Beschleu­nigung des Ausbaus von Solarenergie

Die Bundes­re­gierung hat am 24. Juli 2024 den Entwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der EU Erneu­erbare-Energien-Richt­linie (EU) 2023/2413 (Renewable Energy Direc­tives, RED III) in den Bereichen Windenergie an Land und Solar­energie sowie für Energie­spei­cher­an­lagen am selben Standort beschlossen (Presse­mit­teilung hier). Nach der RED III müssen für Erneu­erbare-Energien-Vorhaben sogenannte „Beschleu­ni­gungs­ge­biete“ ausge­wiesen werden, in denen ein beson­deres, beschleu­nigtes Geneh­mi­gungs­ver­fahren gelten soll. Diese Beschleu­ni­gungs­ge­biete sind daher zentraler Baustein des Gesetz­ent­wurfs. Klar: Die Nutzung erneu­er­barer Energien ist ein zentraler Bestandteil der Energie­wende und der Bekämpfung des Klima­wandels. Hier soll es mal nicht um Windenergie gehen: Zur Energie­wende gehört auch die Nutzung von solarer Strahlungsenergie.

Dass die Energie­wende bisher vor allem eine Strom­wende ist (und noch keine Wärme­wende ist), zeigt die bisher holperige und unsichere Geneh­mi­gungs­praxis solar­ther­mi­scher Freiflä­chen­an­lagen. Der Praxis fehlt die Erfahrung im Umgang mit dieser Techno­logie, die im großen Maßstab solare Strah­lungs­en­ergie in Heizwärme umwandelt, vorwiegend für die Einspeisung in Nah- und Fernwär­me­netze. Dies wiederum schlägt sich in einer unein­heit­lichen und zeitauf­wän­digen Geneh­mi­gungs­praxis nieder. PV und Solar­thermie werden oft in einen Topf geworfen und Solar­thermie erscheint dabei eher so am Rande mitge­dacht als tatsächlich berück­sichtigt. Zu bedenken aller­dings, dass die Anfor­de­rungen an den Standort im Hinblick auf solar­ther­mische Freiflä­chen­an­lagen klar von der Photo­voltaik zu unter­scheiden. Dies gilt insbe­sondere bei der Stand­ort­suche. Während PV eigentlich überall hin kann, kommt es für die Freiflä­chen­so­lar­ther­mie­anlage auf die Nähe zu Wärme­ver­brau­chern und dem Netz an und damit verdichtet sich der Anwen­dungs­be­reich. Der Solar­thermie bringt daher beispiels­weise die Privi­le­gierung im Außen­be­reich nach § 35 Abs. 1 Nr. 8 lit. b BauGB im Grunde gar nichts. Der neue § 249b BauGB soll nun bewirken, dass es für die Errichtung auch von Solar­ther­mie­an­lagen im (bishe­rigen) Außen­be­reich nur einer Darstellung in einem Flächen­nut­zungsplan, nicht aber einer Festsetzung im Bebau­ungsplan bedarf. Spannend wird auch die Abschichtung natur­schutz­recht­licher Fragen sein. Ob diese Beschleu­ni­gungs­ge­biete dann im Ergebnis so viel bringen, bleibt abzuwarten. Man könnte es einfacher haben. So privi­le­giert § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB auch ortsge­bundene Anlagen für die Wärme­er­zeugung, wenn für diese (im Rückgriff auf die Recht­spre­chung zu PV) nur dieser Standort in Frage kommt. Dies dürfte in vielen Fällen für die Solar­thermie greifen, da in der Regel tatsächlich nur eine einzige Fläche des Gemein­de­ge­biets in Betracht kommt, weil diese nicht nur am Fernwär­menetz anliegen muss, was angesichts der regel­mäßig im Innen­be­reich belegenen Fernwär­me­ver­sor­gungs­ge­biete nur für wenige Außen­be­reichs­grund­stücke gilt. Und zusätzlich die Fläche geogra­fisch geeignet sein muss, also exponiert, unver­schattet und nicht bereits ander­weitig genutzt. Über diese Privi­le­gierung ließe sich auch eine ander­weitige Festsetzung im Flächen­nut­zungsplan (wie beispiels­weise „Flächen für die Landwirt­schaft“) überwinden und man käme auch um ein zeitauf­wen­diges B‑Plan-Verfahren herum. Vielleicht müssen wir einfach viel mutiger werden. (Dirk Buchsteiner)

