Biomass­estra­tegie: Was ist zu erwarten?

Die Bundes­re­gierung hat letzten Monat beschlossen, eine Nationale Biomass­estra­tegie (NABIS) aufzu­setzen. Damit soll die Grundlage für eine nachhaltige Nutzung der Biomasse aus Wald‑, Landwirt- und Abfall­wirt­schaft gelegt werden. Orien­tieren soll sich die Strategie, deren Erstellung vor allem vom Bundeswirtschafts‑, Bundes­land­wirt­schafts- und Bundes­um­welt­mi­nis­terium betrieben wird, an Klima‑, Umwelt- und Biodi­ver­si­täts­zielen. Eckpunkte sind insofern die nachhaltige Verfüg­barkeit von Biomasse, Erhalt natür­licher Ökosysteme und das „Food-First“-Prinzip.

Zwei Traktoren bei der Ernte von Elefantengras

Die zustän­digen Minister scheinen dennoch optimis­tisch zu sein, dass für Bioen­ergie Möglich­keiten bleiben. Aller­dings soll die stoff­liche Nutzung von Biomasse Vorrang vor der energe­ti­schen Verwertung haben, auch um die Klima­po­ten­tiale der Speicherung von Kohlen­stoff auszu­schöpfen. Auch soll („Food first“) die Ernäh­rungs­si­cherheit Vorrang vor der Energie­ver­sorgung haben, so dass sich die Energie­er­zeugung vor allem auf Reststoffe oder Verwertung von Abfällen konzen­trieren soll. Das zentrale Leitprinzip ist insofern die Kaskaden- und Mehrfach­nutzung von Biomasse. Außerdem soll die Strategie die Klima­schutz­funktion natür­licher Ökosysteme wie Wälder und Moore stärken, die bereits bei der Novel­lierung des Bundes-Klima­schutz­gesetz mehr Gewicht erhalten hat.

Die betei­ligten Minis­terien wollen die Strategie im Laufe des nächsten Jahres im Dialog mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissen­schaft und Gesell­schaft auf Basis dieser Eckpunkte entwi­ckeln und verab­schieden. (Olaf Dilling)

2022-11-02T09:09:34+01:002. November 2022|Allgemein, Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Umwelt|

Überge­winne beim Biogas: Wie gewonnen, so zerronnen!

Nachdem inzwi­schen nähere Details zur Strom­preis­bremse bekannt geworden sind, ist die Biogas­branche in Sorge. Denn aus dem Bundes­wirt­schafts­mi­nis­terium wurde bekannt, dass Überge­winne aus der Solar- und Biogas­branche rückwirkend seit März diesen Jahres zur Finan­zierung der Preis­bremse heran­ge­zogen werden sollen. Nun ist ein wichtiger Vorteil der Verstromung von Biogas die relativ hohe Flexi­bi­lität, mit der auf Schwan­kungen von Bedarf und Angebot auf dem Strom­markt reagiert werden kann. Und gerade jetzt wäre es wichtig, die Kapazi­täten der Biogas­pro­duktion aufzu­stocken, um die Ausfälle beim Erdgas zu kompen­sieren. Entspre­chende Vorschläge gab es bereits; so sollte die jährliche Maximal­pro­duktion bezüglich Biogas­an­lagen ausge­setzt werden. Auch Erleich­te­rungen beim Bau- und Geneh­mi­gungs­recht waren im Gespräch.

Biogasanlagen in agrarischer Landschaft

Aller­dings hat die Flexi­bi­lität der Biogas­ver­stromung ihren Preis: Im Gegensatz zu Wind und Solar reicht nicht die Inves­tition in Anlagen, um dann quasi „umsonst“ frei verfügbare Wind- und Sonnen­en­ergie nutzen zu können. Vielmehr brauchen Biogas­an­lagen Einsatz­stoffe, sprich: z.B. Mais oder Gras, die mit der Inflation und aufgrund der gestie­genen Diesel­preise ebenfalls mehr kosten.

Daher vertritt die Bioen­er­gie­branche die Auffassung, dass die „Überge­winne“ bereits für diese erhöhten Erzeu­gungs­kosten ausge­geben oder reinves­tiert worden seien. Abgesehen davon, dass die Abschöpfung aktuell energie­po­li­tisch kontra­pro­duktiv sei, wird von den Verbänden auch geltend gemacht, dass die rückwir­kende Abschöpfung verfas­sungs­widrig sei.

Das Verbot der Rückwirkung wird aus dem Rechts­staats­prinzip in Art. 20 GG herge­leitet. Verboten ist außerhalb des Straf­rechts aller­dings nur die echte Rückwirkung. Das wäre beispiels­weise eine Steuer­än­derung, die sich für ein bereits abgeschlos­senes Steuerjahr auswirkt. Ob die Erhebung einer Überge­winn­steuer ab März daher bereits eine verbotene Rückwirkung darstellt, ist insofern nicht sicher. Ob die Maßnahme politisch opportun ist, ist eine andere Frage. (Olaf Dilling)

2022-10-28T11:21:46+02:0028. Oktober 2022|Erneuerbare Energien, Gas, Verwaltungsrecht|

Exkursion: Grüner Wasser­stoff im Regelungs­la­by­rinth von EnWG und EEG

Grüner Wasser­stoff ist ein Rohstoff der Zukunft, davon geht jeden­falls der Gesetz­geber fest aus und hat daher in letzter Zeit viele neue Regelungen zu diesem Thema erlassen. Wir berich­teten. Das Tückische daran ist, dass der Gesetz­geber mit den Begriff­lich­keiten unter­schiedlich umgeht, was bei schneller Betrachtung häufig zu Verwirrung oder Fehlschlüssen führen kann.

