Haus(boot) am See

Ein Hausboot auf dem Wannsee, das wär’s doch. Wohnen mitten in der Natur und dann noch in unmit­tel­barer Nähe einer Berliner S‑Bahnstation. Diesem Traum hat das Verwal­tungs­ge­richt Berlin nun ein jähes Ende bereitet. Denn in einer Entscheidung vom März diesen Jahres hat das Gericht entschieden, dass vornehmlich als Wohnungen zum Übernachten vermietete Hausboote einer Bauge­neh­migung bedürfen.

Die Klägerin betreibt mit ihrem Mann am Wannsee ein Restaurant. An ihrem Grund­stück ist ein 100 m langer Steg, an dem mit Seilen drei contai­ner­artige Hausboote befestigt sind. Im Internet wurden diese Boote als Ferien­woh­nungen angeboten. Diese Nutzung wurde 2018 vom zustän­digen Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf verboten. Denn die Boote würden durch die feste Verbindung mit den Stahl­seilen eine Verbindung zum Festland aufweisen. Daher sei eine Baupla­nungs­recht einschlägig. Außerdem hätten die Vermieter nicht nachge­wiesen, dass die Hausboote überhaupt zum Fahren benutzt würden.

Die Kläger gingen dagegen vor dem Verwal­tungs­ge­richt vor mit der Begründung, dass sie lediglich Sport­boote vermieten würden. Was auch ohne Bauge­neh­migung zulässig sei. Das Gericht folgte dieser Auffassung der Kläger nicht. Denn zumindest würden die Boote überwiegend ortsfest benutzt. Dass die Kläger damit angeblich auch über den See fahren würden, ließen die Richter nicht gelten.

Für die Auffassung des Gerichts spricht tatsächlich, dass die Beschrän­kungen, die im Außen­be­reich nach § 35 Bauge­setzbuch (BauGB) bestehen, sonst leicht auszu­hebeln wären. Für Natur­schutzes und Landschafts­pflege wäre dies ein Problem. Anderer­seits wird auch in Zukunft vermutlich die Gerichte beschäf­tigen, wie genau zwischen solchen Hausbooten, die tatsächlich „mobil“ genutzt werden und rein statio­nären schwim­menden Ferien­häusern zu unter­scheiden ist (Olaf Dilling).

 

2021-04-22T21:17:58+02:0022. April 2021|Allgemein, Naturschutz, Umwelt, Verkehr|

Der BGH zu Nachbars Stall

Offenbar häufen sich mit Corona Nachbar­schafts­strei­tig­keiten. Wenn man sich so umhört, könnte dieser Eindruck entstehen. Und das wäre ja auch plausibel. Denn Streit entsteht vielleicht öfter aus Lange­weile als aus Verzwei­felung. Was sollte also anderes passieren, wenn zu Pande­mie­zeiten beides zusammenkommt?

Das Nachbar­recht ist, man möge mir den flauen Wortwitz verzeihen, dem öffent­lichen Recht benachbart. Nun, eigentlich ist es Sachen­recht und damit Teil des Privat­rechts, also eines der Rechts­ge­biete, die nicht das Verhältnis zwischen Bürger und Staat regeln, sondern die Verhält­nisse zwischen den Bürgern unter­ein­ander. Dennoch ist das Nachbar­recht neben dem Ordnungs­recht eine der wichtigsten histo­ri­schen Quellen des Umwelt­rechts. Schließlich gab es für viele emissi­ons­schutz­recht­liche Konflikte zwischen Nachbarn früher keine Regeln des Gesetz- oder Verord­nungs­gebers. Statt­dessen mussten die ordent­lichen Gerichte sich drum kümmern.

Einen solchen, im weitesten Sinne auch Emissionen betref­fenden nachbar­recht­lichen Fall hatte jüngst der Bundes­ge­richtshof (BGH) in Karlsruhe zu entscheiden. Die Baube­hörde hatte die Inhaberin eines Reiterhofs enttäu­schen müssen und keine Bauge­neh­migung für einen von ihr geplanten offene Pferde­stall erteilt. Wie auch das Verwal­tungs­ge­richt bestä­tigte, würde das Vorhaben im – vermutlich unbeplanten – Innen­be­reich gegen das baupla­nungs­recht­liche Rücksichts­nah­me­gebot verstoßen. So sei der offene Stall nur gut 12 Meter von den Ruheräumen der Nachbarn entfernt. Außerdem seien die Boxen mit dem Auslauf zu deren Wohnhaus ausgerichtet.

