Erste Ergeb­nisse der Ausschrei­bungen zum Kohleausstieg

Der Bundestag und der Bundesrat haben bekanntlich den Ausstieg aus der Kohle­ver­stromung bis spätestens 2038 beschlossen. Es handelt sich dabei um einen schritt­weisen Prozess. Für die Still­legung von Stein­koh­le­kraft­werken sind hierzu bis zum Jahr 2026 Ausschrei­bungen vorgesehen.

Die Bundes­netz­agentur hat nun erste Ergeb­nisse der Ausschrei­bungs­ver­fahren zum Kohle­aus­stieg veröf­fent­licht. In der ersten Gebots­runde waren 4.000 MW Leistung zur Reduktion ausge­schrieben, dabei wurden am 01. Dezember 2020 für 11 Kraft­werke Zuschläge erteilt. Die Ausschrei­bungen funktio­nieren ein wenig so, als habe man das Verfahren zur Ausschreibung von EEG Förde­rungen für die Errichtung von Neuan­lagen umgekehrt. Die Betreiber konnten Angebote auf die von Ihnen für eine Abschaltung gefor­derten Entschä­di­gungs­zah­lungen abgegeben, bei der die niedrigsten Gebote den Zuschlag erhielten. Die auf diese Weise bezuschlagte Entschä­di­gungs­summe liegt bei 370 Mio EUR und ist deutlich niedriger als hierfür ursprünglich einkalkuliert.

Lauter gute Nachrichten also? Nicht ganz: Schaut man sich die Liste der Anlagen an, dann stellt man fest, dass hierunter keine Altanlagen sondern einige recht neue und moderne Kohle­kraft­werke sind (Kraftwerk Hamburg-Moorburg Blöcke A und B, Inbetrieb­nahme 2015, Block E des Westfalen-Kraft­werks in Hamm, Inbetrieb­nahme 2014). Wer also dachte, beim Kohle­aus­stieg würden zuerst die ältesten Kraft­werke gegen eine mutmaßlich geringe Entschä­digung vom Netz gehen, sieht sich enttäuscht.

Läuft da was falsch, wenn jetzt moderne und effiziente Kraft­werke zuerst vom Netz gehen? Oder stoßen die Konzerne hier etwa unren­table Invest­ruinen ab und bekommen dafür noch eine Entschädigung?

Über die Gründe kann man trefflich speku­lieren, disku­tieren Sie doch mit uns dazu auf Twitter.

(Christian Dümke)

2020-12-04T17:02:16+01:004. Dezember 2020|Energiepolitik, Strom, Umwelt|

Energie­wende weltweit – Spanien steigt aus der Kohle aus

Deutschland ist nicht das einzige Land, welches vor dem Hinter­grund des Klima­wandels eine Energie­wende betreibt. Erst letzte Woche berich­teten wir über Südkoreas ehrgeizige Pläne. In Europa treibt derweil auch Spanien seinen Kohle­aus­stieg weiter voran. Spanien hat die viert­größte Wirtschaft in Europa und ist eines der europäi­schen Länder, dass nach Klima­pro­gnosen am stärksten vom Klima­wandel betroffen wäre, wenn die Tempe­ra­tur­grenzen des Pariser Abkommens überschritten werden.

Während im Jahr 2018 noch 20 % des verbrauchten Stroms aus Kohle erzeugt wurde, waren es 2020 nur noch 1,4 %. Die Hälfte der ehemals 15 spani­schen Kohle­kraft­werke sind inzwi­schen vom Netz. Bis 2030 will Spanien dann den Kohle­aus­stieg vollendet haben. Ein Grund dafür sind die Kosten für den CO2-Emissi­ons­handel, der Kohlestrom nun teurer macht als die regene­rative Erzeugung. Zusätzlich sind Beihilfen für Kohle­abbau nur noch begrenzt möglich. Auch für die spanische Atomkraft läuft die Zeit ab – bis 2030 soll auch der letzte der acht Kernre­ak­toren abgeschaltet werden.

