Nur wenige Wochen nach der Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) will die Ampel kurz vor der Sommerpause weitere Änderungen. Diese betreffen vor allem, aber nicht nur (zu weiteren Neuerungen in den nächsten Tagen), die Möglichkeit, Mehrkosten für die Gasbeschaffung aufzubringen, ohne Importeure in einer Gasmangellage untragbar zu belasten.
Zunächst soll der neugeschaffene § 24 EnSiG, das „Superpreisanpassungsrecht“, novelliert werden (hierzu schon hier). Die Norm war wegen vielfacher Unklarheiten stark kritisiert worden. Zwar soll die Möglichkeit, dass entlang der gesamten Lieferkette vom Importeur bis zum Versorger des Letztverbrauchers gestiegene Kosten weitergegeben werden können, an sich erhalten bleiben. Aber vor Ausrufung dieses Rechts soll diskumentiert geprüft worden sein, ob nicht eine Umlage nach dem neu vorgeschlagenen § 26 EnSiG oder eine gezielte Stützung von Unternehmen die bessere Alternative darstellen.
Eine bisher bestehende Unklarheit soll § 24 Abs. 2 EnSiG beseitigen: Hiernach soll das Preisanpassungsrecht auf physische Lieferungen im deutschen Marktgebiet anwendbar sein, und zwar unabhängig vom anwendbaren Recht. Damit will die Ampel klarstellen, dass es nicht möglich sein soll, durch vertragliche Rechtswahl z. B. des britischen Rechts das Preisanpassungsrecht zu umgehen. Auch eine abweichende vertragliche Regelung dahingehend, dass der Lieferant auf die Ausübung des Superpreisanpassungsrechts verzichtet, soll nicht zulässig sein. Künftig wäre der § 4 EnSiG also abweichungsfest. Keine Neuregelung, sondern nur Klarstellungen: Der § 24 EnSiG wird nicht automatisch ab Ausrufung des Gasalarmfalls scharfgeschaltet, sondern ausdrücklich, und die „angemessene“ Preisanpassung ist die, die wir seit langem als „billig“ im Sinne des § 315 BGB kennen.
Neben diesen Details soll die seit letzter Woche diskutierte Umlagelösung angelegt werden. Zwar nicht fix und fertig, aber immerhin als Verordnungsermächtigung. Der Bund kann nach diesem neuen § 26 EnSiG per Verordnung ein Umlagesystem errichten, bei dem die Importeure für die Mehrkosten einen Ausgleich erhalten, der dann per Umlage (aka „Saldierte Preisanpassung“) auf alle Gaskunden umgelegt wird. Ob es hier Ausnahmen gibt wie die Begrenzungsregelungen bei der EEG-Umlage, ist unklar, auch Berechnung und Verfahren würden erst in der Verordnung geregelt. Wenn es hierzu kommt, ist das Preisanpassungsrecht nach § 24 EnSiG jedenfalls nicht bzw. nicht mehr anwendbar.
Im Ergebnis soll das EnSiG nun also zwei alternative Möglichkeiten, erhöhte Importpreise für Erdgas wiederzugeben, enthalten, also einmal in der konkreten Lieferkette, einmal über eine flächendeckende Umlage.In jedem Fall ist klar: Die in einer Gasmangellage voraussichtlich noch einmal drastisch erhöhten Preise werden von Letztverbrauchern getragen. Bei den Preissteigerungen, über die für diesen Fall aktuell spekuliert wird, wäre in wohl beiden Szenarien mit Zahlungsausfällen und erheblichen gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen zu rechnen. Wir stehen möglicherweise vor energiewirtschaftlich, aber auch volkswirtschaftlich wie gesellschaftlich riskanten Wochen oder gar Monaten (Miriam Vollmer)
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