Die rechtssichere Gestaltung von Preisanpassungsklauseln in Fernwärmeverträgen wurde in den letzten Jahren zunehmend komplexer. Ausgehend von einer Reihe von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in den Jahren 2011 und 2014 (einen Einblick gibt es hier) haben viele Fernwärmeversorger ihre Verträge umgestaltet, müssen aber in den nächsten Jahren weiter am Ball bleiben, um Anpassungen der Preise an gestiegene oder auch nur strukturell veränderte Kosten wirksam weitergeben zu können.
Aber warum kann nicht alles bleiben, wie es ist? Ursache des Veränderungszwanges ist § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV. Diese Regelung gibt für Preisanpassungsklauseln in der Fernwärme das Gebot der Kostenorientierung vor. Das bedeutet praktisch: Die Preise müssen sich nicht centgenau, aber doch recht eng an der Kostenentwicklung des konkreten Unternehmens halten. Hieraus resultiert: Wer Gas verfeuert, darf keinen Heizölindex verwenden, es sei denn, dieser wäre für seine Kostenentwicklung wegen einer Vorlieferantenklausel maßgeblich. Wer 50% Kohle einsetzt, darf nicht zu 100% Gas in seine Klausel stellen. Und wessen Kosten in zunehmend wesentlichem Maße vom Emissionshandel abhängen, darf diese Lasten nicht losgelöst von der tatsächlichen Kostenentwicklung weiterreichen. Dies bedeutet für die spezielle Kostenposition Emissionshandel:
=> Wer die Kosten des Emissionshandels für seine TEHG-Anlage in Form von Zertifikatkosten in seine Klausel einstellt, muss wegen der hohen Volatilität dieses Postens besonders darauf achten, dass die in der Formel berücksichtigten Kurse sich nicht komplett von den Ausgaben entfernen, die das Unternehmen hat. Vor allem sollten die Zeitpunkte, zu denen gekauft wird, sich nicht völlig von den vertraglichen Bezugszeiträumen entfernen.
=> Emissionshandel verursacht nicht nur Kosten, sondern Fernwärmeversorger erhalten auch Zuteilungen. Diese müssen in der Formel einen nachvollziehbaren Niederschlag finden. Problem: Ein okkulter, nur dem Verwender bekannter Abzugsposten für erhaltenen Zuteilungen dürfte dem ebenfalls in § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV hinterlegten Transparenzgebot zuwiderlaufen. Hier ist eine vernünftige Verweisung nötig!
=> Nicht alle Fernwärmemengen sind emissionshandelspflichtig erzeugt worden. Die meisten Versorger haben neben emissionshandelspflichtigen Anlagen weitere Anlagen, die (bisher) nicht am Emissionshandel teilnehmen, weil sie nicht im Anhang 1 zum TEHg aufgeführt sind. Dies betrifft kleine Anlagen <20 MW FWL oder Anlagen, die gefährliche Abfälle oder Siedlungsabfälle verbrennen. Hier ist sorgfältig und begründet eine Aufteilung zu treffen und alle paar Jahre zu überprüfen, denn auch eine rechtmäßige Klausel wird rechtswidrig und damit unwirksam, wenn sich die Verhältnisse ändern!
=> Ab 2021 erfasst der geplante nationale Emissionshandel auf Grundlage des BEHG (wir erläuterten) die Brennstoffmengen, die nicht in den ohnehin schon emissionshandelspflichtigen Anlagen verbrannt werden. Die entstehenden Kosten von 10 – 35 EUR pro t CO2 in den ersten Jahren müssen in die individuelle Klausel sinnvoll eingestellt werden. Achtung: Es soll wohl teilweise Kompensationen geben, möglicherweise gar Zuteilungen. Wenn das Unternehmen weniger ausgibt, kann es natürlich auch nur weniger weiterreichen.
Insgesamt müssen Fernwärmeerzeuger heute mehr Vorlauf einplanen als früher. Denn ausgehend von einer Entscheidung des OLG Frankfurt dürfen Fernwärmeversorger Fernwärmelieferverträge nicht über Veröffentlichungen ändern und damit auch Preisanpassungsklauseln an neue Umstände anpassen. Sondern brauchen die Unterschriften der Kunden, was naturgemäß mehr Zeit in Anspruch nimmt als die schlichte Publikation der Neuerungen. (Miriam Vollmer)
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