Folgen Sie uns daher in das Regelungs­la­by­rinth und weichen Sie besser nicht vom Pfad ab.

 

Wasser­stoff der durch Elektrolyse gewonnen wurde, bei der unter Einsatz von elektri­scher Energie Wasser in Sauer­stoff und Wasser­stoff aufge­spalten wurde, gilt rechtlich als Biogas im Sinne des EnWG (§ 3 Nr. 10f EnWG) – sofern der zur Erzeugung einge­setzte Strom „nachweislich weit überwiegend aus erneu­er­baren Energie­quellen im Sinne der Richt­linie 2009/28/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16) stammen“. Das bedeutet, sämtliche Regelungen des EnWG, die sich auf Biogas beziehen, gelten grund­sätzlich auch für diesen „grünen“ Wasserstoff.

Daneben enthält das EnWG in seiner neuesten Fassung jetzt auch zahlreiche neue Regelungen, die sich konkret mit Wasser­stoff befassen (§ 28j – 28 q EnWG – Regulierung von Wasser­stoff­netzen), ohne dass hierfür erfor­derlich ist, dass es sich um speziell „grünen Wasser­stoff“ handeln müsste.

Wasser­stoff spielt aber nicht nur im EnWG eine Rolle, sondern ist auch Regelungs­ge­gen­stand des EEG und zugehö­riger Rechts­ver­ord­nungen. Wie bisher schon beim Zusam­men­spiel von EnWG und EEG gilt es zu beachten, dass beide Geset­zes­systeme zwar durchaus mitein­ander korre­spon­dieren, aber stellen­weise auch abwei­chende Defini­tionen und Anfor­de­rungen zu Grunde legen. So ist „Biogas“ im EEG abwei­chend vom EnWG definiert als „ jedes Gas, das durch anaerobe Vergärung von Biomasse gewonnen wird“ (§ 3 Nr. 11 EEG). Das hat zur Folge, dass „grüner Wasser­stoff“ zwar als „Biogas“ im Sinne des EnWG, aber nicht des EEG gilt.

Das EEG wiederum kennt Wasser­stoff durchaus auch, denn für strom­kos­ten­in­tensive Unter­nehmen auf dem Gebiet der Wasser­stoff­her­stellung ist die EEG-Umlage nach § 64a EEG begrenzt und der für die Herstellung von „Grünem Wasser­stoff“ einge­setzte Strom ist gem. § 69b EEG sogar vollständig von der EEG Umlage befreit. In § 69b EnWG wird dabei explizit von „Grünem Wasser­stoff“ gesprochen – ohne dass im EEG überhaupt definiert wäre, wann rechtlich „Grüner Wasser­stoff“ vorliegt. Dies soll sich aus einer zugehö­rigen Rechts­ver­ordnung ergeben, deren Erlass in § 93 EEG als Ermäch­ti­gungs­grundlage vorge­sehen ist.

In der zugehö­rigen Erneu­erbare-Energien-Verordnung (EEV) wurde daher am 19. Juli 2021 durch die „Verordnung zur Umsetzung des Erneu­erbare-Energien-Gesetzes 2021 und zur Änderung weiterer energie­recht­licher Vorschriften“ der Abschnitt 3b ergänzt, der sich in den §§ 12 h – 12 l explizit mit den Anfor­de­rungen an „Grünen Wasser­stoff“ im Sinne des EEG befasst. Welche Anfor­de­rungen erfüllt sein müssen, damit es sich um „Grünen Wasser­stoff“ im Sinne des EEG handelt, ist dabei in § 12i EEV ausführlich geregelt. Die dortigen Anfor­de­rungen gehen über die des EnWG weit hinaus.

Daraus ergibt sich derzeit folgende Syste­matik zum Wasserstoff:

  • Jede Art von Wasser­stoff unter­fällt den allge­meinen Regelungen für Wasser­stoff und Wasser­stoff­netze im EnWG.
  • Wasser­stoff der unter überwie­gendem Einsatz von erneu­er­barer Energie­quellen herge­stellt wurde, gilt zusätzlich auch als „Biogas“ im Sinne des EnWG, aber nicht als Biogas im Sinne des EEG!
  • Wasser­stoff der die beson­deren Anfor­de­rungen des § 12i EEV erfüllt, gilt als „Grüner Wasser­stoff“ im Sinne des EEG
  • Grüner Wasser­stoff“ im Sinne des EEG ist kein Biogas im Sinne des EEG, aber Biogas im Sinne des EnWG.

Haben wir Sie jetzt ausrei­chend verwirrt? Das ist nicht unsere Schuld, wenden Sie sich an den Gesetz­geber Ihres Vertrauens – bei Fragen aber auch gerne an uns.

(Christian Dümke)

2021-08-26T16:53:24+02:0026. August 2021|Erneuerbare Energien, Wasserstoff|