Dass die Inhaberin des Reitstalls dennoch gebaut hat, führte zu einem Abwehr­an­spruch der Nachbarn nach §§ 1004 Abs. 1 in Verbindung mit 823 Abs. 2 BGB. Das Berufungs­ge­richt hatte noch anders entschieden. Denn das Rücksicht­nah­me­gebot ist primär eine öffentlich-recht­liche Norm, also im Verhältnis zwischen Bürger und Verwaltung. Aber wie der BGH bestä­tigte, gilt sie als sogenannte Schutznorm, die auch für Dritte ganz unmit­telbar subjektive Rechte entfaltet. Hier fügt sich also der Kreis zwischen öffent­lichem und privaten Recht (Olaf Dilling).

 

2020-11-30T20:14:05+01:0030. November 2020|Sport, Umwelt, Verwaltungsrecht|

Windkraft­pri­vi­le­gierung ade?

Außerhalb von geschlos­senen Ortschaften ist das Bauen eigentlich unerwünscht. Das ergibt sich aus § 35 Bauge­setzbuch (BauGB). Dieser kennt nur eine abschlie­ßende Reihe von Vorhaben, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz bilden. Zu diesen Ausnahmen gehört gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB Vorhaben, die der Erfor­schung, Entwicklung oder der Nutzung der Wind oder Wasser­en­ergie dienen. 

Diese Privi­le­gierung von Windkraft­an­lagen möchte der branden­bur­gische Minis­ter­prä­sident Woidke nun streichen lassen. Dies hätte wegen des erwähnten Regel-/Ausnah­me­cha­rakters weitrei­chende Folgen: Windkraft­an­lagen wären danach im Außen­be­reich erst einmal grund­sätzlich verboten. Sie wären nur dann zulässig, wenn eine Gemeinde aktiv wird und einen Bebau­ungsplan beschließt, der Flächen für die Windkraft extra ausweist. Ohne ein solches Tätig­werden der Gemeinde wäre eine Windkraft­anlage künftig nicht mehr zu errichten.

Nun ist anzunehmen, dass deutlich weniger Kommunen solche Bebau­ungs­pläne erlassen würden, als es inter­es­sierte Vorha­ben­träger gibt. Denn Windkraft­an­lagen sind vor Ort oft nicht unumstritten. Viele Leute empfinden sie als Störung des Landschafts­bildes. Auch der Schat­tenwurf wird bisweilen als unangenehm empfunden. In der Konse­quenz wird wohl zu Recht befürchtet, dass der weitere Ausbau der Windenergie stocken würde. Angesichts der ehrgei­zigen Ausbau­ziele Erneu­er­barer Energien ist das keine unpro­ble­ma­tische Entwicklung. Gleich­zeitig aus der Kernenergie auszu­steigen, sich von der Kohle zu verab­schieden, aber gleich­zeitig nur noch ausge­wählte Erneu­erbare Anlagen zu errichten, führt erkennbar zu Problemen. Salopp ausge­drückt: Irgendwo muss der Strom ja herkommen. 

Entspre­chend ist der Vorstoß des branden­bur­gi­schen Minis­ter­prä­si­denten auch in der Fachöf­fent­lichkeit auf teils harsche Kritik gestoßen. Es ist auch nicht absehbar, dass der für Änderungen des BauGB zuständige Bundes­ge­setz­geber die Anregung aufgreift. Der Vorstoß des engagierten Verfechter der weiteren Nutzung der Braun­kohle Woidke zeigt aber, dass Ziele wie Strategien der Energie­wende keineswegs so konsensual sind, wie manche annehmen oder hoffen. 

2018-08-28T23:47:21+02:0028. August 2018|Energiepolitik, Erneuerbare Energien|