2024-08-02T14:18:56+02:002. August 2024|Erneuerbare Energien, Solarthermie, Wärme|

Baurecht: Der Außen­be­reich im Innenbereich

Im öffent­lichen Baupla­nungs­recht gibt es bei der zentralen Unter­scheidung zwischen Außen­be­reich und Innen­be­reich, das heißt innerhalb der im Zusam­menhang bebauten Ortsteile, eine kleine Kompli­kation: Denn in manchen Fällen sind bei organisch entwi­ckelten Städten Ortsteile zusam­men­ge­wachsen, so dass zwischen ihnen Freiflächen geblieben sind: die sogenannten Außenbereichsinseln.

sw-Bild von einer urbanen Landschaft mit Nebel

Natürlich ist nicht jede Freifläche in der Stadt eine solche Außen­be­reichs­insel. Denn ansonsten könnten bestehende Baulücken gar nicht mehr geschlossen werden. Die Freifläche muss vielmehr so groß sein, daß sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhan­denen Bebauung aufdrängt. Sie liegt dann nicht innerhalb eines Bebau­ungs­zu­sam­men­hangs im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB und wird grund­sätzlich als bebau­ungs­recht­licher Außen­be­reich eingestuft.

Gelten die Außen­be­reichs­inseln in jeder Hinsicht als Außen­be­reich im Sinne des § 35 BauGB? Nein, denn wie das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt kürzlich in einer Entscheidung festge­stellt hat (die bisher nur als Presse­mit­teilung vorliegt), ist in einer Außen­be­reichs­insel im Innen­be­reich ein Bebau­ungsplan zur Innen­ent­wicklung möglich. Was bedeutet das konkret für die planende Gemeinde?

Der Bebau­ungsplan der Innen­ent­wicklung im Sinne des § 13a BauGB bietet die Möglichkeit, im beschleu­nigten Verfahren aufge­stellt zu werden. Insofern können  Außen­be­reichs­ge­biete, die im Innen­be­reich liegen, schneller beplant werden. Dies dient grund­sätzlich der Innen­raum­ver­dichtung und verhindert eine Zersie­delung des Umlandes von Gemeinden. Zugleich ist aber, wie erst kürzlich der Verwal­tungs­ge­richtshof in München in einem Beschluss festge­stellt hat, die Ausweitung eines im Zusam­menhang bebauten Ortsteils in eine Außen­be­reichs­insel hinein ist eine städte­baulich unerwünschte, unorga­nische Siedlungs­weise, die vermieden werden soll.

Die beiden Aspekte, die planvolle Verdichtung des Innen­raums und die Vermeidung einer unorga­ni­schen Siedlungs­weise, sind Ziele, die in der Recht­spre­chung des BVerwG  nun gleicher­maßen zur Geltung kommen. Insofern ist die Entscheidung zu begrüßen. (Olaf Dilling)

2023-05-04T17:45:08+02:004. Mai 2023|Verwaltungsrecht|

Baurecht und Schottergärten

In manchen Bundes­ländern sind die unbeliebten Schot­ter­gärten inzwi­schen ausdrücklich verboten. So hat Baden-Württemberg in seinem § 21a Landes­na­tur­schutz­gesetz Schot­ter­gärten untersagt, Hamburg, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt haben sich dem angeschlossen. Doch wie sieht es in anderen Bundes­ländern aus? Können hier die Gemeinden und die Bauord­nungs­be­hörden Hausei­gen­tümern verbieten, sich einen Schot­ter­garten anzulegen oder bestehende Gärten besei­tigen lassen? Oder gilt hier, dass alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, als erlaubt gilt und behörd­li­cherseis akzep­tiert werden muss?

Bauord­nungs­recht­liche Unzuläs­sigkeit von Schottergärten?

