Wann sprechen wir von einer baulichen Anlage? Diese Frage ist keineswegs reine Erbsen­zäh­lerei. Denn für bauliche Anlagen gelten – das ergibt sich aus § 29 BauGB – ganz andere Regeln als für andere Aufent­haltsorte. Darum dreht sich eine aktuelle Entscheidung des Oberver­wal­tungs­ge­richts Berlin-Brandenburg (OVG BB):

Im vom 2. Senat entschie­denen Fall ging es um ein Hausboot. Das Hausboot liegt am Ruppiner See. Nun wurde die Bauauf­sicht auf das Hausboot aufmerksam. Diese erließ eine Besei­ti­gungs­ver­fügung. Es handele sich um eine bauliche Anlage. Bauliche Anlagen sind geneh­mi­gungs­be­dürftig. Diese bauliche Anlage könne aber nicht genehmigt werden.

Erstaunlich: Das vom Halter des Hausboots im Eilver­fahren angerufene Verwal­tungs­ge­richt (VG) Potsdam sah das wie die Bauauf­sicht. Dabei macht schon der Blick in § 2 Abs. 1 S. 1 Branden­bur­gische Bauordnung (BbgBauO) stutzig. Hier heißt es nämlich:

Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene, aus Baupro­dukten herge­stellte Anlagen; eine Verbindung mit dem Boden besteht auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder wenn die Anlage nach ihrem Verwen­dungs­zweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden.“

Mit dem Erdboden verbunden sind Schiffe ja eigentlich gerade nicht. Das VG Potsdam griff deswegen buchstäblich zu einem Strick, um Boot und BauO zusam­men­zu­binden: Die Verbindung mit dem Boden sei die Verbindung über Tau und Steg. Dass das Boot auch herum­fahren könne und der Besitzer die Bewegung seines Bootes auch nachge­wiesen hatte, sei dafür unschädlich. Schließlich kennt das Baurecht auch bauliche Anlagen, die sich nicht immer an derselben Stelle befinden.

Diese ausge­sprochen weite Inter­pre­tation der baulichen Anlage hat das OVG BB nun richti­ger­weise in Zweifel gezogen. Nun ist ein Beschluss im Eilver­fahren keine in Stein gemei­ßelte Recht­spre­chung für die nächsten Dekaden. Aber schon die ersten Hinweise des OVG BB zeigen, wohin die Reise wohl geht: Das OVG BB meint keineswegs, Hausboote könnten keine baulichen Anlagen sein. Es scheint also Fälle zu geben, wo der Strick am Steg reicht. Das OVG BB will vielmehr im Einzelfall klären, ob es sich eher um ein Hausboot handelt, in dem jemand wohnt wie in einem Wochen­endhaus. Oder ob es wie ein Sportboot genutzt wird. Entscheidend – schließlich gibt es zum Zeitpunkt, in dem genehmigt werden müsste noch keine Erfah­rungs­werte wie Proto­kolle – ist danach die Absicht des Besitzers. Nun können Hausboot­be­sitzer ja viel erzählen. Künftig schauen Gerichte, bleibt es auch in Haupt­sa­che­ver­fahren dabei, auf die Innen­ein­richtung oder lassen sich Reise­pläne vorlegen.

Praxistipp: Wer ein Hausboot besitzt, sollte auf jeden Fall dokumen­tieren, dass er es „sport­boot­ty­pisch“ bewegt. Ein Fahrtenbuch und/oder eine Dokumen­tation der Treib­stoff­kosten lohnt sich. Wer eins kauft, sollte von Anfang an darauf achten, dass es bewegt wird und nicht nur wie ein Ferienhaus am Steg liegt und dies auch dokumentieren.