Spanien will bis zum Jahr 2030 auf einen Anteil regene­ra­tiver Strom­erzeugung von 74 % erreichen – was ungefähr einer Verdop­pelung zum heutigen Stand entspricht. Im Jahr 2050 will Spanien dann 100 % erreicht haben. Zum Vergleich: Deutschland plant bis 2030 mit 65 % und bis 2050 mindestens 80 % regene­ra­tiver Stromerzeugung.
(Christian Dümke)

2020-11-02T18:15:55+01:002. November 2020|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Strom, Windkraft|

Geld für die Braun­kohle: Anhörung im Bundestag vom 7.9.2020

4,35 Mrd. EUR sind eine Menge Geld. Diese Summe soll nach dem Entwurf des Vertrags mit den Braun­koh­le­ver­stromern und Braun­koh­le­ta­ge­bau­be­treibern an diese fließen, um sie für den vorzei­tigen Verlust ihrer Kraft­werke zu entschä­digen. Dafür soll nicht geklagt werden (hierzu auch hier und hier). Wie sich aus § 14 des Vertrags­ent­wurfs ergibt, ist das Geld für die Tagebau­fol­ge­kosten bestimmt, auch wenn dies „weich“ formu­liert und damit wohl keine einklagbare Verpflichtung ist.

Doch muss überhaupt gezahlt werden? Und wieso ist – anders als im Bergrecht eigentlich vorge­sehen – nun auf einmal der Steuer­zahler dafür verant­wortlich, die Bergbau­fol­ge­kosten zu bezahlen? Wo kommt eigentlich die Summe her, um die es hier geht? Mit diesen Fragen beschäf­tigte sich am 7. September 2020 eine Ausschuss­an­hörung im Bundestag (Stellung­nahmen hier).

Insgesamt deutet sich an, dass gerade das progressive Lager mit dem Entwurf nicht zufrieden ist. Zum einen sei schon eine vertrag­liche Regelung unnötig, man könne die Braun­koh­le­ver­stromung schlicht per Gesetz beenden. Die Sorge, dass die Bundes­re­publik dann auf höhere Summen verklagt werden könnte, teilt man hier offenbar nicht. Hinter­grund dieser Annahme ist der Umstand, dass die Kosten des Emissi­ons­handels absehbar so schnell wachsen werden, dass die Braun­koh­le­ver­stromung sich sehr schnell sowieso nicht mehr lohnen würde, so dass den Unter­nehmen mögli­cher­weise gar kein Schaden entsteht, wenn sie nicht mehr produ­zieren dürfen. Zudem sind viele Anlagen, um die es geht, schon längst abgeschrieben. Betont wird zudem, dass die konkrete Bezif­ferung der Summe, die fließen soll, nicht nachvoll­ziehbar sei. Zum anderen zemen­tiere der Vertrag nun einen sehr langsamen Ausstieg bis 2038. Wenn die Bndes­re­publik nun doch schneller aussteigen wolle oder müsse – etwa wegen wachsender gemein­schafts- oder völker­recht­licher Pflichten – sei vielleicht noch mehr Geld fällig. Auf der anderen Seite wird von Befür­wortern der Vertrags­lösung betont, dass die Renatu­rierung der Tagebauten eine viel Geld erfor­dernde Aufgabe sei. Aller­dings: Eigentlich müsste bergrechtlich für exakt diese Renatu­rierung eine Menge Geld vorhanden sein.

Was ist von den Argumenten der Sachver­stän­digen nun zu halten? Natürlich steht hinter den recht­lichen Argumenten der Klima­schützer die Hoffnung, doch noch schneller aussteigen zu können als erst in 18 Jahren. Doch so leicht lassen sich die Argumente nicht als reines Zweck­denken vom Tisch wischen. Insbe­sondere die europa­recht­liche Seite, die ClientEarth betont, ist ausge­sprochen ernst zu nehmen. Wenn die Unter­nehmen mit ihren Braun­koh­le­ta­ge­bauten und ‑kraft­werken emissi­ons­han­dels­be­dingt sowieso nicht mehr rentabel gewesen wären oder zumindest nicht in diesem Maße über volle 18 Jahre, steht der Verdacht einer verbo­tenen Beihilfe im Raum. ClientEarth weist zu recht darauf hin, dass die beiden einzigen auch nur annähernd vergleich­baren Entschei­dungen der Kommission über Direkt­zah­lungen an Unter­nehmen für Kraft­werks­stil­le­gungen keine so lange und so weitrei­chende Wirkung besitzen. Insofern ist es abseits aller anderen Argumente (und dem ungeklärten Problem der Ungleich­be­handlung der Stein­kohle) alles andere als klar, ob der deutsche Weg aus der Braun­kohle rechtlich so zulässig ist (Miriam Vollmer).

 

2020-09-08T19:24:42+02:008. September 2020|Energiepolitik, Strom|