In diesem Zusam­menhang relevant: Der klassische Schot­ter­garten kann nach Ansicht des VG Hannover, Urteil vom 26.11.2019, 4 A 12592/17, als bauliche Anlage zu klassi­fi­zieren sein. Regel­mäßig dürfte es sich um Aufschüt­tungen handeln. Diese Einordnung wirkt nur auf den ersten Blick überra­schend, denn nach § 2 Abs. 1 S. 1 Muster­bau­ordnung (MBO) ist eine bauliche Anlage eine mit dem Erdboden verbundene, aus Baupro­dukten hergestellte Anlage, was für eine Beton­platte sicherlich zutrifft. Bauliche Anlagen einer gewissen Größe unter­liegen einer Geneh­mi­gungs­pflicht, was zumindest auf große Schot­ter­gärten zutrifft. Wenn Eigen­tümer ohne eine Geneh­migung einen Schot­ter­garten einrichten, handelt es sich also unter Umständen um einen Schwarzbau. Dieser kann per Besei­ti­gungs­an­ordnung „abgeräumt“ werden, wenn er formell wie materiell illegal ist. 

Zumindest Letzteres wird oft zutreffen: Schot­ter­gärten sind schon heute und unabhängig von einem ausdrück­lichen Verbot je nach Beschaf­fenheit bauord­nungs­rechtlich unzulässig. In praktisch allen Landes­bau­ord­nungen heißt es – wie im Berliner § 8 Abs. 1 LBO – dass Freiflächen auf bebauten Grund­stücken Wasser aufnehmen können müssen und zu bepflanzen oder zu begrünen sind. Beide trifft auf einen Schot­ter­garten, bei dem unter den Steinen (es kann auch Kies, Split o. ä. sein) die oberste Humus­schicht abgetragen und eine wasser­un­durch­lässige Versie­gelung wie eine Beton­platte oder eine Folie aufge­bracht wurde, nicht zu: Wo ein Schot­ter­garten ist, wächst meist kein Gras mehr. Hier haben die Baube­hörden also Möglich­keiten und können durchaus etwa die Bepflanzung anordnen. Dass dies auch per Bauord­nungs­ver­fügung möglich ist, hat das Thürin­gische OVG mit Entscheidung vom 26.04.2017 – 1 KO 347/14 – festgestellt.

Tulpe, Blühen, Steingarten, Kies, Eine, Einzeln, Zierde

Schot­ter­gar­ten­verbot per Bebauungsplan

Doch nicht nur per Geneh­mi­gungs­ver­sagung und Besei­ti­gungs­ver­fügung können Gemeinden etwas gegen Schot­ter­gärten unter­nehmen. Sie können auch mit den Mitteln der Bauleit­planung Verschot­te­rungen von Gärten verhindern. Dies lässt das BauGB zu. So erlauben § 9 Abs. 1 Nr. 20 und 25a BauGB den Gemeinden, Bepflanzung und Begrünung aus Klima­schutz- und Arten­schutz­gründen vorzu­schreiben. Auch die Versi­cke­rungs­funktion des unver­sie­gelten Bodens erlaubt je nach Gebiets­be­schaf­fenheit über § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB Festset­zungen zugunsten bepflanzter, unver­sie­gelter Flächen im Rahmen städte­bau­licher Konzepte für den Umgang mit Starkregen. 

Beratung und Aufklärung

Die Behörden sind also nicht hilflos, was die Verschot­terung von Gärten angeht. Doch nicht immer muss mit der Keule ordnungs­recht­licher Verfü­gungen vorge­gangen werden. Die wachsende Sensi­bi­lität für den Hochwas­ser­schutz, aber auch für die Dramatik des Insek­ten­sterbens motiviert viele Eigen­tümer auch ohne verbind­liche Anord­nungen, zu einer ökolo­gi­scheren Garten­ge­staltung zurück­zu­kehren. Auch hier gilt also: Kommu­ni­kation hilft (Miriam Vollmer).

2021-08-17T23:41:33+02:0017. August 2021|Umwelt, Verwaltungsrecht|