Stromnetz Berlin: Die unendliche Geschichte
In Berlin dauert nicht nur der Bau eines Flughafens etwas länger. Auch die Vergabe der Stromkonzession wird sich noch etwas ziehen.
Was war passiert? Kommunen vergeben bekanntlich für regelmäßig 20 Jahre das Recht, die öffentlichen Straßen und Wege für Stromleitungen zu nutzen an Stromnetzbetreiber. Hierfür erhält die Stadt Geld, die Konzessionsabgabe.
In Berlin sind die Verhältnisse kompliziert. Konzessionär ist die Vattenfall, der die Stromnetz Berlin GmbH gehört. Sie ist nicht nur Inhaber der Konzession, sondern auch des Netzes. Vattenfall würde die 2014 ausgelaufene Konzession auch gern weiter behalten. Doch dass Land Berlin favorisiert ein eigenes Unternehmen, die Berlin Energie. Allerdings dürfen Städte nicht einfach nach Gutdünken ihren Konzessionär aussuchen; sie müssen ein Vergabeverfahren durchführen.
Schon im Vergabeverfahren gab es Ärger: Vattenfall hielt die Kriterien, die das Land für die Vergabe vorgesehen hat, für diskriminierend und intransparent und wollte das Verfahren bis zur Erstellung neuer Kriterien aussetzen. Neben der günstigeren Positionierung im Verfahren hätte das Vattenfall als Altkonzessionär auch kräftig begünstigt, denn das Unternehmen profitiert vom fortlaufenden Betrieb, je länger das Verfahren dauert. Dieser Versuch scheiterte allerdings 2017 vorm Landgericht Berlin (16 O 160/17 kart) und auch das Kammergericht kam am 25.10.2018 Vattenfall nicht entgegen (2 U 18/18 EnwG). Entsprechend fiel im März eine Entscheidung: Berlin Energie machte das Rennen und erhielt den Zuschlag.
Gegen diese Entscheidung ging Vattenfall nun vor. Per Eilantrag wehrte sich das Unternehmen gegen den Vollzug der Vergabeentscheidung. Mit Entscheidung vom 07.11.2019 (16 O 259/19 Kart, bis jetzt liegt nur die PM öffentlich vor) entschieden die Richter, dass nur ein Bieter hätte berücksichtigt werden dürfen, der ein fundiertes Konzept für den Stromnetzbetrieb vorweisen konnte, und dass Berlin Energie dem nicht hinreichend nachgekommen sei, da – so der Tenor in der mündlichen Verhandlung – die Berlin Energie u. a. nicht einmal genug Mitarbeiter habe und nicht damit rechnen dürfe, dass sie alle für den Betrieb erforderlichen Mitarbeiter übernehmen könnte. Zudem hätte das Land Berlin Vattenfall keine ordentliche Akteneinsicht gewährt. Mit einem Hauptargument dagegen konnte Vattenfall nicht durchdringen: An der hinreichenden Neutralität fehlt es wohl nicht.
Nun werden sich noch die Richter des Kammergerichts mit der Frage beschäftigen, ob die Vergabeentscheidung erst einmal vollzogen werden kann, bis ihre Rechtmäßigkeit rechtskräftig feststeht. Aktuell bleibt das Netz also erst einmal in den Händen der Vattenfall (Miriam Vollmer).