Kein Baustopp bei der Ostsee-Anbin­dungs-Leitung für LNG

Im Zuge der Gasman­gellage folgte eine beispiellose Geset­zes­in­itiative, um eine Versorgung Deutsch­lands mit LNG (liquefied natural gas – verflüs­sigtes Erdgas) zu ermög­lichen. Befeuert vom politi­schen Willen (und unter großem Einsatz seitens der Behörden, allen voran durch den NLWKN und der beratend unter­stüt­zenden Juristen – Danke für die gute Zusam­men­arbeit!) war es möglich, dass bereits im Dezember 2022 die erste FSRU (floating storage and regasi­fi­cation unit – also schwim­mende Lagerungs- und Re­ga­si­fi­zie­rungs­an­la­ge) – die Höegh Esperanza – in Wilhelms­hafen anlegen konnte. Wei­te­re Ter­mi­nals an den Stand­or­ten Lub­min, Sta­de und Bruns­büt­tel folg­ten. Die Vorhaben umfassen jeweils verschiedene recht­liche Teilschritte und Zulas­sungs­ver­fahren, die es in sich haben. Von der Planfest­stellung, der immis­si­ons­schutz­recht­lichen Geneh­migung und der wasser­recht­lichen Erlaubnis ist alles vertreten. Ohne Frage: Die Zulassung von LNG Terminals mit Peripherie und Infra­struktur ist Turnen am Hochreck des beson­deren Verwal­tungs- und Umwelt­recht. Um die Reali­sierung zu ermög­lichen – wurde unter Begründung der Gasman­gellage – das Verfah­rens­recht gestrafft. Gerade der Wegfall der Umwelt­ver­träg­lich­keits­prüfung (UVP) gefällt nicht jedem. Zu Lubmin liegt nun eine aktuelle Entscheidung des BVerwG vor, dass sich mit Eilan­trägen von zwei Umwelt­ver­ei­ni­gungen gegen die Planän­derung des Bergamtes Stralsund befasst hat, mit der das Bauzei­ten­fenster für die Errichtung und den Betrieb der Gasver­sor­gungs­leitung „Ostsee-Anbin­dungs-Leitung (OAL) Seeab­schnitt Lubmin bis KP 26“ über den 31. Dezember 2023 hinaus erweitert wurde. Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt hat diese Anträge abgelehnt (Beschlüsse vom 25.01.2034 – 7 VR 1. 24 u. 7 VR 2. 24 –).

Offen sind weiterhin die Klagen gegen den Planfest­stel­lungs­be­schluss vom 21. August 2023, mit dem die Errichtung und den Betrieb des ersten Seeab­schnitts Lubmin bis KP 26 zugelassen wurde. Die Anträge auf Wieder­her­stellung der aufschie­benden Wirkung dieser Klagen hat der Senat bereits mit Beschlüssen vom 12. und 15. September 2023 (BVerwG 7 VR 4.23 und BVerwG 7 VR 6.23) abgelehnt. Der Planän­de­rungs­be­schluss vom 8. Januar 2024 hebt die Bauzei­ten­be­schränkung auf den 31. Dezember 2023 für die Durch­führung natur­schutz­recht­licher Vermei­dungs- und Minde­rungs­maß­nahmen vom 1. Januar 2024 bis zum 29. Februar 2024 auf. Nach gegen­wär­tigem Stand ist zur Vollendung des Vorhabens noch auf einer Strecke von 6,8 km der Meeres­boden im Graben­be­reich wieder­her­zu­stellen. Um diese Planän­derung geht es nun.

Aus Sicht der Leipziger Bundes­richter erweisen sich die Klagen gegen die Planän­derung derzeit als voraus­sichtlich unbegründet. Unter Berück­sich­tigung dieser fehlenden Erfolgs­aus­sichten geht es auch im Eilrecht­schutz nicht weiter: Zu Recht – so das BVerwG gehe man weiterhin von einer Krise der Gasver­sorgung aus. Verfah­rens­mängel wegen des Verzichts auf eine Umwelt­ver­träg­lich­keits­vor­prüfung und einer fehlenden Betei­ligung der Natur­schutz­ver­ei­ni­gungen sind derzeit nicht festzu­stellen. Auch verstößt die Bauzei­ten­er­wei­terung voraus­sichtlich nicht gegen Natur­schutz­recht, weil der Planän­de­rungs­be­schluss durch entspre­chende Regelungen erheb­liche Beein­träch­ti­gungen von Biotopen, Habitaten und Arten ausschließt. (Dirk Buchsteiner)

