften der Kunden, was natur­gemäß mehr Zeit in Anspruch nimmt als die schlichte Publi­kation der Neuerungen. (Miriam Vollmer)

Sie möchten sich über Grund­lagen und Neuerungen rund um das Recht der Fernwärme infor­mieren? Wir schulen am 12.11.2019 bei uns im Büro. Infor­ma­tionen, Programm und Anmel­de­for­mular finden Sie hier.

2019-11-04T10:43:42+01:004. November 2019|Emissionshandel, Wärme|