Durch Parkraum­ma­nagement zur Verkehrswende

Kann es sein, dass sich Bürger­initia­tiven oder Jugend­pro­teste zunehmend darauf verlegen, statt wolkiger Utopien die Durch­setzung bestehenden Rechts einzu­fordern? Mit anderen Worten: „Pariser Klima­ab­kommen statt Pariser Kommune“? Oder täuscht der Eindruck? Nun, vermutlich gab es schon immer Diskre­panzen zwischen Recht und Rechts­wirk­lichkeit. Aber dass sich Wider­stand gegen den Status Quo mit progres­sivem Selbst­ver­ständnis vor allem dadurch ausdrückt, dass bis ins Detail auf diese Wider­sprüche hinge­wiesen wird, ist schon auffällig.

In Bremen gibt es eine Initiative mit dem raumgrei­fenden Namen „Platz da!“, die sich einem an sich eher konkreten Anliegen verschrieben hat: Dass der für den ruhenden Verkehr genutzte öffent­liche Raum, sprich die Parkplätze der Stadt, stärker bewirt­schaftet wird. In sogenannten Bewoh­ner­park­zonen. Flankierend – und dies macht einen großen Teil der Aktivi­täten der Initiative aus – geht es darum, die straßen­ver­kehrs­recht­lichen Regeln über den ruhenden Verkehr durch­zu­setzen, sprich: gegen Falsch­parker vorzu­gehen. Im Blick haben die Aktivisten vor allem das Parken auf Gehwegen, das in den meisten Wohnvierteln illegal ist, aber lange Zeit geduldet wurde und das Zuparken von Kreuzungen, bei dem die – immer noch im recht­lichen Schwe­be­zu­stand befind­liche – StVO-Reform eine Verschärfung mit sich bringen würde.

Nun sind die Mitglieder der Initiative nicht bloß lamen­tie­rende Bürger, die den Verfall der „Verkehrs-Sitten“ beklagen. Sie haben vielmehr 6.000 Unter­schriften für einen sogenannten Bürger­antrag zusam­men­be­kommen. Damit können Bremer Bürger seit der landes­ge­setz­lichen Einführung dieses Elements direkter Demokratie seit 1994  erzwingen, dass sich die Bürger­schaft mit ihrem Antrag befasst.

Nach anfäng­licher Skepsis vor allem bei der (mit-)regierenden SPD, wurde ein Kompro­miss­vor­schlag gefunden, dem schließlich nur die FDP nicht zugestimmt hat: Statt, wie von den Antrag­stellern vorge­sehen, die gesamte Stadt mit Bewoh­ner­park­zonen zu überziehen, was auch aus recht­licher Sicht Probleme mit sich gebracht hätte, wurden erst einmal zentrale Wohnbe­reiche definiert mit späterer Erwei­te­rungs­option. Dass die Mehrheit sich nicht grund­sätzlich verweigert hat, ist auch insofern nachvoll­ziehbar, als die Frage zwar – wie gesagt – konkret ist, aber einen grund­sätz­lichen aktuellen Bezug aufweist. Denn wieviel öffent­licher Raum in deutschen Städten dem Fuß- und Fahrrad­verkehr zugestanden wird, ist durchaus von allge­meiner Bedeutung für die Verkehrs­wende (Olaf Dilling).

2020-11-18T12:40:00+01:0018. November 2020|Verkehr|

Betre­tens­recht: Der Strand hinter dem Kur-Zaun

Das Meer gehört immer noch zu den belieb­testen deutschen Urlaubs­zielen. Gemeinden, die direkt an der Küste liegen, haben das Glück, dass sie sich zumindest um den Fremden­verkehr als verläss­liche Einnah­me­quelle kaum Sorgen zu machen brauchen. Umso ärger­licher sind manche Tages­be­sucher, wenn sie für ein kurzes Bad im Meer – oder oft auch nur einen unver­stellten Blick darauf – Kurtaxe oder Eintrittsgeld zahlen müssen.

So hatte vor ein paar Jahren eine Eigen­ge­sell­schaft der Gemeinde Wangerland an der Nordsee­küste fast 90% des zum Gemein­de­gebiet gehörigen Meeres­strandes einge­zäunt. Der Strand sollte wie ein kosten­pflich­tiges kommu­nales Strandbad betrieben werden. Dies wurde mit Blick auf die Ausgaben für die Säuberung des Strandes und Sandauf­spü­lungen und – in einigen Strand­be­reichen – auf die Ausstattung mit Rettungs­sta­tionen, Sanitär­ge­bäuden, Kiosken und Kinder­spiel­ge­räten gerechtfertigt.

Geklagt hatten dagegen Strand­be­sucher, die sich auf den gewohn­heits­recht­lichen Gemein­ge­brauch am Küsten­ge­wässer und am Meeres­strand beriefen. Außerdem sei grund­sätzlich der Zugang zur freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie ungenutzten Grund­flächen nach § 59 Abs. 1 BNatSchG frei. In dieser Norm wird als allge­meiner Grundsatz allen ein Betre­tens­recht einge­räumt. Außerdem hatte das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt schon früher, in der Entscheidung  „Reiten im Walde“, geurteilt, dass das Betreten der freien Natur auch vom Schutz des Grund­rechts auf allge­meine Handlungs­freiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 Grund­gesetz (GG) umfasst ist.

Die ersten beiden Instanzen hatten zunächst der Gemeinde recht gegeben. Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) gab schließlich den Klägern zumindest teilweise recht. Denn die Bereiche des Strandes, die nicht von der Badeinfra­struktur geprägt seien, wie am FKK- und am Hunde­strand, würden als ungenutzt gelten. Alleine die Einzäunung und Maßnahmen zur Aufrecht­erhaltung, wie Abfall­be­sei­tigung und Anspülung von Sand, seien insofern nicht ausrei­chend. Daher müsse dort ein freier Zugang zum Strand gewährt werden.

Der Streit war damit aber noch nicht beendet, sondern ging in die nächste Runde. Denn die Gemeinde zog mit neuen Infra­struk­tur­ein­rich­tungen am FKK- und Hunde­strand nach. Eine Prüfung der friesi­schen Kommu­nal­auf­sicht von diesem Jahr bestätigt, dass damit die Kriterien, die das BVerwG an die kosten­pflichtige Strand­nutzung anlegt, erfüllt seien. Immerhin verbleiben weitere kleinere Strand­ab­schnitte, an denen ein freier Zugang ermög­licht wird (Olaf Dilling).

2019-11-26T18:38:55+01:0026. November 2019|Naturschutz, Sport, Verwaltungsrecht|