2024-02-16T13:50:41+01:0016. Februar 2024|Energiepolitik, Gas, Immissionsschutzrecht, Umwelt|

Gasman­gellage: Neues vom Superpreisanpassungsrecht

Nur wenige Wochen nach der Novelle des Energie­si­che­rungs­ge­setzes (EnSiG) will die Ampel kurz vor der Sommer­pause weitere Änderungen. Diese betreffen vor allem, aber nicht nur (zu weiteren Neuerungen in den nächsten Tagen), die Möglichkeit, Mehrkosten für die Gasbe­schaffung aufzu­bringen, ohne Impor­teure in einer Gasman­gellage untragbar zu belasten.

Zunächst soll der neuge­schaffene § 24 EnSiG, das „Super­preis­an­pas­sungs­recht“, novel­liert werden (hierzu schon hier). Die Norm war wegen vielfacher Unklar­heiten stark kriti­siert worden. Zwar soll die Möglichkeit, dass entlang der gesamten Liefer­kette vom Importeur bis zum Versorger des Letzt­ver­brau­chers gestiegene Kosten weiter­ge­geben werden können, an sich erhalten bleiben. Aber vor Ausrufung dieses Rechts soll disku­men­tiert geprüft worden sein, ob nicht eine Umlage nach dem neu vorge­schla­genen § 26 EnSiG oder eine gezielte Stützung von Unter­nehmen die bessere Alter­native darstellen.

Eine bisher bestehende Unklarheit soll § 24 Abs. 2 EnSiG besei­tigen: Hiernach soll das Preis­an­pas­sungs­recht auf physische Liefe­rungen im deutschen Markt­gebiet anwendbar sein, und zwar unabhängig vom anwend­baren Recht. Damit will die Ampel klarstellen, dass es nicht möglich sein soll, durch vertrag­liche Rechtswahl z. B. des briti­schen Rechts das Preis­an­pas­sungs­recht zu umgehen. Auch eine abwei­chende vertrag­liche Regelung dahin­gehend, dass der Lieferant auf die Ausübung des Super­preis­an­pas­sungs­rechts verzichtet, soll nicht zulässig sein. Künftig wäre der § 4 EnSiG also abwei­chungsfest. Keine Neure­gelung, sondern nur Klarstel­lungen: Der § 24 EnSiG wird nicht automa­tisch ab Ausrufung des Gasalarm­falls scharf­ge­schaltet, sondern ausdrücklich, und die „angemessene“ Preis­an­passung ist die, die wir seit langem als „billig“ im Sinne des § 315 BGB kennen.

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Neben diesen Details soll die seit letzter Woche disku­tierte Umlage­lösung angelegt werden. Zwar nicht fix und fertig, aber immerhin als Verord­nungs­er­mäch­tigung. Der Bund kann nach diesem neuen § 26 EnSiG per Verordnung ein Umlage­system errichten, bei dem die Impor­teure für die Mehrkosten einen Ausgleich erhalten, der dann per Umlage (aka „Saldierte Preis­an­passung“) auf alle Gaskunden umgelegt wird. Ob es hier Ausnahmen gibt wie die Begren­zungs­re­ge­lungen bei der EEG-Umlage, ist unklar, auch Berechnung und Verfahren würden erst in der Verordnung geregelt. Wenn es hierzu kommt, ist das Preis­an­pas­sungs­recht nach § 24 EnSiG jeden­falls nicht bzw. nicht mehr anwendbar.

Im Ergebnis soll das EnSiG nun also zwei alter­native Möglich­keiten, erhöhte Import­preise für Erdgas wieder­zu­geben, enthalten, also einmal in der konkreten Liefer­kette, einmal über eine flächen­de­ckende Umlage.In jedem Fall ist klar: Die in einer Gasman­gellage voraus­sichtlich noch einmal drastisch erhöhten Preise werden von Letzt­ver­brau­chern getragen. Bei den Preis­stei­ge­rungen, über die für diesen Fall aktuell speku­liert wird, wäre in wohl beiden Szenarien mit Zahlungs­aus­fällen und erheb­lichen gesamt­wirt­schaft­lichen Auswir­kungen zu rechnen. Wir stehen mögli­cher­weise vor energie­wirt­schaftlich, aber auch volks­wirt­schaftlich wie gesell­schaftlich riskanten Wochen oder gar Monaten (Miriam Vollmer)

2022-07-06T22:13:21+02:006. Juli 2022|Energiepolitik, Gas, Vertrieb|